Dezember 2012 |
121209 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die "Deutsche Energie-Agentur" (dena) sieht in der bisherigen "Anreizregulierung" ein Hindernis für den notwendigen Ausbau des Strom-Verteilnetzes. Am 11. Dezember präsentierte sie eine Studie, wonach die vorhandenen Leitungen bis 2030 in der Größenordnung von 135.000 bis 193.000 Kilometer ausgebaut und auf einer Länge von 21.000 bis zu 25.000 Kilometer umgebaut werden müßten. Bedarf an Aus- und Umbau bestehe vor allem bei Mittel- und Hochspannung. Insgesamt müßten dazu 27,5 bis 42,5 Milliarden Euro investiert werden. Derzeit gebe es aber keine ausreichenden Anreize zur Finanzierung des notwendigen Netzausbaus, weil die Verteilnetzbetreiber unter den bestehenden regulatorischen Bedingungen keine ausreichenden Renditen erwirtschaften könnten.
Ähnlich wie schon beim Übertragungsnetz, wo TenneT TSO sich außerstande erklärte, die finanziellen Mittel für den Netzausbau aufbringen zu können und lieber ein Bußgeld der Bundesnetzagentur riskiert (121105), wird damit die bisherige Regulierungspraxis nun auch auf der Verteilnetzebene in Frage gestellt. Diese Anreizregulierung wurde 2005 auf Drängen des Bundesrats in § 21a des Energiewirtschaftsgesetzes verankert (050301) und durch die seit November 2007 geltende Anreizregulierungsverordnung verbindlich geregelt (071103). Ihr Grundgedanke besteht darin, die bestehenden Effizienzunterschiede bei Strom- und Gasnetzbetreibern abzubauen, indem sich die zulässige Höhe der Netzentgelte für eine Gruppe vergleichbarer Unternehmen an den jeweils effizientesten Unternehmen dieser Gruppe orientiert. Wer darüber hinaus seine Kosten senkt, hat bis zum Ende der fünfjährigen Regulierungsperiode zusätzlichen Gewinn. So soll ein Anreiz bzw. Druck zur Optimierung der Netzkosten entstehen. Die erste Regulierungsperiode begann am 1. Januar 2009 (080710). Die zweite startet für Gas am 1. Januar 2013 und für Strom ein Jahr später (110906).
Die Anreizregulierung wurde von den Netzbetreibern schon immer abgelehnt (070505) und vor allem von den Stadtwerken als unzumutbare Belastung empfunden (080414). Auch Stromanbieter und Verbraucher übten Kritik an der oft "undurchsichtigen Regulierungspraxis" der Bundesnetzagentur (090915). Bemerkenswert ist jedoch, daß die jetzige Kritik von einer Einrichtung kommt, die hauptsächlich von der Bundesregierung getragen wird und schon öfter als Bauchredner des Bundeswirtschaftsministeriums aufgetreten ist (080308). Der Vorstoß der Dena kann damit als Signal gewertet werden, daß die Bundesregierung dem Verlangen der Netzbetreiber nachgeben und höhere Netzrenditen gewähren möchte.
Das Ergebnis der Dena-Studie entspricht insgesamt sicher nicht ganz zufällig den Wünschen der Netzbetreiber, denn die "Festlegung der zentralen Eingangsdaten der Studienuntersuchung" sowie die "Abnahme des Endberichts" oblag einer Projektsteuergruppe, der als stimmberechtigte Mitglieder folgende Unternehmen angehörten: EnBW Regional AG, E.ON Bayern AG, E.ON Edis AG, E.ON Netz GmbH, ESWE Netz GmbH, EWE NETZ GmbH, LEW Verteilnetz GmbH, Mitteldeutsche Netzgesellschaft Strom GmbH, N-ERGIE Netz GmbH, Netzgesellschaft mbH Chemnitz, NRM Netzdienste Rhein-Main GmbH, Rheinische NETZGesellschaft GmbH, Rhein-Ruhr Verteilnetz GmbH, Städtische Werke Magdeburg GmbH & Co. KG, Thüga AG, Vattenfall Europe Distribution Berlin GmbH, WEMAG Netz GmbH.
Die Dena wurde vor 12 Jahren vom Bundeswirtschaftsministerium gemeinsam mit der bundeseigenen KfW-Bank gegründet (001011). Mittlerweile ist neben Bundesregierung und KfW die Finanz- und Versicherungswirtschaft mit 24 Prozent an der Dena GmbH beteiligt, die 2010 mit 157 Mitarbeitern einen Umsatz von 20,6 Millionen Euro erwirtschaftete. Als "leistungs- und gewinnorientierte Gesellschaft", wie es in ihrer Selbstdarstellung heißt, bezog die Dena in den Jahren 2005 bis 2010 ihre Einnahmen "im Durchschnitt zu 50 Prozent aus Zuwendungen der öffentlichen Hand und zu 50 Prozent aus Kooperationen mit privaten Partnern".