September 2018 |
180905 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die im Juni eingesetzte Kommission "Wachstum, Strukturwandel, Beschäftigung" (180612), die bis Ende des Jahres einen Plan zum Ausstieg aus der Kohleverstromung erarbeiten soll, kam am 18. September zu ihrer fünften Sitzung zusammen. Anschließend bekräftigten die vier Vorsitzenden Matthias Platzeck, Ronald Pofalla, Barbara Praetorius und Stanislaw Tillich in einer gemeinsamen Pressemitteilung, dass es zwischen ihnen "keinerlei Vorfestlegungen hinsichtlich der Ergebnisse" gäbe und sie "vertrauensvoll zusammarbeiten" würden.
Zuvor hatte das Magazin "Der Spiegel" (Ausgabe 38/2018) berichtet, dass der Ko-Vorsitzende Pofalla in vertraulichen Gesprächen einen Kompromiss angebahnt habe, der das Ende der Braunkohle-Verstromung in den Jahren 2035 bis 2038 vorsehe. In einem ersten Schritt sei geplant, Kraftwerke mit einer Leistung von insgesamt fünf bis sieben Gigawatt bis zum Jahre 2020 vom Netz zu nehmen und gegebenenfalls als Reserve zu behalten. Spätestens bis 2027 solle dann geprüft werden, ob der Ausstiegspfad eingehalten werden kann.
Zehn Mitglieder der Kommission zeigten sich wegen dieses Berichts "in höchstem Maße irritiert", zumal Pofalla noch immer als enger Vertrauter der Bundeskanzlerin gilt. In einem Brief forderten sie den ehemaligen CDU-Spitzenpolitiker und heutigen Bahnvorstand auf, in der nächsten Sitzung der Kommission zu erläutern, welche Gespräche er mit der Bundesregierung geführt habe "und wie angesichts der Veröffentlichungen eine vertrauensvolle Konsensfindung aus Ihrer Sicht noch möglich ist“. Die genannten Zahlen entsprächen nicht den Beratungen. Zu den Unterzeichnern gehörten BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter, BDI-Präsident Dieter Kempf, DIHK-Präsident Eric Schweitzer und der Vorsitzende der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, Michael Vassiliadis.
Auch bei anderen Mitgliedern der Kommission stieß der Bericht auf Kritik. So dementierte Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser, dass bereits ein Konsens erreicht worden sei. Aus der Sicht seiner Organisation sei der genannte Zeitraum auch zu weit bemessen. Es müsse möglich sein, den Kohleausstieg bereits bis 2030 zu vollziehen.
Für zusätzlichen Zündstoff sorgte die Auseinandersetzung im Hambacher Forst, wo die Polizei gegen Braunkohlegegner vorging (180901). Vertreter von Umweltverbänden hatten gedroht, die Kommission zu verlassen, falls RWE mit der Rodung von Bäumen beginnt. Laut "Spiegel" konnte Pofalla alle Umweltverbände bis auf den BUND dazu überreden, auch nach einer Rodung in der Kommission zu bleiben. Sie hätten zugesagt, das Ausscheiden des BUND-Vertreters und seinen Ersatz durch den Abgesandten eines anderen Verbandes zu akzeptieren.
"Das Gegenteil ist richtig", erklärte dazu der Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser gegenüber der "taz" (16.9.). Die Umweltverbände seien sich darüber einig, dass sie einheitlich entscheiden, ob sie die Kommission verlassen oder nicht. Die Entscheidung falle, wenn die Rodung des Hambacher Forsts bevorstehen sollte.
In der Sitzung der Kommission am 18. September trug Pofalla die erwähnte gemeinsame Erklärung der vier Ko-Vorsitzenden zwar mit, war aber nicht persönlich anwesend, um sich von den anderen Kommissionsmitgliedern befragen zu lassen. Ersatzweise stellte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier klar, dass es keine Festlegungen innerhalb der Bundesregierung gebe, die den Ergebnissen der Kommission vorgreifen würden.