August 2017 |
170806 |
ENERGIE-CHRONIK |
Das Klimaschutzziel der Bundesregierung für das Jahr 2020 rückt in immer weitere Ferne. Im ersten Halbjahr 2017 sind die energiebedingten CO2-Emissionen gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum um knapp 5 Millionen Tonnen auf 428 Millionen Tonnen gestiegen (plus 1,2 Prozent). Das haben die beiden Initiativen Agora Energiewende und Agora Verkehrswende auf der Grundlage der Halbjahresstatistik der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB) zur Entwicklung des Energieverbrauchs in Deutschland ermittelt. Auch für das Gesamtjahr 2017 erwarten sie einen Emissionsanstieg.
Im Koalitionsvertrag vom November 2013 hatten Union und SPD vereinbart, die Treibhausgasemissionen, die für das Jahr 1990 mit 1250 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent veranschlagt wurden, bis 2020 um 40 Prozent zu mindern. Das entspräche einer Minderung um 500 Millionen Tonnen. Der größte Fortschritt wurde indessen bereits 2009 mit einem Rückgang auf 910 Millionen Tonnen erreicht. Seitdem hat sich der jährliche Abstand zu diesem Ziel wieder vergrößert und liegt bei etwa 150 Millionen Tonnen (siehe Grafik). In ihrem Klimaschutzbericht, den sie Ende 2016 vorlegte, ging die Bundesregierung selber davon aus, lediglich eine Verringerung um 33,1 Prozent zu erreichen (161206). Tatsächlich lag 2016 die Emissionsminderung erst bei minus 27,6 Prozent, und das mit eher sinkender als steigender Tendenz.
Wie aus der am 4. August veröffentlichten "Agora"-Auswertung hervorgeht, haben sich die CO2-Emissionen nicht bei allen Energieträgern gleich entwickelt: So stiegen die Emissionen aus Mineralöl um 4,6 Millionen Tonnen CO2, aus Erdgas um 2,9 Millionen Tonnen und aus Braunkohle um 2,3 Millionen Tonnen. Demgegenüber sanken die Emissionen aus der Steinkohlenutzung um 5,1 Millionen Tonnen. Ursache beim Anstieg des Mineralöls ist ausschließlich der höhere Benzin-, Diesel- und Kerosinverbrauch, während der Heizölabsatz trotz der kälteren Witterung im ersten Halbjahr 2017 sogar leicht gefallen ist.
Die Verbrauchsänderungen bei Braunkohle, Steinkohle und Erdgas sind vor allem auf die Entwicklungen am Strommarkt zurückzuführen: So haben die Erneuerbaren Energien deutlich zugelegt, ebenso die Nutzung von Gas in Kraftwerken (insbesondere KWK-Anlagen), was zu Lasten der Steinkohle ging. Einige Steinkohlekraftwerke wurden im ersten Halbjahr 2017 sogar stillgelegt. Gleichzeitig konnten aber die Braunkohlekraftwerke ihre Stromproduktion aufgrund einer verbesserten Kraftwerksverfügbarkeit ausweiten.
Die im Juni 2012 gestartete Initiative Agora Energiewende versteht sich als "Denkfabrik" zur Umsetzung der Energiewende. In dem parallel gegründeten "Rat der Agora" will sie Spitzenpolitiker mit Managern, Verbandschefs und Wissenschaftlern zusammenbringen. Die Stiftung Mercator und die Europe Climate Foundation haben ihr vorerst zwölf Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Sie beschäftigt inzwischen rund zwei Dutzend Mitarbeiter.
Im Februar 2016 wurde außerdem die "Agora Verkehrswende" ins Leben gerufen, um die verkehrsbedingten CO2-Emissionen zu mindern und so die Erreichung der deutschen Klimaschutzziele zu unterstützen. Sie beschäftigt derzeit 14 Mitarbeiter. Die beiden Stiftungen stellten ihr bis Ende 2018 ein Budget von fünf Millionen Euro zur Verfügung.
Beide Agora-Initiativen haben ihren Sitz im "Spreepalais" im Zentrum
Berlins, unweit der Museumsinsel. Im selben Gebäude befindet sich mit "Clean
Energy Wire" (CLEW) noch eine dritte Initiative, die von den beiden Stiftungen
getragen wird. Diese widmet sich den Themen Europa, Integration, Klimawandel
und kulturelle Bildung. Unter anderem will sie "dem Vertrauensverlust in
die europäische Idee entgegentreten".