Mai 2018

180510

ENERGIE-CHRONIK


FDP beargwöhnt "Agora Energiewende"

In einer vom 7. Mai datierten Kleinen Anfrage verlangt die FDP-Fraktion verschiedene Auskünfte zur "Zusammenarbeit von Bundesregierung und externen Interessenträgern". Der erste Teil der Anfrage bezieht sich auf die Initiative "Agora Energiewende" mit ihrem Umfeld, ihren Geldquellen und eventuellen personellen Verbindungen zur Bundesregierung. Im zweiten Teil geht es um die zunehmende Inanspruchnahme von Unternehmensberatungen durch Bundesministerien und dadurch entstehende Kosten. Die Beantwortung der Anfragen steht noch aus. Die Initiative "Agora Energiewende" hat jedoch am 18. Mai vorab eine Selbstauskunft veröffentlicht, in der sie klarstellt, dass sie und ihr Umfeld "in keinerlei Auftragsverhältnis zur Bundesregierung stehen".

Drei Geschäftsbereiche unter dem Dach einer gemeinnützigen GmbH

Organisatorisch sind demnach Agora Energiewende (seit 2012), Agora Verkehrswende (seit 2016) und Clean Energy Wire (seit 2013) unter dem Dach der Smart Energy for Europe Platform (SEFEP) angesiedelt. Die SEFEP ist beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg seit 2010 als gemeinnützige GmbH ins Handelsregister eingetragen. Alleinige Gesellschafter sind die Stiftung Mercator und die European Climate Foundation. Die drei Initiativen bilden jeweils eigenständige Geschäftsbereiche, die sich den Firmensitz in Berlin sowie einige Verwaltungsfunktionen teilen. Die Geschäftsführer sind jeweils nur für ihren Bereich verantwortlich und untereinander nicht weisungsbefugt.

Die drei Initiativen wurden von den genannten Stiftungen ins Leben gerufen, um auf Basis wissenschaftlich fundierter Expertise Empfehlungen für die Klima-, Energie- und Verkehrspolitik in Deutschland zu erarbeiten und darüber zu informieren. Agora Energiewende und Agora Verkehrswende wollen vor allem wissenschaftlich fundierte Wege zur Erreichung der klimapolitischen Ziele Deutschlands aufzeigen und im gesellschaftlichen Diskurs mit den Akteuren vermitteln. Die Clean Energy Wire (CLEW) widmet sich unter www.cleanenergy.org der journalistischen Qualitätsberichterstattung für ein internationales Publikum in englischer Sprache. Die angegliederten klimafakten.de verbreiten klimawissenschaftliche Informationen in deutscher Sprache.

Nebeneinnahmen nur von untergeordneter Bedeutung

Die Finanzierung aller drei Geschäftsbereiche stammt zu mehr als 90 Prozent von den beiden Stiftungen, die ihrerseits keine Mittel von der Bundesregierung erhalten. Lediglich Agora Energiewende bezog seit 2016 neben den Zuwendungen der beiden Stiftungen projektbezogene Honorare seitens der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (GIZ) sowie des österreichischen Ministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus. Diese Einkünfte machten in den vergangenen sieben Jahren aber nur knapp vier Prozent des Gesamtetats aus (siehe Tabelle).

Agora-Direktor war Referatsleiter im Bundesumweltministerium

Die FDP will in ihrer Anfrage außerdem wissen, ob ehemalige bzw. beurlaubte Beamte der Bundesregierung inzwischen für Agora Energiewende tätig seien oder ob es sogar einen regelrechten "Mitarbeiteraustausch" gäbe. Sie spielt damit auf Patrick Graichen an, der Referatsleiter im Bundesumweltministerium war, bevor er für seine neue Tätigkeit als Direktor von Agora Energiewende ab Juni 2012 beurlaubt wurde. Die Stellungnahme bestätigt diesen Sachverhalt, der bereits bekannt war. Darüber hinaus gebe es keinerlei personelle Verflechtungen zwischen der Bundesregierung und den Geschäftsbereichen der Smart Energy for Europe Platform (SEFEP) gGmbH. Die Beteiligung von Mitarbeitern an energiefachlichen Foren und Podien der Regierung erfolge ehrenamtlich. Nicht als personelle Verflechtung zu deuten sei auch die Mitwirkung von beamteten Staatssekretären in den beiden Agora-Räten für Energiewende und Verkehr, die jährlich drei- bis viermal tagen, um einen Informationsaustausch zwischen Vertretern von Parteien, Verbänden, Ministerien und Behörden zu ermöglichen (siehe 140915).

"Denkfabrik" paßt nicht zu energiepolitischen Vorstellungen der FDP

Die FDP war bis 2011 die verläßlichste politische Hilfstruppe der Atomkonzerne, folgte dann aber der atompolitischen Wende ihres Koalitionspartners CDU/CSU bedingungslos (siehe Geschichte der FDP). Inzwischen besteht sie zwar nicht mehr auf Kernkraftwerken, will aber die EEG-Förderung beenden und fordert "eine Energiepolitik, die sich wieder an dem physikalisch Möglichen orientiert, statt ideologischem Wunschdenken zu folgen". Langfristige Ausbauziele für erneuerbare Energieträger lehnt sie ab. Stattdessen müsse "das Auswahlverfahren des Marktes die Leitplanken der Investitionen in Netz und Kraftwerkskapazitäten setzen". Bei dieser energiepolitischen Orientierung nimmt es nicht wunder, dass die Partei gegenläufige Bemühungen als Störfaktor empfindet. In ihrer Anfrage unterstreicht sie die Bedeutung von Agora Energiewende "als eine der führenden Denkfabriken und Lobbyorganisationen im Bereich erneuerbare Energien". Mit umfangreichen wissenschaftlichen Publikationen und öffentlichen Veranstaltungen sei es der Organisation gelungen, "einen beträchtlichen Einfluss auf die politische und gesellschaftliche Debatte zur Energiewende in unserem Land zu entwickeln".

 


Geldquellen der Smart Energy for Europe Platform (SEFEP) gGmbH

Zeitraum: 1. 4. 2012 – 31. 3. 2018


Geschäftsbereich Agora Energiewende (gegründet 2012)
Stiftung Mercator
12.354.947
European Climate Foundation
4.514.810
Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH (diverse Aufträge)
658.762
Österr. Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (1 Auftrag)
79.928
Gesamt
17.608.447
Geschäftsbereich Agora Verkehrswende (gegründet 2016)
Stiftung Mercator
1.880.000
European Climate Foundation
758.000
Gesamt
2.638.000
Geschäftsbereich Clean Energy Wire (CLEW)/klimafakten.de (gegründet 2013)
Stiftung Mercator
2.768.000
European Climate Foundation
691.000
Gesamt
3.459.000

 

Links (intern)

zur Initiative Agora Energiewende

Studien von, im Auftrag oder unter Beteiligung von Agora Energiewende