Februar 2007

070202

ENERGIE-CHRONIK


Bundesregierung akzeptiert Kürzung ihres Zuteilungsplans

Die Bundesregierung wird die von der EU-Kommission verfügte Kürzung ihres Zuteilungsplans für die zweite Periode des Handels mit Emissionszertifikaten von 2008 bis 2012 hinnehmen. Wie das Bundesumweltministerium am 9. Februar mitteilte, ist die Kommission dafür bereit, auf deutsche Änderungsvorschläge für das bisherige Verfahren einzugehen. Dazu gehöre eine Ersatzlösung für die 14-jährige Befreiung neuer Anlagen von Emissionsminderungen, die von der Kommission ebenfalls beanstandet wurde. Hier will die Bundesregierung nun ein "Benchmark"-Verfahren einführen, das die Begünstigung von der Erfüllung bestimmter technischer Normen abhängig macht.

Überschuß ließ Preis für CO2-Zertifikate ins Bodenlose abstürzen

Der vom Bundeskabinett am 28. Juni 2006 verabschiedete Zuteilungsplan sah zunächst die Ausgabe von Zertifikaten für die Emission von 482 Millionen Tonnen CO2 vor (060602). Nachdem sich abzeichnete, daß die Kommission diese Größenordnung keinesfalls genehmigen würde, hatte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) schnell noch eine Kürzung auf 465 Millionen Tonnen CO2 vorgenommen. Fünf Tage später gab die Kommission jedoch bekannt, daß sie lediglich 453 Millionen Tonnen CO2 genehmigen werde (061104). Mit den drastischen Abstrichen will Brüssel einen erneuten Überschuß an Emissionsrechten verhindern, wie er sich infolge der viel zu großzügig bemessenen Zuteilungspläne der meisten EU-Staaten in der ersten Handelsperiode ergeben hat (060501). Inzwischen ist der an der EEX notierte Preis für CO2-Zertifikate ins Bodenlose abgestürzt und betrug Ende Februar nur noch 90 Cent pro Tonne CO2 – weniger als ein Dreißigstel der Rekordwerte, die er Mitte 2005 erreicht hatte (siehe Grafik).

Unterschiedlicher Meinung sind Brüssel und Berlin weiterhin bei den Daten, die sie jeweils ihrer Berechnung des deutschen Emissionsbudgets zugrunde legen. Die deutsche Seite hält hier jetzt 462 Millionen Tonnen CO2 für angemessen, was einer Verringerung der Emissionen um fast zehn Prozent entspräche. Die von der Kommission errechneten 453 Millionen erfordern dagegen einer Minderung um 11,5 Prozent.

Industrie befürchtet Verschlechterung ihrer Konditionen

Die Bundesregierung wird nun ihren Zuteilungsplan nochmals überarbeiten und neu vorlegen. Anscheinend befürchtet die Industrie, daß dabei ihre weitgehende Entlastung zum Nachteil der Kraftwerksbetreiber, wie sie der bisherige Zuteilungsplan vorsah (060401), korrigiert werden könnte. Der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) polemisierte jedenfalls ungewöhnlich heftig gegen die Hinnahme der Abstriche am Zuteilungsplan. "Damit verschärft sich unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft die bisher schon überzogene deutsche Umweltvorreiterrolle", erklärte er am 12. Februar. Die Stromproduzenten könnten ihre gesamten Mehrbelastungen durch den Emissionshandel an die Kunden weitergeben, was der Industrie und anderen Stromverbrauchern nicht möglich sei. Die Strompreise würden dadurch drastisch steigen und die "bisher schon ungerechtfertigten Windfall-Profits der Stromunternehmen zu Lasten der Stromkunden in Höhe von abenteuerlichen fünf Milliarden Euro im Jahr noch einmal deutlich wachsen".

Spitzenausgleichs-Regelung noch nicht verlängert

Unklar ist auch noch, ob Brüssel das Einlenken der Bundesregierung mit einer Verlängerung der Spitzenausgleichs-Regelung für die stromintensive Industrie (061201) honorieren wird. Die EU-Kommission hat am 8. Februar lediglich die Steuerbefreiungen nach § 51 Energiesteuergesetz und § 9a Stromsteuergesetz für bestimmte energieintensive Prozesse und Verfahren gebilligt. Die Genehmigung für die Fortführung des Spitzenausgleichs steht dagegen immer noch aus. Den entsprechenden Unternehmen des Produzierenden Gewerbes darf deshalb seit dem 1. Januar 2007 die Rückzahlung nicht mehr gewährt werden. "Der dadurch verursachte Liquiditätsengpaß droht derzeit bereits erste, bisher noch gesunde Unternehmen in die Insolvenz zu stürzen!", beklagte sich der VIK am 5. Februar. "Der Spitzensteuerausgleich muss daher schnellstens wieder eingesetzt werden!"