Dezember 2009 |
091207 |
ENERGIE-CHRONIK |
Auf diesem Gelände wollte Dong zwei Steinkohle-Blöcke mit einer Leistung von jeweils 800 MW errichten. Hinten sieht man das ehemalige Kernkraftwerk aus DDR-Zeiten. Fotos(2): Leuschner
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Der Aufsichtsrat des staatlichen dänischen Energiekonzerns Dong Energy beschloß am 11. Dezember, die Pläne zur Errichtung eines Steinkohlekraftwerks bei Lubmin nicht weiter zu verfolgen. Er begründete dies mit mangelnder Unterstützung des Projekts durch die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern. Diese besteht seit Oktober 2008 aus einer SPD/CDU-Koalition unter Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD). Zuvor hatte zehn Jahre lang Harald Ringstorff (SPD) zusammen mit der PDS regiert. Landwirtschafts- und Umweltminister Till Backhaus (SPD) bezweifelte indessen, daß die Entscheidung aufgrund der politischen Diskussion und wegen der Verzögerungen bei den Genehmigungen erfolgt sei. Vermutlich habe der Rückzug von Dong eher unternehmerische Gründe. "Es ist die freie Entscheidung von Dong Energy, sich aus dem Kraftwerksprojekt zurückzuziehen", betonte auch Ministerpräsident Sellering.
In der Tat spricht vieles dafür, daß es andere Gründe waren, die Dong zum Ausstieg aus dem 2,3-Milliarden-Projekt veranlaßt haben. So kündigte der Konzern vor kurzem in Dänemark den Abbau von Kraftwerkskapazitäten und Personal an. Bis April 2010 will er zwei Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von 980 MW stillegen. Das sind 18 Prozent seiner thermischen Kapazitäten und 14 Prozent seiner gesamten Kraftwerksleistung. Zudem werden 275 Arbeitsplätze beseitigt. Von Bedeutung ist ferner in diesem Zusammenhang, daß Dong am 1. Oktober mit der russischen Gazprom einen neuen Liefervertrag geschlossen hat. Er verdoppelt ab 2012 die russischen Gaslieferungen an Dong für 18 Jahre und ist an die Inbetriebnahme der neuen Pipeline durch die Ostsee gekoppelt, die bei Lubmin anlandet. Im Gegenzug hat die Regierung in Kopenhagen der Verlegung der Pipeline durch die dänischen Hoheitsgewässer zugestimmt (091102). Soweit Dong die zusätzlichen Gasmengen zu verstromen gedenkt, wäre dies am Standort Lubmin möglicherweise sinnvoller als in Dänemark.
Trotz des angekündigten Verzichts von Dong will die die Projektgesellschaft Dong Energy Kraftwerke Greifswald & Co. KG (DKG) ihre Anträge zum Bau des Steinkohlekraftwerks vorerst nicht zurückziehen. Zunächst würden gemeinsam mit Dong noch andere Lösungsmöglichkeiten geprüft, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung, die von den Projektleitern Peter Gedbjerg und Albert Uwe Schön am 18. Dezember veröffentlicht wurde. Der dänische Staatskonzern hält 74,9 Prozent an der Projektgesellschaft. 25,1 Prozent liegen bei der WV Energie AG Frankfurt/Main, an der neben der Wintershall AG mehrere kommunale Versorgungsunternehmen beteiligt sind, darunter Stadtwerke in Berlin und München.
Unabhängig davon, ob Dong sich tatsächlich zurückzieht, bleibt das Gelände des ehemaligen DDR-Kernkraftwerks bei Greifswald ein wichtiger Kraftwerksstandort (siehe Nutzungsplan). Zum einen verfügt das riesige Gelände schon seit DDR-Zeiten über eine leistungsfähige Anbindung ans Übertragungsnetz. Zum anderen eignet es sich als Endpunkt der Ostsee-Pipeline in idealer Weise für den Betrieb von Gaskraftwerken. Sowohl E.ON und Gazprom als auch die EnBW planen bereits solche Anlagen auf Grundstücken, die in ihrem Besitz sind (080303). Vattenfall hat sich ebenfalls ein Grundstück gesichert.
Reaktor 6 des ehemaligen KKW Greifswald blieb unverstrahlt. Wer es schafft, sich durch eine enge Luke zu zwängen, kann ihn deshalb gefahrlos von innen besichtigen. |
Das Kernkraftwerk Lubmin wurde in den Jahren 1968 bis 1979 errichtet und deckte gut zehn Prozent des Strombedarfs der DDR. Außerdem versorgte es die benachbarte Stadt Greifswald mit Fernwärme. Der erste von vier Blöcken des Typs WWER-440/230 mit je 408 MW ging 1973 in Betrieb. In den achtziger Jahren wurden vier weitere Blöcke des Typs WWER-440/213 mit derselben Leistung in Angriff genommen. Block 5 befand sich von März bis November 1989 im Probebetrieb. Der sechste Reaktor wurde ebenfalls fertig, blieb aber unverstrahlt und kann deshalb heute besichtigt werden.
Mit dem Ende der DDR kam 1990 auch das Ende für alle vier in Betrieb befindlichen Reaktoren sowie die Fortführung der Arbeiten an den Blöcken 6 bis 8. Ebenfalls eingestellt wurden die Arbeiten an einem dritten Kernkraftwerk, das die DDR bei Stendal errichten wollte. Aus dem "Kombinat Kernkraftwerke Bruno Leuschner", das dem Ministerium für Kohle und Energie unterstand, wurden nun die Energie Werke Nord (EWN). Sie erzeugen nicht etwa Energie, wie der Name vermuten lassen könnte, sondern befassen sich mit der Entsorgung und Vermarktung des riesigen Komplexes bei Lubmin. Alleiniger Gesellschafter der EWN ist seit dem Jahr 2000 das Bundesfinanzministerium. Über eine 1994 gegründete Tochtergesellschaft betreiben sie das Zwischenlager Nord. Dort landet auch der radioaktive Schrott aus dem ersten DDR-Kernkraftwerk Rheinsberg, das vor allem als Pilotprojekt und Ausbildungsstätte diente. Über zwei weitere Töchter, die 2003 und 2006 gegründet wurden, entsorgen die EWN außerdem die radioaktiven Hinterlassenschaften des Atomversuchsreaktors Jülich (AVR) und der Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe (WAK).
Bereits im Jahr 2003 war das Reaktordruckgefäß aus Block 5, das wegen seiner kurzen Betriebszeit nur gering radioaktiv war, demontiert und ins Zwischenlager transportiert worden. 2007 folgten die Reaktorbehälter aus den Blöcken 1 und 2. Der letzte radioaktiv verstrahlte Reaktor aus dem stillgelegten Kernkraftwerk wurde im September 2009 ins Zwischenlager verbracht. Nach Angaben der EWN sind inzwischen 85 Prozent der Demontagearbeiten abgeschlossen. Der "Rückbau" kostet insgesamt 3,2 Milliarden Euro und soll 2012 beendet sein.
Die Nutzung der Kernenergie in der DDR begann 1956 mit dem Bau eines kleinen Forschungsreaktors in Dresden-Rossendorf. Man ging davon aus, daß die Kernenergie um zwanzig Prozent billiger käme als der Strom aus Braunkohle, und daß sie sich auch zur Auskoppelung von Fernwärme und für reine Heizkraftwerke verwenden lassen würde. 1962 folgte der Bau des Forschungs- und Versuchskraftwerks Rheinsberg, das seine bescheidene Leistung von 70 MW ab 1966 ins Netz einspeiste. Eine ganz andere Größe hatte demgegenüber das Kernkraftwerk Lubmin, dessen Leistung von 1760 Megawatt bis in die neunziger Jahre verdoppelt werden sollte. Ihr jüngstes und mit geplanten 4000 Megawatt größtes Kernkraftwerk baute die DDR bei Stendal (Sachsen-Anhalt). Es sollte wie die zusätzlichen Blöcke in Lubmin in den neunziger Jahren schrittweise ans Netz gehen, wozu es dann aber wegen der "Wende" in beiden Fällen nicht mehr kam.
Bisheriger Nutzungsplan für den Energie- und Industriestandort in der Lubminer Heide
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(1) Informationszentrum EWN GmbH 17509 Rubenow Latzower Straße 1 Tel.: 038354 4 8029 |
(10) Industriehafen Lubmin des Zweckverbandes “Energie- und Technologiestandort Freesendorf” 17509 Lubmin Waldheide 1 |
(18) DONG Energy Kraftwerke Greifswald GmbH & Co. KG 17509 Rubenow Latzower Straße 1 |
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(2) Betriebsrestaurant | (11) Jachthafen mit Winterlager 17509 Rubenow Latzower Straße 1 |
(18a) DONG Energy Kraftwerke Greifswald GmbH & Co. KG 17509 Rubenow Latzower Straße 1 Baustelleneinrichtungsfläche |
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(3) Verwaltungsgebäude I der EWN GmbH Sitz der Geschäftsführung und der Projektleitung |
(12) Dienststelle der Bundespolizei 17509 Lubmin Am Hafen 1 Pächter des Grundstückes |
(19) WINGAS/E.ON Gasanlandestation Nord Stream pipeline (Ostseepipeline) |
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(4) IRB ISO-Rüst-Bau GmbH 17509 Lubmin Südring 1 Grundstückseigentümer |
(13) E.ON/Gazprom GuD-Kraftwerk Grundstückseigentümer |
(20) BP Solar 22761 Hamburg Max-Born-Straße 2 Pächter des Grundstückes |
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(5) Premicon Biodiesel GmbH & Co. Lubmin
KG 17509 Lubmin Südring 4 Grundstückseigentümer |
(14) EnBW Kraftwerke AG 70173 Stuttgart Lautenschlagerstraße 20 Grundstückseigentümer |
(21) WeserWind GmbH Offshore Constr?uction Georgsmarienhütte Am Lunedeich 158 27572 Bremerhaven Pächter des Grundstückes |
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(6) Holcim Beton und Zuschlagstoffe GmbH Region MV 18198 Stäbelow Mühlenweg 14 |
(15) Lubminer Korrosionsschutz GmbH 17509 Rubenow Latzower Straße 1 Pächter des Grundstückes |
(22) Liebherr-MCCtec Rostock GmbH 18147 Rostock Liebherrstraße 1 Pächter des Grundstückes |
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(7) Verwaltungsgebäude II der EWN GmbH Büros verschiedener Firmen |
(16) Modul- und Anlagenbau Lubmin GmbH (MAB) 17509 Rubenow Latzower Straße 1 Pächter des Grundstückes |
(23) RIS Industrie- und Kraftwerksservice GmbH & Co. KG Südring 2 17509 Lubmin Grundstückseigentümer |
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(8) Neue Kläranlage Zweckverbandes Wasser/Abwasser “Boddenküste” 17498 Diedrichshagen Kastanienweg 2 |
(16a) Erndtebrücker Eisenwerke (EEW) Special Pipe Construction GmbH 18147 Rostock Ost-West-Straße 12 Untermieter MAB |
(24) Prehn Bauprojektmanagement GmbH 17509 Lubmin Lindenstraße 12 Grundstückseigentümer |
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(9) Ansiedlung verschiedener Firmen mit geringem Flächenbedarf |
(17) DONG Energy Kraftwerke Greifswald GmbH & Co. KG Industrie mit hohem Energiebedarf im Gewerbegebiet / Industriegebiet |
(25) Vattenfall Europe Transmission GmbH Eichenstraße 3A 12435 Berlin Grundstückseigentümer |