Dezember 2002

021202

ENERGIE-CHRONIK


EU-Richtlinie für Handel mit Emissionszertifikaten

Die Umweltminister der 15 EU-Staaten beschlossen am 9. Dezember 2002 einstimmig eine Richtlinie für den Handel mit Emissionszertifikaten zur Verringerung des Ausstoßes von Kohlendioxid und anderen klimaschädlichen Gasen. Mit der neuen Richtlinie wollen die EU-Staaten ihre Verpflichtungen im Rahmen des Kyoto-Protokolls ( 991125, 010703) erfüllen, indem sie einen Markt für den Handel mit "Verschmutzungsrechten" schaffen. Eine entsprechende Gutschrift erhalten Betriebe, die besonders umweltfreundlich produzieren. Sie können diese Emissionsrechte dann an andere Unternehmen verkaufen, die ihre zulässige Emissionsfracht überschreiten.

Die EU-Richtlinie sieht zunächst zwei Handelsphasen vor, die den Zeitraum von 2005 bis 2007 bzw. von 2008 bis 20012 umfassen. Ab 2008 besteht die Möglichkeit der Einbeziehung weiterer Treibhausgase neben dem Kohlendioxid und der Ausdehnung auf weitere Bereiche der Wirtschaft. Wer ohne entsprechende Emissionsrechte die Atmosphäre belastet, wird bestraft: In der ersten Phase mit 40 Euro pro Tonne Kohlendioxid, danach mit 100 Euro pro Tonne.

Bundesregierung scheiterte mit "Pool"-Lösung

Einige Tage vor dem Gipfel hatte auch die Bundesregierung ihren Widerstand gegen die EU-Pläne aufgegeben. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) wollte nicht die einzelnen Unternehmen als Käufer und Verkäufer von Verschmutzungsrechten auftreten lassen, sondern nationale oder zumindest nach Branchen gegliederte "Pools", in denen die positiven oder negativen Emissionsrechte der Unternehmen zwangsweise gebündelt werden sollten. Er machte sich damit zum Fürsprecher eines Großteils der deutschen Wirtschaft - vor allem der Chemieindustrie und einiger Stromversorger - , die durch die geplante Regelung Nachteile befürchteten und die von der deutschen Wirtschaft eingegangene Selbstverpflichtung zur Reduzierung der CO2-Emissionen gefährdet sahen. EU-Umweltkommissarin Margot Wallström hatte dagegen betont, daß die deutsche Wirtschaft eher zu den Gewinnern des Emissionshandels gehören werde. Die von Clement angestrebte Pool-Lösung bezeichnete Wallström als wettbewerbswidrig und nicht sachgerecht, weil dadurch umweltfreundliche Betriebe benachteiligt und Umweltverschmutzer quasi subventioniert würden.

Sonderregelungen sollen weiteren Bestand der Selbstverpflichtung sichern

Da sie in dieser Frage allein gegen die übrigen EU-Staaten stand, gab die Bundesregierung schließlich nach und begnügte sich mit kleineren Zugeständnissen: So wird den Mitgliedsstaaten nun die Möglichkeit eingeräumt, in der ersten Handelsphase (2005 bis 2007) einzelne Anlagen oder ganze Branchen von der Teilnahme am Emissionshandel zu befreien. Die Bundesregierung hatte ein solches "Opt-out" mit Blick auf jene Branchen gefordert, welche die Selbstverpflichtungserklärungen der deutschen Wirtschaft zur CO2-Reduzierung vom 10. März 1995 ( 950305), 27. März 1996 (960304) und 9. November 2000 (001010) unterschrieben haben.

Ferner erhalten die Mitgliedsstaaten die Möglichkeit, Emissionsrechte für beide Verpflichtungsperioden (2005-2007 und 2008-2012) kostenlos zu vergeben. Deutschland will von dieser Möglichkeit unter Berücksichtigung der eingegangenen Selbstverpflichtung der Wirtschaft Gebrauch machen, so daß sich für die beteiligten Unternehmen und Branchen keine zusätzlichen Belastungen durch den Emissionshandel ergeben würden.

Deutschland darf bereits erzielte Klimaschutz-Erfolge ab 1990 anrechnen

Weiterhin hatte sich die Bundesregierung in den Vorverhandlungen zum EU-Gipfel mit der Kommission darauf geeinigt, daß diese bei der Aufstellung der nationalen CO2-Minderungspläne die schon erzielten deutschen Erfolge beim Klimaschutz akzeptiert. Deutschland erhält damit die Möglichkeit, 1990 als Basisjahr für die Zuteilung der Emissionsrechte zu wählen ("early actions").

Schließlich wird die Einbringung von Emissionsquoten in einen "Pool" auf freiwilliger Basis zugestanden, so daß die bestehende Selbstverpflichtung der deutschen Wirtschaft auf einer solchen Basis weitergeführt werden könnte. Da ein solcher Pool aber für die Inhaber von frei verfügbaren Emissionsrechten nicht attraktiv ist, wird dieses Zugeständnis kaum praktische Bedeutung erlangen.

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