Dezember 2014

141202

ENERGIE-CHRONIK


BASF verzichtet auf Überlassung ihres Gashandelsgeschäfts an Gazprom

Die BASF verzichtet auf den Komplettverkauf ihres Gashandels- und Speichergeschäfts an den russischen Staatskonzern Gazprom, der vor zwei Jahren vereinbart wurde und in der Form eines Austauschs von Vermögenswerten stattfinden sollte (121101). Wie die Konzerntochter Wintershall am 18. Dezember mitteilte, haben sich BASF und Gazprom an diesem Tag darauf geeinigt, den geplanten Tausch nicht zu vollziehen. Der Grund dafür sei das "aktuell schwierige politische Umfeld".

Das vereinbarte Tauschgeschäft sah vor, daß der russische Staatskonzern die BASF-Tochter an der Erschließung von zwei weiteren Blöcken der Achimov-Formation des Erdgas- und Konsensatfeldes Urengoi in Westsibirien beteiligt. Als Gegenleistung hätte Wintershall der Gazprom alle Anteile am Gashandels- und Speichergeschäft überlassen, das bisher gemeinsam betrieben wird. Ferner wäre Gazprom mit fünfzig Prozent an der Wintershall Noordzee B.V. beteiligt worden, die in der Nordsee vor den Küsten der Niederlande, Großbritanniens und Dänemarks nach Erdöl und Erdgas sucht.

Verzögerung hatte durchaus mit der Ukraine-Krise zu tun

Der milliardenschwere Handel sollte bis Ende 2013 abgeschlossen sein. Dazu kam es aber nicht, obwohl am 4. Dezember 2013 auch die EU-Kommission ihre Zustimmung erteilte (131206). In ihrem Zwischenbericht für das erste Halbjahr 2014 begründete die BASF die Verzögerung mit dem "komplexen juristischen Entflechtungsprozeß, der die Gründung neuer Gesellschaften erfordert". Der Abschluß sei nunmehr im Herbst 2014 zu erwarten. Auf Nachfrage von Journalisten versicherte der Vorstandsvorsitzende Kurt Bock, daß die Verzögerung nichts mit der Ukraine-Krise zu tun habe. Der Konzern habe keinerlei politischen Druck verspürt (140706).

Offensichtlich geriet das Geschäft aber sehr wohl unter politischen Druck, nachdem der Kreml auf den Sturz seines Günstlings Janukowitsch in der Ukraine mit der Annektierung der Krim (140304) und der Entfesselung eines Bürgerkriegs im Osten des Landes (140903) reagiert hatte. Es ist zwar nicht anzunehmen, daß es einen solchen Druck seitens der Bundesregierung oder der EU-Kommission gab. Die Bundesregierung hatte noch am 7. November in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen sowohl diesen Tauschhandel als auch den Verkauf des Öl- und Gasförderers DEA an russische Oligarchen (141112) für unproblematisch gehalten. Die durch die Ukraine-Krise erzeugten politischen Spannungen und wirtschaftlichen Verwerfungen im Verhältnis zu Rußland haben aber mit Sicherheit zum dem "aktuell schwierigen politischen Umfeld" geführt, mit dem jetzt die Stornierung begründet wird. Das Tüpfelchen auf dem i könnte die überraschende Absage des South-Streams-Projekts gewesen sein, von der die BASF-Tochter Wintershall ebenso kalt erwischt wurde wie alle anderen Beteiligten (141201).

Außer 324 Millionen Euro Spesen nichts gewesen

Für die BASF entfällt mit dem Rücktritt ein für 2014 erwarteter "Sonderertrag aus der Devestition des Gashandels- und Gasspeichergeschäfts". Es scheint sich demnach nicht um ein reines Tauschgeschäft gehandelt zu haben. Außerdem muß sie die bisher angefallenen Transaktionskosten abschreiben. Das sind 113 Millionen für 2013 und 211 Millionen für 2014, insgesamt also 324 Millionen Euro. Nach Angaben des Vorstandsvorsitzenden Bock wird deshalb in diesem Jahr das operative Ergebnis des Konzerns voraussichtlich nur "leicht" steigen, während bisher ein "deutlicher Anstieg" erwartet worden sei.

Links (intern)