November 2015 |
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ENERGIE-CHRONIK |
Mehr als zehntausend Menschen demonstrierten am 29. November in Berlin gegen die Kohleverstromung und die bisherige Erfolglosigkeit der Bemühungen um eine wirksame Begrenzung der Treibhausgas-Emissionen, die sich beim 21. Klimagipfel in Paris zu wiederholen droht. Der Zug führte auch am Amtssitz von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel vorbei, der auf Plakaten und in Reden als "Kohlen-Siggi" bezeichnet wurde. Foto: Jason Krüger / Avaaz 2015
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Gegen die weitere Verstromung von Kohle und für mehr Klimaschutz demonstrierten am 29. November mehr als 10.000 Menschen in Berlin. Zu den Organisatoren gehörten die Umweltschutzorganisation Greenpeace, der Naturschutzbund (Nabu), die Umweltstiftung WWF und die Bürgerbewegung Avaaz. Der Zug führte vom Hauptbahnhof durch das Zentrum der Stadt und endete nach vier Kilometern am Brandenburger Tor. Aktueller Anlaß war die 21. UN-Klimakonferenz, die am nächsten Tag in Paris begann. Die Demonstranten verlangten von den teilnehmenden Staaten verbindliche Vereinbarungen, um die weltweiten Treibhausgas-Emissionen endlich wirksam zu reduzieren und die Erwärmung der Erdatmosphäre auf maximal zwei Grad zu begrenzen.
Auch in anderen Staaten kam es im Rahmen des internationalen "Global Climate March" zu Demonstrationen gegen die Kohleverstromung und die weitgehende Erfolglosigkeit der bisherigen UN-Klimagipfel. So beteiligten sich in Australien jeweils etwa 40.000 Menschen an Kundgebungen in Melbourne und Sidney. In London zogen rund 30.000 Demonstranten durch das Regierungsviertel.
Am Konferenzort Paris waren zunächst zwei Großdemonstrationen geplant gewesen. Sie wurden aber aus Sicherheitsgründen abgesagt, nachdem am 13. November ein Terroranschlag des "Islamischen Staats" 130 Tote gefordert hatte und deshalb der Ausnahmezustand verhängt worden war. Dennoch kam es mit Duldung der Polizei zur Bildung einer Menschenkette und zur Aufstellung tausender von Schuhen auf der "Place de la République", die symbolisch die Menschen repräsentierten, die am Protestmarsch gehindert wurden. In Belgien formierten sich ebenfalls etwa 4000 Demonstranten zu einer Menschenkette durch die Brüsseler Innenstadt, nachdem Großdemonstrationen aus Angst vor weiteren Terroranschlägen abgesagt worden waren.
Auf dem 21. UN-Klimagipfel in Paris soll ein neuer weltweiter Klimavertrag zustande kommen, der ab 2020 an die Stelle des 1997 ausgehandelten Kyoto-Protokolls tritt. Dabei sollen sich erstmals auch Schwellen- und Entwicklungsländer zur Reduzierung ihre Treibhausgas-Emissionen verpflichten. Das Kyoto-Protokoll, das 2012 um acht Jahre verlängert wurde, bindet dagegen nur die beteiligten Industriestaaten, die inzwischen für weniger als 15 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich sind.
Der Vorstandsvorsitzende des Versicherungskonzerns Allianz, Oliver Bäte, hat am 24. November den Rückzug seines Unternehmens aus Kohle-basierten Geschäftsmodellen angekündigt. Die Allianz werde nicht mehr in Unternehmen investieren, wenn sie mehr als 30 Prozent ihres Umsatzes durch den Abbau von Kohle oder mehr als 30 Prozent ihrer Energieerzeugung aus Kohle erzielen. Dies geschehe "mit Blick auf das 2-Grad-Ziel der Klimaverhandlungen in Paris und auf die ökonomischen Risiken", hieß es in einer Pressemitteilung, die lediglich aus zwei Sätzen bestand.
"Die Allianz steigt aus der Kohle aus", bekräftigte am selben Tag der Chefinvestor Andreas Gruber in der ZDF-Sendung Frontal 21. "Mit unserem Ausstieg aus der Kohle wollen wir ein klares Zeichen setzen, ein Zeichen an die Politik. Wir wollen die Verhandlungen auf dem Klimagipfel in Paris im Dezember unterstützen. Wir wollen aber auch ein Zeichen setzen an unsere Branche und an die Kapitalmärkte." Der Rückzug aus der Kohlewirtschaft werde in den nächsten sechs Monaten durch den Verkauf entsprechender Aktien stattfinden. Bei festverzinslichen Anlagen werde man keine Verkäufe tätigen, aber die bestehenden Investments auslaufen lassen.
Das Kohle-Desinvestment der Allianz hat einen Umfang von rund vier Milliarden Euro. In den Verantwortungsbereich des Chefinvestors Gruber fallen 630 Milliarden Euro. Insgesamt verwaltet die Allianz 2000 Milliarden Euro. Sie ist damit der weltweit größte Versicherer und fünfgrößter Investor.
Nach einer Umfrage, die von der Forschungsgruppe Wahlen im Auftrag des ZDF durchgeführt wurde, halten es 64 Prozent der Deutschen für wichtig, daß ihr Geld bei Banken und Versicherungen klimafreundlich angelegt wird.