August 2016

160804

ENERGIE-CHRONIK


Westeuropäische Gasunternehmen beteiligen sich nicht an Nord Stream 2 AG

Die russische Gazprom und die fünf westeuropäischen Gasunternehmen, die vor knapp einem Jahr ein Konsortium zum Bau einer zweiten Ostsee-Pipeline gegründet haben (150905), suchen nach neuen Wegen zur Verwirklichung ihres Projekts. Am 12. August teilten sie überraschend mit, daß sie ihre fusionsrechtliche Anmeldung bei der polnischen Wettbewerbsbehörde gemeinsam zurückgezogen hätten. In der nur aus drei Sätzen bestehenden gemeinsamen Pressemitteilung hieß es aber auch: "Alle Antragsteller vertreten die Ansicht, daß das Projekt für das europäische Energiesystem von entscheidender Bedeutung ist, und jeder von ihnen prüft alternative Ansätze, um zur Umsetzung beizutragen."

Nicht nur Polen stemmt sich gegen das Projekt

Die im Handelsregister des schweizerischen Kantons Zug eingetragene Nord Stream 2 AG bleibt demnach zumindest vorerst eine reine Gazprom-Gesellschaft, ohne daß 49 Prozent ihres Kapitals von den fünf Minderheitspartnern erworben werden. Unter anderem monierte die polnische Kartellbehörde, daß die geplante Zusammensetzung des Konsortiums die marktbeherrschende Stellung von Gazprom am polnischen Gasmarkt verstärken würde. Dieser Einwand läßt sich schlecht entkräften. In Deutschland sind die Anträge des Konsortiums dagegen schon Ende 2015 genehmigt worden, wobei sie das Bundeskartellamt binnen knapp drei Wochen geradezu durchgewunken hat.

Der anhaltende Widerstand, den Polen bei der wettbewerbsrechtlichen Genehmigung geleistet hat, war aber sicher nicht der einzige Grund für die Neuorientierung des Konsortiums. Auch Tschechien, Slowakei, Ungarn, Rumänien sowie die baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland lehnen die geplante Kapazitätsverdoppelung der Ostsee-Pipeline ab, weil sie die bisher durch die Ukraine und andere osteuropäische Staaten führenden Pipelines grundsätzlich entbehrlich machen würde. Neben politischen Risiken müssen sie zumindest den Verlust von Transitgebühren befürchten. Italien ist ebenfalls dagegen, weil es an einer durch das eigene Land führenden Ersatzlösung für das geplatzte "South Stream-Projekt interessiert ist. Im Mai dieses Jahres äußerte sich auch der zuständige EU-Kommissar Miguel Arias Canete besorgt werden möglicher Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit (160512).

 

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