Dezember 2017

171202

ENERGIE-CHRONIK


 

 

Es ist nicht das Produzierende Gewerbe insgesamt, das mit geringeren Energieverbrauch eine größere Wertschöpfung erbringt, sondern lediglich der Sektor "Energieumwandlung". Und auch hier ist die Verringerung der Energieintensität nicht das Ergebnis zielgerichteter Anstrengungen, sondern ein erfreuliches Nebenprodukt der Energiewende, die den Primärenergieverbrauch von fossil befeuerten Kraftwerken generell zurückdrängt (siehe Hintergrund).

Industrie erfüllt Vorgaben für Befreiung von der Stromsteuer wieder mal spielend

Die deutsche Industrie hat die gesetzlichen Vorgaben zur Erhöhung der Energieeffizienz wieder mal vollständig erfüllt und sogar übererfüllt. Mit dieser Begründung beschloß das Bundeskabinett am 13. Dezember, dem gesamten Produzierenden Gewerbe auch für 2018 eine weitgehende Befreiung von der Strom- bzw. Energiesteuer einzuräumen.

Freilich handelt es sich bei dieser Begründung um Augenwischerei. In Wirklichkeit brauchte das Produzierende Gewerbe überhaupt keine Anstrengungen zur Erhöhung der Energieffizienz unternehmen, weil die seit 2015 geltenden Mindestanforderungen zur Senkung der Energieintensität schon durch die Fortschritte bei der Energiewende um das Mehrfache übertroffen werden (siehe Hintergrund).

 

Die gesetzlichen Vorgaben zur Verbesserung der Energieeffizienz im Produzierenden Gewerbe wurden so zurechtgeschneidert, daß sie in jedem Fall niedriger sind als die Fortschritte, die sich auch ohne Zutun der Unternehmen ergeben.

Nach § 10 des Stromsteuergesetzes (bzw. § 55 des Energiesteuergesetzes) können Unternehmen des Produzierenden Gewerbes die Erstattung der gezahlten Stromsteuer (bzw. Energiesteuer) beantragen, soweit diese im Kalenderjahr den Betrag von 1.000 Euro übersteigt. Da der Normalsatz der Stromsteuer 2,05 Cent pro Kilowattstunde beträgt, haben deshalb kleinere Betriebe mit einem Stromverbrauch bis etwa 50 Megawattstunden keinen Anspruch. Den Großstromverbrauchern werden dagegen 90 Prozent der Stromsteuer erlassen, nachdem zuvor noch ein paar kleinere Abstriche gemacht werden, die den Arbeitgeberanteil zu den Rentenversicherungsbeiträgen berücksichtigen und insbesondere Unternehmen mit wenigen Beschäftigten begünstigen.

Allerdings darf dieses Steuergeschenk zu Lasten der Kleinverbraucher, das euphemistisch als "Spitzenausgleich" bezeichnet wird, auf Drängen der EU-Kommission seit 2015 nicht mehr ohne Gegenleistung gewährt werden. Die angebliche Gegenleistung besteht nun darin, daß das Produzierende Gewerbe seine Energieeffizienz jährlich um etwa 1,3 Prozent erhöht (121104). Außerdem müssen die einzelnen Antragsteller die Einführung eines "Energiemanagements" nachweisen. Die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften basieren auf einer Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und der Industrie vom 1. August 2012 (siehe Link). Ihre Erfüllung wird durch einen "Monitoringbericht" kontrolliert, den das "RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung e.V." in Essen jährlich erstellt (siehe Link).

Den Vorgaben zufolge hätte die Industrie ihre Energieintensität im Bezugsjahr 2016, das für das Antragsjahr 2018 maßgeblich ist, um 5,25 Prozent gegenüber dem Durchschnittswert der Jahre 2007 bis 2012 verringern müssen. Tatsächlich ging die Energieintensität aber sogar um 13,8 Prozent zurück, wie der neueste RWI-Monitoringbericht feststellt. Die Vorgabe wurde also um mehr als das Doppelte übertroffen. In den Vorjahren war das Ergebnis sogar drei-, vier- und fast fünfmal besser als die gesetzlich verlangte Senkung der Energieintensität.

Obwohl das RWI-Institut als ausgesprochen wirtschaftsnah gilt, braucht man an der formalen Korrektheit der Berechnungen nicht zu zweifeln. Die Leichtigkeit, mit der das Produzierende Gewerbe die Vorgaben erfüllt und übererfüllt, war von Anfang an absehbar und beabsichtigt. Sie wurde schon von den Oppositionsparteien prophezeit und kritisiert, als der Bundestag am 8. November 2012 den sogenannten Spitzenausgleich mit den Stimmen der schwarz-gelben Koalition um weitere zehn Jahre verlängerte (121104).

 

Links (intern)

Link (extern, ohne Gewähr)

 

 

Hintergrund

Augenwischerei mit Energieffizienz

(siehe oben)

Im Märchen vom tapferen Schneiderlein gelingt es dem Helden, sieben Fliegen mit einem Schlag zu töten. Daraufhin verziert er seinen Gürtel mit dem Spruch "Sieben auf einen Streich" und läßt die Mitmenschen glauben, er habe sieben Bösewichte mit einem einzigen Schlag erledigt.

Ein ähnlicher Held tritt uns jetzt in Gestalt der deutschen Industrie entgegen: Sie hat es doch tatsächlich wieder geschafft, die Vorgaben zur Erhöhung der Energieeffizienz, von denen seit fünf Jahren die Gewährung des sogenannten Spitzenausgleichs abhängt, um mehr als das Doppelte zu erfüllen. In den Vorjahren hat sie sogar noch heroischere Anstrengungen unternommen, indem sie die Zielwerte um das Drei-, Vier- und Fünffache übertraf.

Wer sich so mächtig ins Zeug legt, hat selbstverständlich eine Belohnung verdient. Im Märchen muß der König dem tapferen Schneiderlein seine Tochter und das Königreich überlassen. Die Bundesregierung kann nicht ganz so großzügig sein. Immerhin beschloß sie aber am 13. Dezember, dem gesamten Produzierenden Gewerbe in Deutschland, weil es sich so vorbildlich für Energieeffizienz und Klimaschutz engagiert, auch für das Jahr 2018 eine weitgehende Befreiung von der Strom- bzw. Energiesteuer zu gewähren (siehe oben).

Ähnlicher Trick wie bei der Treibhausgas-Minderung zu Anfang der neunziger Jahre

In der Realität gibt es diese heroische Anstrengung aber gar nicht. Sie ist nur eines jener Märchen, mit denen Politiker und Lobbyisten gern den Blick auf die tatsächlichen Zusammenhänge vernebeln. In Wirklichkeit erhält die Industrie das Milliardengeschenk ohne Gegenleistung. Sie mußte überhaupt keine besonderen Anstrengungen unternehmen. Die vorgeschriebene Erhöhung der Energieeffizienz bzw. Minderung der "Energieintensität" ergab sich nämlich von selbst. Treibende Kraft waren dabei makroökonomische Faktoren, die von den einzelnen Betrieben des Produzierenden Gewerbes gar nicht beeinflußt werden konnten.

Man muß sich das so ähnlich vorstellen wie bei der enormen Minderung der Treibhausgas-Emissionen, die Anfang der neunziger Jahre durch den Zusammenbruch der ostdeutschen Wirtschaft zustande kam. Da stand auch kein aktiver Klimaschutz dahinter. Trotzdem rückte das vereinigte Deutschland bei der CO2-Minderung an die Weltspitze, wenn man die Emissionszahlen der folgenden Jahre mit denen von 1990 verglich.

Zielwerte zur Verringerung der Energieintensität wurden bisher mehrfach übertroffen

Die in § 10 des Stromsteuergesetzes bzw. § 55 des Energiesteuergesetzes enthaltenen Vorgaben zur Erhöhung der Energieeffizienz beziehen sich jeweils auf ein zwei Jahre zurückliegendes "Bezugsjahr", in dem die Energieeffizienz im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2007 bis 2012 um einen bestimmten Zielwert erhöht worden sein muß. Als Maßstab für die Energieeffizienz dient dabei die "Energieintensität". Das ist jene Energiemenge, die zur Erreichung einer bestimmten Wertschöpfung in Euro aufgewendet werden muß. Die Energieeffizienz ist also umso höher, je mehr die Energieintensität sinkt. Über die Jahre 2015 bis 2022 hinweg betrachtet sieht das so aus:

 

Antragsjahr
Bezugsjahr

Zielwert zur Verringerung der
Energintensität im Bezugsjahr
gegenüber Basiswert 2007-2012

Tatsächlich erreichte Verringerung der
Energieintensität im Bezugsjahr
gegenüber Basiswert 2007-2012

2015

2013
1,3 %
6,23 %
2016
2014
2,6 %
11,10 %
2017
2015
3,9 %
12,23 %
2018
2016
5,25 %
13,80 %
2019
2017
6,6 %
 
2020
2018
7,95 %
 
2021
2019
9,3 %
 
2022
2020
10,65 %
 
Quelle: RWI-Monitoringbericht 2016 /AGEB 2017

 

Nur im Bereich "Energieumwandlung" gibt es tatsächlich einen Anstieg der Energiefffizienz

Wie man sieht, ist die tatsächlich erreichte Verringerung der Energieintensität bisher den jeweiligen Anforderungen leichtfüßig vorangeeilt. Schon auf dem jetzt erreichten Niveau könnte man die besonders hohen Anforderungen für das Jahr 2022 spielend erfüllen. Vermutlich wird diese statistisch ermittelte Energieeffizienz aber noch weiter zunehmen, weil hier eben im wesentlichen ganz andere Faktoren wirksam sind als gezielte Bemühungen der einzelnen Branchen und Betriebe. Solche Anstrengungen gibt es natürlich auch, zumal es im Eigeninteresse der Unternehmen liegt, durch effizientere Maschinen oder Produktionsverfahren den Energieaufwand zu senken. Sie sind aber sicher nicht der entscheidende Faktor.

Zunächst fällt bei näherer Betrachtung der Statistik auf, daß der Energieverbrauch des gesamten Produzierenden Gewerbes in den Jahren 2013 bis 2016 um 4,10 bis 8,85 Prozent gesunken ist, wenn man ihn mit dem Durchschnittswert der Jahre 2007 bis 2012 vergleicht, der 6.488 Petajoule betrug:

 

 
Energieverbrauch in Petajoule
Minderung gegenüber 2007-2012
2013
6221,8
4,10 %
2014
6036,5
6,96 %
2015
5950,0
8,29 %
2016
5913,6
8,85 %
Quelle: RWI-Monitoringbericht 2016 /AGEB 2017

 

Es ergibt sich also eine ähnliche Minderung des Energieverbrauchs wie bei der Energieintensität, die bis 2016 auf 8,85 Prozent ansteigt. Die Prozentzahlen sind aber deutlich geringer. Woher das kommt, wird schnell deutlich, wenn man nicht das gesamte Produzierende Gewerbe betrachtet, sondern die beiden Bereiche "Energieumwandlung" und "Verarbeitendes Gewerbe, Bergbau, Steine & Erden" separat untersucht. Dann stellt man fest, daß der Energieverbrauch im ersten Bereich – also bei den Kraftwerken – um stolze 15,31 Prozent zurückgegangen ist, während er beim Rest des Produzierenden Gewerbes sogar um 1,10 Prozent zugenommen hat:

 

 
Energieverbrauch in Petajoule
Minderung gegenüber 2007-2012
 
Energieumwandlung
Restliches Prod. Gewerbe
Energieumwandlung
Restliches Prod. Gewerbe
2013
3671,1
2550,7
6,70 %
0,10 %
2014
3491,1
2545,4
11,27 %
0,31 %
2015
3402,1
2547,9
13,54 %
0,21 %
2016
3332,3
2581,3
15,31 %
-1,10 %
Quelle: RWI-Monitoringbericht 2016 /AGEB 2017

 

Es war also nicht das Produzierende Gewerbe insgesamt, das mit geringerem Energieverbrauch eine größere Wertschöpfung erbrachte, sondern lediglich der Sektor "Energieumwandlung", der mit deutlich weniger Primärenergie etwa dieselbe Menge an Strom bzw. Wärme erzeugte. Im vergangenen Jahr war seine Energieintensität sogar um gut 15 Prozent niedriger als im Durchschnitt der Jahre 2007 bis 2012.

Früher waren höhere Wirkungsgrade der treibende Faktor – heute die Energiewende

Das kam aber keineswegs überraschend, sondern war vorhersehbar: Der Verbrauch an Primärenergie ist in Deutschland schon seit Jahrzehnten rückläufig. Früher kam dieser Trend vor allem durch Effizienzverbesserungen beim Bau konventioneller Kraftwerke zustande. Im neuen Jahrtausend wurde dann das Erneuerbare-Energien-Gesetz zum treibenden Faktor. Der Rückgang des Primärenergieverbrauchs im Produzierenden Gewerbe ist heute also im wesentlichen nicht mehr das Ergebnis zielgerichteter Bemühungen zur Steigerung des Wirkungsgrades von Wärmekraftwerken, sondern ein erfreuliches Nebenprodukt der Energiewende, die den Energieverbrauch von fossil befeuerten Kraftwerken generell zurückdrängt.

Bei den wichtigsten der erneuerbaren Energien – Wind, Wasser und Photovoltaik – nehmen die Statistiker der Einfachheit halber einen Wirkungsgrad von hundert Prozent an, womit ihre Energieintensität auf null sinkt. Kein Wunder also, wenn die Energieintensität im Bereich "Energieumwandlung" so stark abgenommen hat, während sie in den übrigen Bereichen des Produzierenden Gewerbes eher noch gestiegen ist. Schließlich betrug der Anteil der erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung in den Jahren 2007 bis 2012 im Mittel erst 9,3 Prozent. Dagegen stieg er bis 2013 auf 25,2 Prozent und bis 2016 auf 31,7 Prozent.

Hinzu kommen andere Faktoren, welche die Energieintensität zum Teil rein rechnerisch verringern: So schlägt die Stillegung eines Kernkraftwerks erheblich stärker zu Buche als wenn ein Kohlekraftwerk mit gleicher Leistung durch Erneuerbaren-Strom ersetzt wird. Bei den Reaktoren wird nämlich ein fiktiver Wirkungsgrad von 33 Prozent zugrundegelegt, den Kohlekraftwerke schon seit Jahrzehnten hinter sich gelassen haben. Auch die derzeit sehr hohen Stromexporte verringern rein statistisch die Energieintensität (siehe Hintergrund, Dezember 2011).

Gesetz diente lediglich dem Zweck, die EU-Vorschriften scheinbar zu erfüllen

Die schwarz-gelbe Regierung wußte sehr wohl um diese Hintergründe und die ganze Fragwürdigkeit ihrer Argumentation, als sie die Steuerbefreiung des Produzierenden Gewerbes ab 2013 scheinbar von größeren Anstrengungen in punkto Energieeffizienz abhängig machte (121104). Bis dahin war das Geschenk völlig gratis gewährt worden. Das konnte aber nicht mehr so bleiben, weil es von der EU-Kommission schon seit über zehn Jahren als versteckte Subventionierung kritisiert wurde (011106). In der bisherigen Form wäre der sogenannte Spitzenausgleich keinesfalls mehr akzeptiert worden. Um dennoch wieder die Zustimmung aus Brüssel zu bekommen, legte die Regierung einen Gesetzentwurf vor, der den Unternehmen eine "angemessene und nachhaltige Verbessererung ihrer Energieeffizienz" abverlangte. Damit wurde die weitgehende Steuerbefreiung scheinbar zu einer Gegenleistung für klimaschützerische Anstrengungen und mit dem EU-Recht vereinbar.

Als die schwarz-gelbe Mehrheit des Bundestags das Gesetz am 8. November 2012 durchwinkte, bekundeten Grüne, Linke und SPD zwar mehr oder weniger Verständnis für eine gezielte Entlastung solcher Unternehmen, die durch die seit 1999 erhobene Stromsteuer im internationalen Wettbewerb benachteiligt werden. Sie mißtrauten aber der "Glockenlösung", mit der die Regierung das Produzierende Gewerbe pauschal befreite, ohne daß die einzelnen Unternehmen eine tatsächlich erzielte Effizienzverbesserung nachweisen müssen. Nicht minder suspekt war ihnen der ersatzweise verlangte Nachweis einer kollektiven Verbesserung der Energieeeffizienz für das gesamte Produzierende Gewerbe, weil die Mindestanforderungen zu gering seien und sich quasi im Selbstlauf ergeben würden.

Grüne und Linke haben Ineffizienz der gesetzlichen Neuregelung vorhergesagt

Die Abgeordnete Lisa Paus von den Grünen prophezeite, daß die verlangten Effizienzsteigerungen "voraussichtlich allein durch autonome statistische Effekte übererfüllt" würden. Außerdem wandte sie sich gegen den Unsinn der Pauschalbefreiung:

"Das einheitliche Effizienzziel für das gesamte produzierende Gewerbe, die sogenannte Glockenlösung, ist ein völlig ungeeignetes Verfahren. Damit wird eine Art Gruppenhaftung für Unternehmen eingeführt. Wird das Effizienzziel erreicht, profitieren besonders die Unternehmen, die für die Erreichung des Zieles nichts geleistet haben. Wird das Ziel hingegen nicht erreicht, werden dafür auch die Unternehmen bestraft, die dies überhaupt nicht zu verantworten haben und die aktiv in die Erreichung der Ziele investiert haben."

Die Abgeordnete Eva Bulling-Schröter von der Linken stellte ebenfalls fest, daß die verlangte Effizienzsteigerung sowieso von selbst eintreten werde:

"Die Fortführung des Spitzenausgleichs über das Jahr 2012 hinaus ist an keine relevante Anstrengung der Industrie geknüpft, die Energieeffizienz zu steigern. Der – erst ab dem Jahr 2015 – zu erreichende Zielwert für die Minderung der Energieintensität von 1,3 Prozent pro Jahr entspricht laut Trendprognose der EU exakt der ohnehin erwartbaren Effizienzsteigerung. Das BMU geht in Hauspapieren sogar von 1,6 bis 1,8 Prozent aus! Die Regelung ist also nichts anderes als ein Geschenk an die Wirtschaft."

Einführung von "Energiemanagementsystemen" sollte Wirkunglosigkeit kaschieren

Der Unsinn der gesetzlichen Neuregelung ergab freilich dann Sinn, wenn ohnehin geplant war, die Industrie weiterhin mit dem "Spitzenausgleich" zu beglücken, ohne ihr dafür eine tatsächliche Gegenleistung abzuverlangen. Und genau darauf hatten sich Bundesregierung und Industrie in einer "Energieeffizienzvereinbarung" verständigt, die ein Vierteljahr zuvor unterzeichnet worden war. Die gesetzliche Neuregelung war lediglich die Umsetzung dieser Vereinbarung, die seitens der Wirtschaft vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) unterschrieben wurde.

Weil beide Seiten wußten, daß es letztendlich nur um ein Schattenboxen ging, hatte die Industrie sogar den bürokratischen Aufwand mit der Einführung von "Energiemanagementsystemen" akzeptiert. Diese Maßnahme war bereits seit 2010 in der Koalitionsvereinbarung von Union und FDP vorgesehen, weil die Genehmigung des "Spitzenausgleichs" durch die EU-Kommission Ende 2012 auslief und gemäß EU-Recht künftig zumindest von einer Gegenleistung abhängig gemacht werden mußte (100902). Außerdem hatte die Kommission bereits deutlich gemacht, daß diese Gegenleistung aus irgendwelchen Verpflichtungen zu mehr Energieeffizenz bestehen müsse (100709, 110609, 120907). Der schon allenthalben grassierende Zertifizierungs- und Auditierungswahn wurde so in Brüssel und Berlin noch eine Schraube weiter gedreht, ohne daß dem gesetzlich verordneten Aufwand ein entsprechender Nutzen gegenüberstehen dürfte. Allerdings ließ sich mit der Einführung der "Energiemanagementsysteme" vortrefflich kaschieren, daß die einzelnen Unternehmen überhaupt keinen Nachweis für irgendwelche Verbesserungen der Energieeffizienz erbringen mußten, sondern über die "Glockenlösung" pauschal mit der Steuerbefreiung beglückt wurden. Die eine Art von Unsinn ergänzte und bedingte so die andere.