Oktober 2012 |
121003 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die "Nord Stream AG" nahm am 8. Oktober den zweiten Strang der Gas-Pipeline durch die Ostsee in Betrieb, die seit knapp einem Jahr direkte Gaslieferungen von Rußland nach Deutschland ermöglicht (111101). Damit verdoppelt sich die Transportkapazität der Pipeline auf 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas jährlich. Die Gesamtkosten der nunmehr vollendeten Doppel-Pipeline werden mit 7,4 Milliarden Euro beziffert. Nord Stream erwägt weiterhin den Bau eines dritten oder sogar vierten Strangs (120509). Inzwischen ist allerdings ist fraglich, ob dafür überhaupt Bedarf besteht, da der erste Strang seit seiner Inbetriebnahme im November 2011 deutlich weniger als zur Hälfte ausgelastet war.
Die in der Schweiz angesiedelte Betreibergesellschaft Nord Stream gehört zu 51 Prozent dem russischen Staatskonzern Gazprom, zu jeweils 15,5 Prozent den deutschen Konzernen Wintershall (BASF) und E.ON und zu jeweils 9 Prozent der französischen GDF Suez und der niederländischen Gasunie. Die Anteilseigner begingen die Inbetriebnahme des zweiten Strangs mit einem Festakt an der russischen Verdichterstation Portowaja, die das Gas mit einem Druck von bis zu 220 Bar nach Lubmin an der deutschen Ostseeküste transportiert. Dabei ließen sie wissen, daß weiterhin an den Bau eines dritten oder vierten Strangs gedacht sei. Eine Machbarkeitsstudie habe bestätigt, daß dies technisch und finanziell sowie unter Berücksichtigung von Umweltaspekten und Genehmigungsprozeduren möglich sei. Die Studie gehe davon aus, daß langfristig auf dem europäischen Erdgasmarkt zusätzlicher Importbedarf bestehen wird. Es seien auch "verschiedene Routenalternativen" untersucht worden.
Anscheinend denken die Russen an eine Verlängerung der Leitung bis Großbritannien. Ihre Minderheitspartner sind aber nicht bereit, den Bau eines dritten oder gar vierten Strangs im Rahmen der bestehenden Pipeline-Gesellschaft zu finanzieren. Wie Nord Stream am 8. Oktober mitteilte, hat sich der Aktionärsausschuß darauf geeinigt, "daß die weitere Projektentwicklung im Rahmen einer neuen Gesellschaft geschehen soll, die im ersten Quartal 2013 gegründet werden soll". Zu diesem Zeitpunkt würden die bisherigen Anteilseigner der Nord Stream AG auch entscheiden, ob und wieweit sie sich an dem neuen Projekt beteiligen.
Wie die "Deutsche Welle" am 7. Oktober berichtete, flossen durch den ersten Strang der Pipeline in den ersten elf Monaten seit der Inbetriebnahme rund neun Milliarden Kubikmeter Gas. Damit war die Kapazität der Leitung im Durchschnitt nur zu dreißig bis vierzig Prozent ausgelastet. Nord Stream habe dies auf Anfrage bestätigt.