November 2013 |
131105 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der Stromanbieter Care-Energy hat den beiden Transportnetzbetreibern TenneT und 50Hertz die Entrichtung der EEG-Umlage zu Unrecht verweigert und muß ihnen deshalb rund sieben Millionen Euro plus fünf Prozent Verzugszinsen nachzahlen. Dies entschied das Hamburger Landgericht am 28. Oktober. Die beiden Transportnetzbetreiber hatten Rückstände in Höhe von 4,85 bzw. 2,08 Millionen Euro geltend gemacht. Bereits im Juli war Care-Energy von derselben Kammer zur Nachzahlung von knapp einer halben Million Euro an den Transportnetzbetreiber Amprion verurteilt worden (130806). Wie schon damals ließ das Gericht in den nunmehr ergangenen Urteilen das bizarre Geschäftsmodell nicht gelten, mit dem Care-Energy die Nichtzahlung der EEG-Umlage zu begründen versuchte (130501). Außerdem stellte es klar, daß sich der Stromanbieter auch nicht ersatzweise auf das "Grünstromprivileg" berufen kann, das eine um zwei Cent verminderte EEG-Umlage gewährt.
Hinter der Marke "Care-Energy" verbirgt sich ein Firmengeflecht, das sein Gründer Martin Richard Kristek so zurechtgeschneidert hat, daß es die Umgehung der EEG-Umlage ermöglichen soll (130501). Da er die EEG-Umlage nicht berücksichtigte, konnte Kristek mit konkurrenzlos günstigen Preisen um Kunden werben, die ein nach Tausenden zählendes Heer von freiberuflichen Werbern auf Provisionsbasis beschaffte. Innerhalb kurzer Zeit kamen so rund 300.000 Kunden zusammen.
Allerdings funktionierte das Geschäftsmodell nur solange, bis die Bundesnetzagentur endlich aktiv wurde und Kristek einen Bußgeldbescheid über 40.000 Euro schickte, weil er seinen Stromvertrieb nicht angemeldet hatte (130615). Die fadenscheinige Fiktion, daß Care-Energy ein von der EEG-Umlage befreiter "Energiedienstleister" sei, ließ sich damit nicht mehr aufrechterhalten. Weit mehr als das Bußgeld der Bundesnetzagentur mußte Kristek seitdem die millionenschweren Nachforderungen der Transportnetzbetreiber fürchten, denen er die EEG-Umlage nur teilweise überwiesen hatte. Hinzu fiel es ihm offenbar schon schwer, die Netzentgelte zu zahlen. Jedenfalls sperrte ihm eine ganze Reihe von regionalen und kommunalen Netzbetreibern den Netzzugang, weil sie die Nichtbegleichung ihrer Rechnungen befürchteten.
Auch in den Prozessen mit TenneT und 50Hertz argumentierten Kristek bzw. seine Anwälte jetzt wieder damit, daß die "mk-power", die mit den Kunden die Verträge schließt, den Strom gar nicht an diese liefere, sondern an die "mk-grid". Dabei handelt es sich um ein anderes Unternehmen unter dem Dach der "mk-group Holding GmbH", das angeblich in den Wohnungen der Kunden die Stromleitungen zwischen Zähler und Steckdose betreibt und dabei die Umwandlung des Stroms in "Nutzenergie" bewirkt. Die eine Kristek-Gesellschaft wäre somit von der EEG-Umlage befreit, weil sie den Strom nicht an Letztverbraucher liefert, und die andere ebenfalls, weil sie die Kunden nicht mit gewöhnlichem Strom beliefert, sondern als "Energiedienstleister" bzw. "Contracting-Unternehmen" die Umwandlung des Stroms in "Nutzenergie" besorgt.
Dieses Verwirrspiel blieb insoweit nicht ganz ohne Erfolg, als das Gericht im TenneT-Urteil den Begriff "Primärenergie" übernimmt, um den an die "mk-grid" gelieferten Strom zu bezeichnen (bei Strom handelt es sich begrifflich immer um Sekundärenergie, siehe Hintergrund vom Mai 2013). Im übrigen wollte ihm aber die wundersame Umwandlung des Stroms zu Nutzenergie, die von der "mk-grid" in den Wohnungen der Kunden angeblich vollbracht wird, weiterhin nicht einleuchten. Wie schon im Amprion-Urteil findet sich in den jetzt ergangenen Urteilen die lakonische Feststellung: "Der Verbrauch von elektrischer Energie ist ein tatsächlicher, physikalischer Vorgang, der durch die Betätigung von elektrischen Geräten stattfindet und nicht durch vertragliche Bestimmungen."
Die Netz Leipzig GmbH teilte am 1. November mit, daß sie die "Care-Energy"-Kunden den zuständigen Grundversorgern übertragen hat. Das sind die Stadtwerke Leipzig und eviaM. Der Stromanbieter sei der vertraglichen Verpflichtung zur Leistung von Vorauszahlungen trotz mehrfacher Abmahnungen und Kündigungsdrohungen in vier aufeinanderfolgenden Monaten nicht nachgekommen. Die deshalb erfolgte Kündigung des Lieferantenrahmenvertrags mit dem Kristek-Unternehmen UPG (vormals mk-energy) zum 31. Oktober wurde vom Leipziger Landgericht am 29. Oktober bestätigt.