Januar 2020 |
200102 |
ENERGIE-CHRONIK |
Das Bundeskabinett verabschiedete am 29. Januar den Entwurf des Kohleausstiegsgesetzes, der seit 26. November in einer ersten Fassung vorgelegen hatte. In der Neufassung enthält er vor allem den "Stilllegungspfad" für die Braunkohleverstromung, auf den sich die Bundesregierung mit den Ministerpräsidenten der Kohlerevier-Länder Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg am 15. Januar geeinigt hat (siehe 200101). Entsprechend den Empfehlungen der Kohle-Kommission (190101) soll bis spätestens 2038 die gesamte Stromerzeugung aus Kohle beendet werden. In einem ersten Schritt wird bis Ende 2022 die Erzeugung der Steinkohle- und Braunkohlekraftwerke auf jeweils rund 15 Gigawatt reduziert. Bis Ende 2029 ist eine weitere Absenkung auf rund acht Gigawatt bei Steinkohle und neun Gigawatt bei Braunkohle vorgesehen. Dabei sollen in den Jahren, in denen weniger Braunkohle-Kraftwerke vom Netz gehen, mehr Steinkohle-Kraftwerke stillgelegt werden, um eine kontinuierliche Verringerung zu gewährleisten.
Die Stilllegung der Braunkohle- und Steinkohlekraftwerke erfolgt auf unterschiedlicher rechtlicher Grundlage. Die Braunkohlekraftwerke werden über vertragliche Vereinbarungen stillgelegt. Der Gesetzentwurf ermächtigt in § 42 die Bundesregierung, mit den Betreibern einen entsprechenden öffentlich-rechtlichen Vertrag ohne Zustimmung des Bundestages abzuschließen. Falls diese Verhandlungen scheitern sollten oder bis zum 30. Juni 2020 keine Einigung erzielt wird, wird sie durch § 43 ersatzweise ermächtigt, die Reduzierung und Beendigung der Braunkohleverstromung per Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundestages zu regeln.
Dagegen erfolgt die Stilllegung der Steinkohlekraftwerke zunächst über sechs Ausschreibungen, die von der Bundesnetzagentur für die Jahre 2020 bis 2025 durchgeführt werden. Durch Teilnahme an diesen Ausschreibungen können sich die Betreiber eine Entschädigung sichern, die umso höher ausfällt, je früher sie sich zur Stilllegung ihrer Anlagen entschließen. Nach § 19 beträgt der zulässige Höchstpreis der Gebote anfänglich 165.000 Euro pro Megawatt elektrischer Nettoleistung, die stillgelegt wird. In den Folgejahren sinkt er dann stufenweise bis auf 49.000 Euro. Falls der festgelegte Ausstiegspfad bis 2024 nicht erreicht wird, können Kraftwerke flankierend auch per Gesetz stillgelegt werden. Ebenso wird ab 2027 mit jenen Steinkohlekraftwerken verfahren, die nach Beendigung der Ausschreibungen noch übrig geblieben sind. Für die Betreiber gibt es dann aber keine finanzielle Entschädigung.
Der § 48 verbietet die Errichtung und Inbetriebnahme neuer Steinkohle- und Braunkohlekraftwerke, soweit diese nicht bis zum 29. Januar 2020 eine Genehmigung nach dem Bundes- Immissionsschutzgesetz erhalten haben. Damit kann Uniper das neue Steinkohlekraftwerk Datteln 4 in Betrieb nehmen, das seit mehr als zehn Jahren umstritten ist (190309) und für das die Kohle-Kommission KWSB eine "Verhandlungslösung" empfohlen hatte (190101).
Das Kohleausstiegsgesetz ist Artikel 1 eines Gesetzentwurfs, der in neun weiteren Artikeln noch andere damit zusammenhängende rechtliche Fragen regelt. So enthält Artikel 2 eine Änderung des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes, mit der die Bundesregierung verpflichtet wird, soviele CO2-Zertifikate zu löschen, wie der Minderung der CO2-Emissionen durch die stillgelegten Kohlekraftwerke entspricht. Weitere Artikel ändern das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, das Energiewirtschaftsgesetz oder das Sozialgesetzbuch.
zum Kohle-Ausstiegsgesetz
zum Kohle-Ausstieg allgemein