April 2010 |
100405 |
ENERGIE-CHRONIK |
Man hat sich arrangiert: Am Festakt zur Eröffnung der Bauarbeiten
an der Ostsee-Pipeline nahm auch der neue EU-Energiekommissar Günther Oettinger
teil. Neben ihm (ganz links) repräsentiert Staatssekretär Bernd Pfaffenbach
vom Bundeswirtschaftsministerium die 2,8-Milliarden-Bürgschaft der Bundesregierung
für das Projekt. Rechts von Oettinger sieht man Gazprom-Chef Alexey Miller, den
russischen Präsidenten Dimitri Medwedew, den Nord-Stream-Aufsichtsratsvorsitzenden
Gerhard Schröder und Nord-Stream-Geschäftsführer Matthias Warnig.
Pressefotos (2): Nord Stream
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Die Nord Stream AG begann im April mit der Verlegung der 1200 Kilometer langen Gaspipeline durch die Ostsee, die ab 2012 jährlich 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas von Russland nach Westeuropa transportieren soll. Das Unternehmen, das ursprünglich "North European Gas Pipeline Company" (NEGP) hieß, gehört zu 51 Prozent dem russischen Staatskonzern Gazprom (050902). Als Partner der Gazprom-Tochter fungieren die deutschen Energiekonzerne E.ON und BASF/Wintershall mit jeweils 20 Prozent sowie die niederländische Gasunie mit 9 Prozent. Bereits beschlossen ist außerdem der Beitritt des französischen Energiekonzerns GDF Suez als vierter Minderheitsgesellschafter (091102).
Zwei deutsche Leistungsträger auf der Gehaltsliste von Gazprom: Gerhard Schröder hatte sich schon als Bundeskanzler für das Projekt eingesetzt, bevor er Aufsichtsratsvorsitzender der Nord Stream wurde. Geschäftsführer Matthias Warnig war früher in der DDR-Handelsmission in Düsseldorf tätig und soll für seine damaligen Verdienste von Stasi-Chef Mielke einen Orden erhalten haben. |
Am 9. April fand in der Bucht von Portovaya in Rußland ein Festakt zur Eröffnung der Bauarbeiten statt, an dem sich neben Vertretern der Anteilseigner auch der russische Präsident Dmitri Medwedew und EU-Energiekommissar Günther Oettinger beteiligten. Mit dem symbolischen Zusammenschweißen von zwei Pipelinerohren sollte laut Nord Stream "insbesondere die neue Verbindung zwischen Rußland und der Europäischen Union betont" werden. Zeitweilig harsche Stimmen aus der EU gegenüber dem russisch dominierten Projekt (090102) sind inzwischen verstummt. Stattdessen gilt die Sprachregelung, daß alle Pipeline-Projekte als Beitrag zur Diversifizierung der europäischen Energieversorgung zu sehen seien (090402). Laut EU-Energiekommissar Günther Oettinger ist Nord Stream "für die Europäische Union ein Schlüsselprojekt", das andere Pipelines sinnvoll ergänze. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte in einer Videobotschaft: "Unser gemeinsames Ziel ist eine langfristig angelegte, gleichberechtigte Energie-Partnerschaft."
Die Gesamtkosten des Projekts werden weiterhin mit 7,4 Milliarden Euro angegeben. Am 15. April widersprach Nord Stream anderslautenden Berichten, wonach die Kosten auf 8,8 Milliarden gestiegen seien. Allerdings kämen noch weitere Aufwendungen für die Finanzierung des Projekts hinzu, die aber "üblicherweise getrennt von den Projektkosten betrachtet" würden. Nach Angaben von Nord Stream bestreiten die Anteilseigner nur etwa 30 Prozent der Investitionskosten. 70 Prozent würden von Banken und Exportkreditagenturen finanziert. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat der Gazprom-Tochter Ende 2009 zwei Bürgschaften in Höhe von insgesamt 2,8 Milliarden Euro spendiert (091205).
Nord Stream hat Aufträge für die technische Planung sowie die Verlegung der Pipeline an Unternehmen in Deutschland, Rußland, Frankreich, Italien und anderen europäischen Ländern vergeben. Die Mülheimer Firma Europipe wird für 1,2 Milliarden Euro 75 Prozent der 12 Meter langen Rohre für den ersten Pipelinestrang produzieren, beschichten und liefern. Das restliche Viertel der Rohre liefert der russische Stahlhersteller OMK. Das italienische Unternehmen Saipem verlegt die Pipeline. Das französische Unternehmen Eupec ist verantwortlich für die logistischen Prozesse, den Bau und Betrieb der speziellen Betonummantelungswerke sowie für den Transport der ummantelten Rohre zu den Verlegeschiffen.