Mai 2008

080503

ENERGIE-CHRONIK


Industrieausschuß für eigentumsmäßige Entflechtung der Transportnetze

Im Europäischen Parlament zeichnet sich eine Mehrheit für den Vorschlag der EU-Kommission ab, die Transportnetze für Strom und Gas eigentumsrechtlich zu entflechten. Am 6. Mai billigte der Industrieausschuß des Parlaments eine entsprechende Empfehlung seiner Berichterstatterin Eluned Morgan. Zugleich verwarf er zwei Alternativvorschläge. Zum einen handelt es sich dabei um das Konzept eines "dritten Wegs", für das sich neben Deutschland und Frankreich sechs weitere EU-Staaten eingesetzt hatten und das lediglich die rechtliche Trennung zwischen Erzeugung und Vertrieb etwas verbessern würde (080201). Zum anderen lehnte der Ausschuß auch das Konzept eines "Independant System Operator" (ISO) ab, das die Kommission von Anfang an als Kompromiß und Lösung zweiter Wahl in die Diskussion eingeführt hatte (070101). Nach Ansicht des Industrieausschusses wäre das ISO-System zu kostspielig und bürokratisch. Das EU-Parlament wird voraussichtlich im Juni über diesen und andere Bestandteile des Energiepakets abstimmen, das die Kommission im September 2007 vorlegte (070901).

EU-Kommission verstärkt den Druck auf RWE und Gaz de France

Nachdem E.ON bereits in den Verkauf seines Transportnetzes eingewilligt hat, wenn im Gegenzug die kartellrechtlichen Ermittlungen wegen Marktabsprachen eingestellt werden (080201), sehen sich nun auch RWE und Gaz de France verschärftem Druck aus Brüssel ausgesetzt. Am 28. Mai bestätigte die EU-Kommission, daß sie mit dem RWE-Konzern über das kartellrechtliche Verfahren verhandele, das nach der Durchsuchung von Gaskonzernen in fünf Ländern (060503) im Mai 2007 förmlich eröffnet worden war. Offenbar geht es bei den Gesprächen um einen ähnlichen Handel, wie er mit E.ON vereinbart wurde.

Am 22. Mai hatte die EU-Kommission die Einleitung eines weiteren Kartellverfahrens gegen Gaz de France (GDF) mitgeteilt. Wie im bereits laufenden Verfahren gegen GDF wegen Marktabsprachen mit E.ON (070710) stützt sie sich dabei auf die Ergebnisse der Durchsuchungsaktion im Mai 2006 (060503). Die mögliche Rechtsverletzung bestehe "in einem Verhalten, das den Wettbewerb auf den nachgelagerten Erdgasmärkten in Frankreich verhindern oder beeinträchtigen könnte, insbesondere durch die Kombination einer langfristigen Reservierung der Transportkapazitäten mit einem Netz von Importvereinbarungen sowie aufgrund mangelnder Investitionen in die Kapazitäten der Importinfrastruktur".

Piebalgs hält Netzgesellschaft grundsätzlich für akzeptablen Weg

Die Einbringung sämtlicher Transportnetze in eine bundesweite Stromnetzgesellschaft, wie dies E.ON-Chef Wulf Bernotat vorgeschlagen hat (080305), würde von der EU-Kommission grundsätzlich akzeptiert. "Die Gründung einer deutschen Netzgesellschaft ist prinzipiell ein akzeptabler Weg, um unsere Auflagen zu erfüllen", sagte EU-Energiekommissar Andris Piebalgs der "Süddeutschen Zeitung" (28.5.). Allerdings komme es auf die Details an. Keiner der Eigentümer dürfe "dominierenden Einfluß auf die Gesellschaft" haben.

EU-Kommission prüft jetzt Verpflichtungszusage von E.ON

Der E.ON-Konzern hat Ende Mai die Verpflichtungzusage, die er im Februar überraschend ankündigte, bei der EU-Kommission eingereicht. Falls die Kommission die derzeit laufenden Kartellverfahren einstellt, will er sein gesamtes Stromtransportnetz, das sich mit einer Länge von insgesamt 10.000 Kilometern von der dänischen bis zur österreichischen Grenze erstreckt, an einen Betreiber verkaufen, der nicht im Bereich der Stromerzeugung oder -versorgung tätig ist. Ferner will er eine Kraftwerksleistung von 4800 MW abgeben (080201).

Die EU-Kommission wird die Verpflichtungszusage nun prüfen und einem Markttest unterziehen. Dabei werden verschiedene europäische Marktteilnehmer hinsichtlich der Wettbewerbseffekte der von E.ON gemachten Zusagen befragt. Danach entscheidet die Kommission voraussichtlich noch in diesem Jahr über eine Einstellung der derzeit laufenden Kartellverfahren gegen E.ON. Falls der Handel zustande kommt, müßte E.ON das Transportnetz binnen zwei Jahren verkaufen. Für die Abgabe der Erzeugungskapazitäten hätte der Konzern eine Frist von sechs Monaten, die erforderlichenfalls auf ein Jahr verlängert werden kann.

Tauschhandel mit Statkraft wird auf Kraftwerkskapazitäten angerechnet

Wie E.ON am 14. Mai weiter mitteilte, wird sich die abzugebende Kraftwerksleistung von 4800 MW aus dem Verkauf von Strombezugsrechten und Kraftwerken bzw. Kraftwerksbeteiligungen zusammensetzen. Die Kommission sei bereit, dabei auch solche Kraftwerkskapazitäten zu berücksichtigen, die E.ON gemäß einer im Oktober 2007 unterzeichneten Absichtserklärung der norwegischen Statkraft als Gegenleistung für die komplette Übernahme von E.ON Sverige (früher Sydkraft) zu überlassen gedenkt (071010).

Im Kernenergiebereich ist E.ON bereit, Strombezugsrechte von insgesamt 1.500 Megawatt aus den Minderheitsbeteiligungen an den Kraftwerken Gundremmingen und Krümmel sowie zu einem kleinen Teil aus dem Kernkraftwerk Unterweser abzugeben. Das Eigentum an den entsprechenden Beteiligungen und am Kernkraftwerk Unterweser verbleibt jedoch bei E.ON.

Gut 1.700 Megawatt der abzugebenden Erzeugungskapazitäten entfallen auf Steinkohlekraftwerke. E.ON will sich hier von den Kraftwerken Farge und Zolling trennen sowie von den Beteiligungen an den Kraftwerken Rostock, Mehrum, Veltheim und Bexbach. Weiterhin will der Konzern insgesamt rund 600 Megawatt Erzeugungskapazität aus Braunkohle abgeben, die aus der Beteiligung am Braunkohlekraftwerk Lippendorf und einem anteiligen Bezugsrecht am Kraftwerk Buschhaus bestehen.

Bei Gaskraftwerken sind keine Abgaben vorgesehen, die über die Vereinbarung mit Statkraft hinausgehen. Auch bei der Wasserkraft werden Kapazitäten aus der Statkraft-Vereinbarung berücksichtigt, nämlich die Laufwasserkraftwerke an der Weser und das Pumpspeicherwerk Erzhausen.

Bei den Laufwasserkraftwerken kommen die Anteile an den Gemeinschaftskraftwerken am Inn hinzu, die E.ON gemeinsam mit dem österreichischen Verbund gehören, sowie die ebenfalls am Inn gelegenen Kraftwerke Nußdorf, Egglfing und Ering sowie der Laufwasseranteil der Kraftwerksgruppe Jansen. Damit liegt die abzugebende Gesamtkapazität aus Laufwasserkraftwerken bei insgesamt 330 Megawatt. Bei den Pumpspeicherkraftwerken sollen neben Erzhausen die beiden Anlagen der Kraftwerksgruppe Jansen abgegeben werden, so dass hier eine Gesamtkapazität von rund 350 Megawatt erreicht wird.

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