Dezember 2011

111201

ENERGIE-CHRONIK


 


Gazprom-Chef Alexej Miller (ganz links) und der Siemens-Vorstandsvorsitzende Peter Löscher (zweiter von rechts) bei der Vereinbarung ihrer strategischen Partnerschaft in der Moskauer Gazprom-Zentrale.
Pressefoto Gazprom

Siemens und Gazprom vereinbaren "strategische Partnerschaft"

Siemens hat mit dem russischen Staatsmonopolisten Gazprom eine "strategische Partnerschaft" vereinbart. Am 19. Dezember unterzeichneten die beiden Konzernchefs Peter Löscher und Alexej Miller in der Moskauer Gazprom-Zentrale ein entsprechendes Abkommen, das die Zusammenarbeit bei Gas, Strom und auf anderen Gebieten vorsieht. Wie schon bei dem Bündnis mit Rosatom vor vier Jahren (071112) kochte der deutsche Partner diese wichtige Vereinbarung mit einem russischen Unternehmen auf ganz kleiner Flamme: Siemens veröffentlichte die gemeinsame Presseerklärung nur auf seiner russischen Internet-Seite und nur in russisch. Gazprom publizierte sie dagegen an prominenter Stelle des eigenen Internet-Portals in russischer sowie englischer Sprache und bot dazu gleich mehrere Fotos an (siehe oben).

Kooperation geht weit über das Stammgeschäft mit Gas hinaus


Siemens fährt in Rußland mehrgleisig: Auch die russische Staatsbahn RZD ist ein wichtiger Geschäftspartner. Soeben hat sie für 600 Millionen Euro acht weitere Hochgeschwindigkeitszüge vom Typ "Sapsan" bestellt, der auf dem deutschen ICE basiert.
Pressefoto Siemens

Die strategische Partnerschaft erstreckt sich nach dieser Mitteilung auf neun Geschäftsbereiche. Drei davon betreffen das Stammgeschäft von Gazprom mit Gas. Neben der "Übertragung, Speicherung und Nutzung von Gas" sowie der "Förderung von Gas, Gaskondensaten und Öl" geht es auch um den Bereich "Flüssig-Erdgas (LNG)", zu dem die beiden Konzerne schon im Juni 2010 eine Vereinbarung getroffen haben (100605). Die übrigen sechs Kooperationen betreffen "Automatisierung und Meßtechnik", "Strom", "Innovative Entwicklung", "Automatisierte Kontroll-und Sicherheitssysteme für Gebäude und Strukturen", "Ökologie und Energieeinsparung" und "Medizintechnik".

Der lakonisch mit "Strom" umrissene Kooperationsbereich dürfte dabei der wichtigste sein, da der russische Gas-Monopolist schon seit einiger Zeit seinen Einstieg ins Kraftwerksgeschäft vorbereitet, wobei er die Unterstützung des Kraftwerksbauers und Netzausrüsters Siemens gut gebrauchen kann (111102). Bereits am 1. Dezember vereinbarte Siemens mit dem russischen Turbinenhersteller Power Machines die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens zum Bau von Gasturbinen in Russland.

Fukushima durchkreuzte das ursprüngliche Siemens-Konzept

Ursprünglich wollte der Siemens-Konzern mit russischer Hilfe wieder groß ins Geschäft mit Kernkraftwerken einsteigen, nachdem das zu diesem Zweck gegründete Gemeinschaftsunternehmen mit dem französischen Atomkonzern Areva aus seiner Sicht zu einer großen Enttäuschung geworden war (090104). Bei der Kontaktaufnahme mit dem russischen Atomkonzern Rosatom (090202) übersahen Siemens-Chef Löscher und seine Konzernjuristen jedoch das mit Areva vereinbarte Konkurrenzverbot, das auch nach der Kündigung des Gemeinschaftsunternehmens noch galt, was Siemens eine Vertragsstrafe von 648 Millionen Euro einbrachte (110510). Die Katastrophe von Fukushima (110301) und der politische Kurswechsel der Bundesregierung hin zum Atomausstieg (110601) durchkreuzten dann dieses Konzept endgültig. Im September 2011 ließ Löscher wissen, daß Siemens sich nicht mehr direkt am Bau von Kernkraftwerken oder an der Finanzierung nuklearer Projekt beteiligen werde. Auch die mit Rosatom vereinbarte Zusammenarbeit werde sich auf die Lieferung konventioneller Kraftwerksausrüstung beschränken (110908).

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