November 2011

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ENERGIE-CHRONIK


 

 

Ein großes Rad dreht hier die versammelte politische Prominenz, um die Ostsee- Pipeline "Nord-Stream" symbolisch in Betrieb zu nehmen. Die Begeisterung über die neue Leitung ist jedoch keineswegs so einhellig, wie das Bild suggeriert. In der vorderen Reihe posieren der französische Premier François Fillon, Bundeskanzlerin Angela Merkel, der niederländische Premier Mark Rutte, der russische Präsident Dmitrij Medwedew, der EU-Energiekommissar Günther Oettinger und der Schweriner Ministerpräsident Erwin Sellering. Dahinter assistieren E.ON-Chef Johannes Teyssen, Gazprom-Chef Alexei Miller und der BASF-Vorstandsvorsitzende Kurt Bock (jeweils von links nach rechts). Mit dabei, aber nicht im Bild, ist Gasunie-Chef Paul van Gelder.

Foto: Nord-Stream

Ostsee-Pipeline "Nord-Stream" offiziell in Betrieb genommen

Eineinhalb Jahre nach Baubeginn (100405) wurde am 8. November die Ostsee- Pipeline "Nord-Stream" offiziell in Betrieb genommen. Der 1.224 Kilometer lange Strang kann jährlich rund 27,5 Milliarden Kubikmeter Gas von Rußland nach Deutschland transportieren. Ein zweiter Strang, der die Kapazität verdoppelt, befindet sich seit Mai 2011 in Bau und soll bis Ende nächsten Jahres fertig sein. Eigentümer und Betreiber der Pipeline ist die Nord Stream AG (früher NEGP) mit Sitz in der "Steueroase" Zug in der Schweiz. Die Nord Stream AG gehört mehrheitlich dem russischen Staatskonzern Gazprom. Miteigentümer sind die deutschen Energiekonzerne E.ON und BASF/Wintershall mit jeweils 15,5 Prozent sowie die niederländische Gasunie und der französische Energiekonzern GDF Suez mit jeweils 9 Prozent.

Das Projekt wurde seit den neunziger Jahren von Gazprom betrieben, um die osteuropäischen Gas-Transitländer besser unter Druck setzen zu können und die eigene Machtposition für den Direkteinstieg in die westeuropäische Energiewirtschaft zu verbessern. Westliche Energiekonzerne hatten kein oder zunächst nur geringes Interesse an der Leitung. Ein erstes Gemeinschaftsunternehmen mit finnischen Partnern scheiterte 2005 endgültig. Daraufhin gelang es der Gazprom jedoch, die deutschen Konzerne BASF und E.ON mit ins Boot zu holen, indem sie beide gegeneinander ausspielte und an der Ausbeutung neuer Erdgasfelder in Rußland beteiligte. Später kamen auch noch Gasunie und GDF Suez hinzu (siehe Hintergrund).

Die Kosten des gesamten Projekts werden vorläufig mit 7,4 Milliarden Euro beziffert. Davon tragen die Anteilseigner der Nord Stream AG insgesamt 30 Prozent. Die restlichen 70 Prozent bzw. 5,2 Milliarden Euro werden durch Kreditaufnahmen finanziert. Für mehr als die Hälfte dieser Summe bürgt die Bundesregierung, die im Dezember 2009 zwei entsprechende Kreditgarantien in Höhe von 2,8 Milliarden Euro bewilligte (091205) .

Die Ostsee-Pipeline verläuft von Wyborg am Ende des finnischen Meerbusens nach Lubmin in der Nähe von Greifswald. Der Anlandepunkt befindet sich auf dem Gelände des früheren DDR-Kernkraftwerks Lubmin. Hier haben sich mehrere Energiekonzerne bereits Grundstücke gesichert, um eventuell Gaskraftwerke zu errichten und von der vorhandenen Anbindung an das Hochspannungsnetz zu profitieren (091207). Den Weitertransport von Lubmin aus besorgen zwei neue Gasfernleitungen: Nach Süden die OPAL (090306) und nach Westen die NEL (100603).

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