August 2012

120807

ENERGIE-CHRONIK


 

 

Den symbolischen Knopf zur Inbetriebnahme der beiden BoA-Blöcke drücken hier die RWE-Manager Matthias Hartung und Dieter Faust, Bundesumweltminister Peter Altmaier, der neue RWE-Vorstandsvorsitzende Peter Terium, die Düsseldorfer Ministerpräsidentin Hannelore Kraft sowie die RWE-Manager Hans-Jürgen Petrauschke und Johannes Lambertz (von links nach rechts). Die grüne Farbe des Knopfes, der üblicherweise rot ist, soll die Umweltfreundlichkeit der Anlage unterstreichen. Außerdem bewirkt der Knopfdruck nicht die Inbetriebnahme der Anlage, die ohnehin schon seit einiger Zeit am Netz ist, sondern eine kurzfristige Leistungsminderung bei einem der beiden Blöcke, die hinten auf dem Bildschirm angezeigt wird. Damit will RWE demonstrieren, daß auch Braunkohlekraftwerke die schwankende Einspeisung von Wind- und Solarstrom auszugleichen vermogen und deshalb mit den Zielen der "Energiewende" vereinbar seien (siehe hierzu auch Hintergrund).

Pressefoto RWE

RWE nimmt zwei neue Braunkohle-Kraftwerke in Betrieb

Die RWE Power AG nahm am 15. August zwei neue Braunkohle-Kraftwerke mit einer Leistung von jeweils 1100 MW in Betrieb. Es handelt sich um die beiden Blöcke mit "optimierter Anlagentechnik" (BoA) am Standort Neurath, mit deren Bau vor sechseinhalb Jahren begonnen wurde (060212). Ursprünglich war die Inbetriebnahme bereits für Ende 2009 vorgesehen. Die Baukosten erhöhten sich von 2,2 auf 2,6 Milliarden Euro.

RWE Power verfügt damit über insgesamt drei BoA-Blöcke. Die erste Anlage dieser Art ging 2002 in Niederaußem ans Netz (020911). Alle drei BoA-Blöcke sind Bestandteil eines Kraftwerkserneuerungsprogramms, das RWE schon 1994 mit der damaligen SPD-Landesregierung vereinbart hat. Im Zusammenhang damit billigte die Landesregierung die Erschließung des Braunkohle-Tagebaues Garzweiler II (950210), was in den folgenden Jahren zum Dauerstreit innerhalb der neuen rot-grünen Koalition in Düsseldorf führte. Auch nach der endgültig erteilten Genehmigung (981011) blieb der neue Braunkohle-Tagebau umstritten (011221).

Schwerer Unfall bewirkte Verzögerung der Inbetriebnahme

Die Verzögerung der Inbetriebnahme ist hauptsächlich auf einen schweren Unfall am 25. Oktober 2007 zurückzuführen: Damals löste sich von dem Gerüst eines Kessels eine Stahlkonstruktion und stürzte aus einer Höhe von rund hundert Metern zu Boden. Die mehr als hundert Tonnen schwere "Seitenwandbandage" riß dabei mehrere Arbeiter mit in die Tiefe. Zwei 32 und 35 Jahre alte Slowaken und ein 25-jähriger Tscheche starben. Fünf weitere Arbeiter überlebten den Sturz aus großer Höhe mit schweren Verletzungen. Einer der Toten hing einen ganzen Tag lang an einem Sicherungsseil in 140 Meter Höhe. Eine andere Leiche lag sogar zwei Tage lang auf einem Querträger in 78 Metern Höhe, ehe sie geborgen werden konnte. Die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach stellte Ende 2008 das eingeleitete Ermittlungsverfahren ein, weil der Unfall nicht vorhersehbar gewesen sei: Die Tragfähigkeit der Bauteile, die bei den beiden BoA-Blöcken erstmals in dieser Größe eingesetzt wurden, sei von allen Fachleuten überschätzt worden.

RWE unterstreicht Flexibilität und hohen Wirkungsgrad der BoA-Blöcke

Im Dezember 2007 demonstrierten rund 3000 Menschen an der Kraftwerksbaustelle gegen die Braunkohle-Verstromung. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) und die "Klima-Allianz Deutschland" bezeichneten die jetzt erfolgte Inbetriebnahme als "schwere Hypothek für den Klimaschutz". In einer gemeinsamen Presseerklärung kritisierten sie insbesondere die Düsseldorfer Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD), weil diese gemeinsam mit Bundesumweltminister Peter Altmaier als Ehrengast teilnahm.

Der neue RWE-Vorstandsvorsitzende Peter Terium (110807) sprach demgegenüber vom "modernsten Braunkohlekraftwerk weltweit", das mit hoher Flexibilität und einem Wirkungsgrad von 43 Prozent die schwankende Leistung von Wind und Sonne ausgleichen und so zur Netzeinbindung der erneuerbaren Stromquellen beitragen könne. Gemeinsam mit der politischen Prominenz aus Düsseldorf und Berlin drückte er nicht den üblichen symbolischen Startknopf zur Inbetriebnahme der beiden Blöcke, sondern demonstrierte stattdessen die Möglichkeit, per Knopfdruck die Leistung eines Blocks binnen fünf Minuten um über 150 Megawatt zu reduzieren. Nach RWE-Angaben kann die Leistung der beiden BoA-Blöcke innerhalb einer Viertelstunde sogar von 1100 auf 600 MW abgesenkt werden, was "der Leistung von mehr als 400 Windkraftanlagen" entspreche (siehe hierzu Hintergrund).

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