Dezember 2007

071209

ENERGIE-CHRONIK


E.ON beteiligt Gazprom an westeuropäischen Kraftwerken und Ergasspeichern

Als Gegenleistung für die Beteiligung am Erdgasfeld Juschno Russkoje (060703) muß E.ON dem russischen Staatsmonopolisten Gazprom bedeutende Geschäftsanteile am westeuropäischen Markt überlassen. Wie der Energiekonzern am 17. Dezember mitteilte, haben sich beide Seiten grundsätzlich über die in Frage kommenden Objekte geeinigt. Dazu gehörten Kraftwerke in verschiedenen west- und zentraleuropäischen Ländern sowie unterirdische Erdgasspeicher. Die genaue Bewertung dieser Aktiva stehe indessen noch aus. Deshalb habe diese Transaktion nicht bis zur Einweihung des neuen Erdgasfeldes am 18. Dezember abgeschlossen werden können.

Kreml benutzte BASF und E.ON als Türöffner zum westeuropäischen Markt

Schon im Juli 2004 hatten E.ON und Gazprom eine Absichtserklärung über die weitere Vertiefung ihrer Zusammenarbeit unterzeichnet, die auch die gemeinsame Ausbeutung von Juschno Russkoje umfaßte (040808). Der deutsche Energiekonzern verlor dann aber die Rolle des privilegierten Partners bei diesem Projekt, weil er sich der von Gazprom verlangten Beteiligung an E.ON Ruhrgas widersetzte. Stattdessen schloß Gazprom im April 2005 eine Vereinbarung mit dem Chemiekonzern BASF und dessen Gastochter Wintershall (050404), die ein Jahr später bindend gemacht wurde und der Gazprom mit Hilfe der BASF den Weg in den westeuropäischen Markt ebnete (060403). Mit E.ON verhandelte Gazprom unterdessen weiter über eine strategische Beteiligung an Tochterunternehmen als Gegenleistung für die Einbeziehung als Geschäftspartner bei der Ausbeutung des Erdgasfelds Juschno Russkoje (060313). Im Juli 2006 kam es zu einem Rahmenvertrag, in dem E.ON der Gazprom eine Beteiligung an den ungarischen Gas- und Stromtöchtern von E.ON sowie die Kooperation bei "ausgewählten Gaskraftwerksprojekten in Europa" zusicherte (060703). Allerdings blieben wichtige Einzelheiten des Geschäfts weiterhin offen. Die Verpflichtungen, die E.ON im Zusammenhang mit der Übernahme des russischen Kraftwerksbetreibers OKG-4 einging, gehören angeblich nicht dazu (070906). Mit der jetzt getroffenen Vereinbarung, die nach eineinhalb Jahren zäher Verhandlungen zustande kam, ist es Gazprom anscheinend gelungen, den Schwerpunkt der von E.ON zu erbringenden Gegenleistungen von den osteuropäischen Töchtern auf das westeuropäische Geschäft zu verlagern.

Förderbeginn mit Außenminister Steinmeier und Putin-Nachfolger Medwedew


Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (links) und der designierte Putin-Nachfolger Dimitri A. Medwedew legen gemeinsam Hand an, um dem Pakt zwischen Gazprom und BASF die höheren politischen Weihen zu verleihen.

Pressefoto Gazprom

Unterdessen nahmen Gazprom und BASF die russische Erdgaslagerstätte Juschno Russkoje offiziell in Betrieb: Mit einem symbolischen Knopfdruck in der Moskauer Gazprom-Zentrale starteten Gazprom-Chef Alexej B. Miller und der stellvertretende BASF-Vorstandsvorsitzende Eggert Voscherau am 18. Dezember die Förderung in Sibirien. Der deutsche Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und der Gazprom-Aufsichtsratsvorsitzende Dimitri A. Medwedew unterstrichen durch ihre Teilnahme an der Zeremonie den politischen Aspekt des Geschäfts. Medwedew ist auch Vize-Premier der Russischen Föderation. Kremlchef Putin hat ihn zu seinem Nachfolger ausersehen, da er selber aus verfassungsmäßigen Gründen das Präsidentenamt abgeben und sich mit dem Posten des Regierungschefs begnügen muß. Putin dürfte aber auch in seiner neuen Rolle der maßgebende Machthaber bleiben.

Moncrief will Gazprom durch die deutsche Justiz belangen lassen

Der US-Ölkonzern Moncrief Oil nahm die Aufnahme der Förderung in Juschno Russkoje zum Anlaß, um seinen Anspruch auf eine Beteiligung an diesem Gasfeld zu bekräftigen. Der Ölkonzern beruft sich auf ältere Abmachungen mit Gazprom, die der Staatsmonopolist durch das neue Bündnis mit der BASF und die Aufnahme von E.ON als Geschäftspartner gebrochen habe (060506). Da ihm ein Prozeß gegen Gazprom in Rußland von vornherein erfolglos erschien, hatte er zunächst die BASF-Tochter Wintershall wegen Vertragsbruchs verklagt, war damit aber im August 2007 vorm Landgericht Frankenthal gescheitert (070813). Inzwischen hat Moncrief seine Prozeßstrategie geändert: Die beim Landgericht Frankenthal eingelegte Berufung wurde zurückgenommen. Stattdessen ließ der US-Ölkonzern über seine deutsche Tochtergesellschaft beim Landgericht Berlin eine Klage gegen die Gazprom einreichen. In einer Pressemitteilung begründete er die angebliche Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit damit, daß "die Vereinbarungen zwischen Moncrief Oil International und Gazprom ganz wesentlich auch das Bestehen der deutschen Tochtergesellschaft Gazprom Germania GmbH in Berlin zur Grundlage hatten". Außerdem sei die Grundsatzvereinbarung mit der BASF, mit der sich Gazprom gegenüber Moncrief vertragsbrüchig gemacht habe, im April 2005 in Hannover unterzeichnet worden.

Links (intern)