September 2014

140909

ENERGIE-CHRONIK


"Care-Energy" konnte Nachzahlung der EEG-Umlage bisher vermeiden

Das unter der Marke Care-Energy agierende Firmengeflecht muß die von den Übertragungsnetzbetreibern verlangte Nachzahlung von mehr als sieben Millionen Euro vorläufig nicht aufbringen, obwohl das Landgericht Hamburg im vorigen Jahr den entsprechenden Klagen von Amprion (130806) sowie von TenneT und 50Hertz (131105) stattgegeben hat. Das Oberlandesgericht Hamburg hat jetzt diese drei Urteile der Vorinstanz aufgehoben. Das bedeutet freilich keineswegs, daß dem Stromanbieter damit ein einwandfreies Geschäftsgebaren bescheinigt worden wäre. Die Entscheidung beruht vielmehr auf der mangelnden Transparenz des Firmengeflechts, das der Gründer Martin Richard Kristek so zurechtgeschneidert hat, daß es die Umgehung der EEG-Umlage ermöglichen soll: Letztendlich wurden die Klagen der Übertragungsnetzbetreiber nur deshalb abgewiesen, weil diese das Verwirrspiel, das Kristek mit seinen diversen Firmengründungen betreibt, nicht hinreichend durchschaut und ihre Forderungen deshalb an die falsche Adresse gerichtet haben.

Die drei Übertragungsnetzbetreiber hatten die Nachzahlung der EEG-Umlage von der mk-energy verlangt, die damals für Care-Energy den Strom besorgte und als sogenannter Bilanzkreisverantwortlicher auftrat (inzwischen hat Kristek diese Firma in UPG umbenannt und ihren Sitz von Hamburg nach Berlin verlegt). Sie argumentierten, daß die mk-energy als alleinige Nutzerin des Bilanzkreises Lieferantin im Sinne des § 37 Abs. 2 EEG sei. Außerdem habe sie auch Letztverbraucher im Sinne der Vorschrift beliefert. Care-Energy pochte dagegen auf die zwischengeschalteten Firmen mk-grid und mk-power, die der Eigentümer Kristek wie die mk-energy unter dem Dach seiner mk-group Holding angesiedelt hat. Ein Liefervertrag bestehe nur mit der ersteren. Die mk-grid verbrauche den Strom jedoch nicht. Sie fungiere vielmehr im Auftrag der mk-power als Betreiber der häuslichen Stromleitungen zwischen Zähler und Steckdose. Zugleich wandele sie den gelieferten Strom in "Nutzenergie" um. Sie sei deshalb kein Stromlieferant, sondern ein Energiedienstleister, von dem ebenfalls keine EEG-Umlage verlangt werden könne.

Firmengeflecht bezweckt Umgehung der EEG-Umlage mittels eines "Scheingeschäfts"

Dieser absurd anmutenden Fiktion vermochte auch das Oberlandesgericht nichts abzugewinnen. Wie es in der Urteilsbegründung feststellt, ist die ganze Konstruktion "ersichtlich darauf ausgelegt, die mk-grid allein deshalb zur Erfüllungsgehilfin der mk-power zu machen, um den Schein zu erwecken, daß die mk-power nicht Stromlieferantin für die Kunden als Letztverbraucher ist". Tatsächlich führe die mk-grid keine Tätigkeiten aus, die zu einer Umwandlung des Stroms in Nutzenergie führen würden. Die entsprechende Vereinbarung mit der mk-power sei "offenbar ein Nullum" und deshalb ein "Scheingeschäft". Insgesamt dränge sich der Eindruck auf, daß das Firmengeflecht aus mk-energy, mk-grid und mk-power lediglich bezwecke, "ein sogenanntes Schein-Contracting als echtes, steuerbegünstigtes Energie-Contracting darzustellen und zugleich zu erreichen versuchen, daß möglichst keines der drei Unternehmen die EEG-Umlage zu zahlen hat".

Die mk-power verfügt angeblich über etwa 400.000 Kunden. Davon würden 150.000 keinen Strom beziehen, sondern nur Energiedienstleistungen in Anspruch nehmen, gab Kristek an. Das Gericht wertete dies als weiteren Beleg dafür, "daß die Leistungen der mk-power es nicht bedingen, daß dieser seitens der Kunden stets das Verbrauchsnetz sowie die Verbrauchsgeräte zur Nutzung und Steuerung zwecks Erzeugung von Nutzenergie überlassen werden und daß insoweit die Übernahme der Pflicht zur Lieferung von Nutzenergie durch die mk-power nur zum Schein stattfindet".

Übertragungsnetzbetreiber wollen sich die EEG-Umlage jetzt von der mk-power holen

Folgt man dem Urteil weiter, so haben sich die Übertragungsnetzbetreiber jedoch mit der mk-energy den falschen Adressaten für ihre EEG-Nachforderungen ausgesucht. Die Verträge mit den Kunden schließt nämlich die mk-power. Da der zwischengeschaltete "Energiedienstleister" mk-grid lediglich ein Scheingeschäft betreibt, wäre somit sie jenes Unternehmen, das die EEG-Umlage schuldet. Daß die Verträge der mk-power mit den Kunden diverse Passagen enthalten, welche die Fiktion einer Energiedienstleistung über die mk-grid plausibler machen sollen, halten die Richter für unerheblich. "Es besteht ein Stromliefervertrag zwischen der mk-power und den Kunden", heißt es in allen drei Urteilen, die vom 12. August datiert sind und sich im Wortlaut nur geringfügig unterscheiden.

Weil die EEG-Umlage vom falschen Adressaten verlangt worden sei, erklärte das Oberlandesgericht nicht nur die von der Vorinstanz zugestandenen EEG-Nachzahlungen für nichtig, sondern auch eine Zahlung in Höhe von 387.955 Euro an Amprion, die mk-energy für die Monate Januar bis August 2012 tatsächlich geleistet hatte. Nach Darstellung von Care-Energy war diese EEG-Zahlung versehentlich erfolgt.

Das Landgericht Hamburg hatte die drei Urteile, mit denen es den Übertragungsnetzbetreibern die Nachzahlung von rund sieben Millionen Euro plus Verzugszinsen zubilligte, gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages für vorläufig vollstreckbar erklärt. In einer Verlautbarung vom 5. Februar gab Care-Energy an, die daraus resultierenden Summen gezahlt zu haben, und zwar 470.377,07 Euro an Amprion, 2.190.876,11 Euro an 50Hertz und 4.977.965,54 Euro an TenneT. Das ergäbe in der Summe 7.639.218,72 Euro, die nun nebst Zinsen zurückzuzahlen sind. Freilich dürfte Care-Energy diese Summe bald wieder dringend nötig haben, weil die Übertragungsnetzbetreiber nun möglichst schnell einen vollstreckbaren Zahlungstitel gegen die mk-power erhalten wollen. Auf die Anrufung des Bundesgerichtshofs als Revisionsinstanz, die nach dem OLG-Urteil ebenfalls möglich wäre, wollen sie dagegen verzichten.

Das Eigenkapital der mk-power beträgt lediglich 8.830 Euro

Die vom Bundesamt für Justiz angemahnten Jahresabschlüsse (130501) hat Kristek inzwischen im "Bundesanzeiger" veröffentlicht. Allerdings geschah dies nur bis 2011 und in äußerst karger Form. Demnach verfügt die "mk-power Ihr Energiedienstleister GmbH & Co. KG" über ein Eigenkapital von gerade mal 8.830 Euro. Ihre Bilanzsumme belief sich zum Jahresende 2011 auf 2.718.902 Euro, wobei pauschalen "Verbindlichkeiten" in Höhe von 2.680.825 Euro nicht näher präzisierte "Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände" in Höhe von 2.683.932 Euro gegenüberstanden.

Zahlreiche Prozesse mit Verteilnetzbetreibern

Im Unterschied zu den drei Übertragungsnetzbetreibern wandte sich die Verteilnetz-Tochter der Stadtwerke Leipzig an die richtige Adresse, als sie der Kristek-Firma mk-energy den Lieferantenrahmenvertrag zum 30. September 2013 kündigte, weil diese trotz mehrfacher Abmahnungen der vertraglichen Verpflichtung zur Leistung von Vorauszahlungen nicht nachgekommen war (131105). Damit seien "rund 5.300 Kunden des Energieunternehmens mk-energy" in die Grundversorgung durch die Stadtwerke Leipzig und den RWE-Regionalversorger EnviaM gefallen, teilte damals die Netz Leipzig GmbH mit. Nach der Rechtsauffassung des OLG Hamburg wäre dies freilich eine falsche Formulierung gewesen, weil nicht die mk-energy, sondern die mk-power die Lieferverträge mit den Kunden geschlossen hatte. Der Vorgang zeigt immerhin, wie das Firmengeflecht aus der Sicht der Netzbetreiber nur als "mk-energy" wahrgenommen wurde, da es unter dieser Handelsregister-Eintragung als Stromeinkäufer und Bilanzkreisverantwortlicher auftrat. Verwechslungen waren auch deshalb programmiert und nur allzu verständlich, weil hinter allen "mk"-Firmen derselbe Eigentümer und Namensgeber Martin Kristek stand.

Care-Energy prozessierte damals noch mit zahlreichen anderen kommunalen Verteilnetzbetreibern und will dabei "mehr als 20 einstweilige Verfügungen" gegen die Verweigerung des Netzzugangs erwirkt haben. Auch gegen die Netz Leipzig kam zunächst eine einstweilige Verfügung zustande, die allerdings in der anschließenden Verhandlung vor dem Landgericht Leipzig wieder aufgehoben wurde. Kristek verlangte daraufhin den Abschluß eines Lieferantenrahmenvertrags mit der "UPG United Power & Gas GmbH & Co. KG", wie der neue Name der mk-energy seit Oktober 2013 lautet. Damit hatte er aber weder vorm Landgericht noch vorm Oberlandesgericht Leipzig Erfolg. Wie die Netze Leipzig GmbH am 18. Juli dieses Jahres mitteilten, wies das Oberlandesgericht in der Verhandlung darauf hin, daß die außerordentliche Kündigung des Lieferantenrahmenvertrags aufgrund einer wiederholten und schwerwiegenden Verletzung der Zahlungspflichten berechtigt war. Es könne dem Netzbetreiber deshalb auch nicht zugemutet werden, nun mit der UPG einen neuen Vertrag zu schließen. Die UPG habe daraufhin ihre Berufung gegen das Urteil des Landgerichts zurückgezogen.

Bußgeld der Bundesnetzagentur wird jetzt vorm OLG Düsseldorf verhandelt

Die Bundesnetzagentur hatte Care-Energy am 3. Juni 2013 mit einem Bußgeld in Höhe von 40.000 Euro belegt (130615). Sie warf dem Stromanbieter vor, die in § 5 des Energiewirtschaftsgesetzes vorgeschriebene Anzeige der Belieferung von Haushaltskunden mit Energie unterlassen zu haben. In der von der Bundesnetzagentur geführten Liste der Elektrizitätsversorgungsunternehmen sucht man allerdings noch immer vergebens nach einer der Kristek-Firmen. Auf Anfrage teilte die Bundesnetzagentur dazu mit, daß Care-Energy gegen den Bußgeldbescheid Rechtsmittel eingelegt habe. Das Verfahren liege mittlerweile beim Oberlandesgericht Düsseldorf. Die Verhandlung dort sei für Ende Oktober anberaumt. Da der Bußgeldbescheid an Martin Richard Kristek als Geschäftsführer der mk-power gerichtet war, dürfte es in diesem Fall keine formaljuristischen Adressen-Probleme geben.

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