August 2017 |
170803 |
ENERGIE-CHRONIK |
Um die wiederholten Blockierungen der Kohlebahn zum
Kraftwerk Neurath zu beenden, hat die Polizei "in wenigen Einzelfällen
Zwang anwenden müssen "
Foto: Tim Wagner
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Wie schon vor zwei Jahren (150803) protestierte das Bündnis "Ende Gelände" vom 24. bis 29. August mit drei Klimacamps und zahlreichen Aktionen im rheinischen Revier gegen die weitere Verstromung der klimaschädlichen Braunkohle durch RWE-Kraftwerke. Am 25. und 26. August blockierten tausende Aktivisten die Gleise, über die das Kraftwerk Neurath mit Braunkohle versorgt wird, und forderten den sofortigen Ausstieg aus der Braunkohle. Am Freitag wurde die Kohlebahn über neun Stunden besetzt. Am Samstag dauerten die Blockaden sechs Stunden. RWE mußte deshalb die Leistung von vier Kraftwerksblöcken zeitweilig drosseln. Außerdem gelang es einer Gruppe von Aktivisten trotz polizeilicher Absperrungen, in den Tagebau Garzweiler einzudringen. Die Polizei nahm Hunderte von Demonstranten vorübergehend fest. Für den 4./5. November – zu Beginn der UN-Klimaverhandlungen in Bonn – hat das Bündnis Ende Gelände zu weiteren "Massenaktionen zivilen Ungehorsams" aufgerufen.
Für Anfang November hat das Bündnis zu weiteren Massenaktionen gegen die Braunkohleverstromung aufgerufen. Foto: Felix Spira
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Das Bündnis "Ende Gelände" sieht sich als Teil einer europäischen "Klimagerechtigkeitsbewegung", die verschiedene soziale Bewegungen und politische Spektren vereint – unter anderem für Umweltschutz, Feminismus und Kapitalismuskritik. Hunderte von Aktivisten reisten aus dem Ausland an. Insgesamt waren nach Angaben der Organisatoren im Rahmen der Aktionstage 6000 klimabewegte Menschen im Rheinischen Braunkohlerevier unterwegs. Etwa 3500 Personen zogen mit einer Menschenkette eine "Rote Linie" gegen Kohleabbau am Hambacher Forst. Teilnehmer der Kampagne "Kohle erSetzen!" blockierten die Werkstore des Kraftwerks Neurath. Kleingruppen der Kampagne "Zucker im Tank" hielten Züge der Hambach-Kohlebahn auf und besetzten den Tagebau Inden.
Die für die Braunkohle-Verstromung zuständige Konzerngesellschaft RWE Power zeigte sich am 28. August "erleichtert, daß die Proteste ganz überwiegend friedlich verlaufen sind". Aufgrund der Gleisblockaden habe die Kraftwerksleistung lediglich einige Stunden um rund 6 Prozent bzw. rund 600 Megawatt abgesenkt werden müssen. Man habe "bereits im Vorfeld deutlich gemacht, daß das Eindringen in Produktionsstätten und andere strafbare Handlungen gegen das Unternehmen und seine Anlagen straf- und zivilrechtlich verfolgt werden".
Zur Verteidigung der weiteren Braunkohle-Verstromung führte RWE Power an, daß dies zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit notwendig sei. Außerdem seien die Anlagen so flexibel, daß sie die schwankende Einspeisung der Erneuerbaren Energien ausgleichen und damit "eine wesentliche Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende" erfüllen könnten. Die damit verbundene Klimabelastung durch CO2-Emissionen werde nach den bisherigen Plänen bis 2030 um 40 bis 50 Prozent geringer werden.
Die Gewerkschaft IGBCE unterstützte RWE Power mit einem Motorradkorso und einer Kundgebung unter dem Motto "Schnauze voll". Vor rund 600 RWE-Mitarbeitern und Gewerkschaftern tönte der IG BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis: "Daß wir in Deutschland wirtschaftlicher Weltmeister sind, das beginnt hier in der Grube."
Es sei von Anfang an klar gewesen, daß eine komplette Verhinderung sämtlicher Aktionen nicht realistisch sein würde, erklärte die zuständige Polizeidirektion Aachen am 27. August. Schließlich umfasse der Einsatzraum mehr als 130 Kilometer Bahnstrecke, drei Tagebaue mit über 90 Kilometer Kanten sowie fünf Kraftwerke. Immerhin habe man Szenarien wie in den vergangenen Jahren in der Lausitz (160504) und in Garzweiler (150803) verhindern können. Auch die Blockaden der Kohlebahn seien erfolgreich aufgelöst und "die nötigen Maßnahmen zur Identitätsfeststellung durchgeführt" worden. Dabei habe die Polizei "in wenigen Einzelfällen Zwang anwenden" müssen. Am folgenden Tag habe man noch 14 weitere Personen festgenommen: Vier davon hätten sich an einem Förderband im Tagebau Hambach befestigt. Die anderen hätten einen nicht mehr betriebenen Bagger im Tagebau Garzweiler bestiegen.