Dezember 2009

091205

ENERGIE-CHRONIK


 


Teure Röhren: Die voraussichtlichen Gesamtkosten der Ostsee-Pipeline belaufen sich auf 7,4 Milliarden Euro. Die Röhren, die auf diesem Stapelplatz bei Mukran zu sehen sind, werden vor der Verlegung noch mit Beton ummantelt.
Pressefoto Nord Stream

Bundesregierung bewilligte neue Milliarden-Bürgschaften für Gazprom

Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat der Gazprom-Tochter Nord Stream zwei Bürgschaften zur Finanzierung der Ostsee-Pipeline bewilligt, die sich auf insgesamt 2,8 Milliarden Euro belaufen. Das ist ungefähr die dreifache Summe jener umstrittenen Bürgschaft, die die rot-grüne Bundesregierung im Oktober 2005 für denselben Zweck bewilligte (060406), dann aber wegen des politischen Wirbels um die dubiose Rolle des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) von Gazprom nicht in Anspruch genommen worden war (070113).

Schröders Regierung, die nach den Bundestagswahlen nur noch geschäftsführend im Amt war, hatte die Kreditgarantie für Gazprom vier Tage vor der Amtsübergabe an das Kabinett der Großen Koalition bewilligt. Unmittelbar danach verdingte sich Schröder bei Gazprom als Vorsitzender des Aufsichtsrats der Ostsee-Pipeline-Gesellschaft (051202). Er bestritt aber stets einen Zusammenhang zwischen der Garantiezusage und seinem neuen Posten. Angeblich wußte er nicht einmal von der Bürgschaft. Der Staatssekretär Caio Koch-Weser, der die Kreditgarantie für das Finanzministerium genehmigte, wechselte drei Monate später als Berater zur Deutschen Bank, die den Milliarden-Kredit für Gazprom zur Hälfte bereitstellen sollte.

Auch Westerwelle läßt jetzt "deutsche Steuerzahler für einen russischen Staatskonzern geradestehen"

Besonders pikant ist, daß die neuen Bürgschaften auch die Zustimmung der ressortmäßig involvierten FDP-Minister Westerwelle (Äußeres), Brüderle (Wirtschaft) und Niebel (Entwicklung) fanden. Der jetzige Bundesaußenminister Guido Westerwelle hatte seinerzeit als Vorsitzender der oppositionellen FDP die Bewilligung der ersten Bürgschaft scharf kritisierte: "Das ist eine regelrechte Selbstbedienungsaffäre", sagte Westerwelle damals laut "Frankfurter Allgemeine" (3.4.06). Er frage sich, "warum der deutsche Steuerzahler für einen russischen Staatskonzern geradestehen soll".

Immerhin wurde die Kreditgarantie dieses Mal wenigstens publik. Die erste Bürgschaft, die knapp unter eine Milliarde Euro lag, war erst ein halbes Jahr später bekannt geworden, und dies auch nur deshalb, weil in einer gerichtlichen Auseinandersetzung Schröders mit Westerwelle ein entsprechender Aktenvermerk auftauchte. Über die beiden neuen Bürgschaften mußte dagegen nach § 3 Abs. 8 des Haushaltsgesetzes 2009 der Haushaltsausschuß des Bundestags informiert werden. Dies geschah in der Sitzung am 16. Dezember, in der die beiden Bürgschaften unter insgesamt 29 Punkten auf der Tagesordnung des Ausschusses standen, der nicht öffentlich tagte. Die genaue Summe und der Zweck der Exportkreditgarantien waren der Tagesordnung nicht zu entnehmen. Anscheinend hielten es aber Mitglieder des Ausschusses für angebracht, die Öffentlichkeit darüber zu informieren. Am 18. Dezember erschienen in den Medien erste Berichte.

Nach § 3 des Haushaltsgesetzes 2009 ist das Finanzministerium ermächtigt, Bürgschaften, Garantien oder sonstige Gewährleistungen bis zur Höhe von insgesamt 345.045.000.000 Euro zu übernehmen, davon bis zu 40 Milliarden Euro für "Kredite an ausländische Schuldner zur Finanzierung förderungswürdiger Vorhaben". Wenn die Garantiesumme eine Milliarde Euro übersteigt, ist nach § 3 Abs. 8 "der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestags zu unterrichten, sofern nicht aus zwingenden Gründen eine Ausnahme geboten ist".

Die Gazprom-Tochter Nord Stream (früher NEGP) hat ihren Sitz in der "Steueroase" Zug in der Schweiz. Miteigentümer sind die Energiekonzerne E.ON und BASF/Wintershall mit jeweils 20 Prozent sowie die niederländische Gasunie mit 9 Prozent. Demnächst soll noch der französische Energiekonzern GDF Suez als vierter Minderheitsgesellschafter hinzukommen (091102).

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