März 2017 |
170309 |
ENERGIE-CHRONIK |
Das Firmengeflecht, das der Care-Energy-Gründer Martin Richard Kristek konstruiert hat, fällt nach dessen Tod (170109) wie ein Kartenhaus in sich zusammen: Nach der Insolvenz der Care Energy AG und zwei anderer Firmen (170202) haben Anfang März acht weitere Kristek-Gründungen ihre Zahlungsunfähigkeit erklärt. Im einzelnen sind das die Care-Energy Handels- und Entwicklungs GmbH & Co. KG, die Care-Energy Netzbetriebs- und Infrastruktur GmbH & Co. KG, die Care-Energy Verlag GmbH, die Family Office Kristek GmbH, Energy TV24 GmbH & Co. KG, NE Nord Energie GmbH, die neutral commodity clearing GmbH & Co. KG und die UPG United Power & Gas GmbH & Co. KG.
Das Firmengeflecht ist aber noch umfangreicher und umfaßt unter anderem sogar eine "at-Couture ökologische Maßschneiderei GmbH". Im allgemeinen handelt es sich um Handelsregister-Eintragungen mit dem vorgeschriebenen GmbH-Mindestkapital von 25.000 Euro und ansonsten wenig Substanz. Nach Angaben der Kanzlei hww hermann wienberg wilhelm, die in allen Fällen die Insolvenzverwaltung übernommen hat, sind von dem Zusammenbruch des Mini-Konzerns insgesamt rund hundert Mitarbeiter betroffen. Sie seien vor allem an den Standorten Hamburg und Bremen tätig. Ihre Löhne seien durch das Insolvenzgeld der Bundesagentur für Arbeit noch bis April 2017 gesichert.
Insolvenz hat auch der Wiener Traditionsklub First Vienna Football-Club 1894 angemeldet, bei dem Kristek als Hauptsponsor fungierte und seinen Vater präsidieren ließ. Medienberichten zufolge hat der Klub 590.000 Euro Schulden, die sich auf 1,17 Millionen Euro erhöhen würden, falls die Sanierung nicht gelingt und es zum Konkurs kommt. Kristek soll sich ausbedungen haben, daß zusätzliche Sponsoring-Einnahmen zu 70 Prozent an eine seiner Firmen abgeführt werden müssen, falls es dem Klub gelingen sollte, noch andere Unterstützer zu gewinnen. Mit der Insolvenzanmeldung und anschließender Sanierung wäre der Klub diesen Knebelvertrag los.
Laut "Bild" (4.3.) war Kristeks Witwe Viktoriya nur wenige Stunden nach dessen Tod in der Hamburger Firmenzentrale erschienen, um im Beisein ihres Anwalts den Tresor auszuräumen. Die Russin soll fast 30 Briefe, Bargeld und Firmenunterlagen mitgenommen haben. "Sie wurde dabei von Kameras gefilmt. Das Unternehmen hat Strafanzeige gestellt", zitierte das Blatt den Insolvenzverwalter Jan Wilhelm.
Mit seinem überraschenden Tod durch Herzinfarkt entging Kristek endgültig einem Strafprozeß, der eigentlich schon längst hätte stattfinden müssen: Er betraf die Pleite, die er 2008 mit der Euroenergie AG hingelegt hatte. Dieses Unternehmen betrieb angeblich an vier Standorten in Deutschland mit Pflanzenöl betriebene Kraftwerke, die es ihm ermöglichten, "eine ausgewogene Mischung aus Ökostrom und konventionellem Strom" zu günstigen Tarifen anzubieten. Die Staatsanwaltschaft Kiel warf Kristek Insolvenzverschleppung, Unterschlagungen, Bilanzdelikte und Veruntreuung von Sozialversicherungsbeiträgen vor. Den Stadtwerken Rendsburg blieb er rund 50.000 Euro für Erdgaslieferungen schuldig, mit denen er den einzigen "Prototypen" seiner angeblichen Pflanzenöl-Kraftwerke betrieben hatte. Die Anklage war im März 2013 vom Amtsgericht zugelassen worden. Der zuständige Richter ließ sie jedoch trotz Mahnungen der Staatsanwaltschaft jahrelang liegen, ohne einen Prozeßtermin anzusetzen. Er ist inzwischen an einem anderen Gericht tätig. Dienstrechtlich kann er wegen der Schlamperei nicht belangt werden.