Februar 2006

060202

ENERGIE-CHRONIK


EU-Kommission will Oligopole bei Strom und Gas aufbrechen

Die EU-Kommission will ihrer wiederholten Kritik am mangelnden Wettbewerb bei Strom und Gas (051103) demnächst Taten folgen lassen. Am 16. Februar kündigte Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes die Einleitung von mehreren Verfahren an, um die Abschottung der Gas- und Strommärkte durch langfristige Bezugsverträge auf nachgelagerten Märkten sowie Einschränkungen des freien Zugangs zu Leitungs- und Speicherinfrastruktur zu beseitigen. Sie stützt sich dabei auf die Artikel 81 und 82 des EG-Vertrags, die wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen und eine mißbräuchliche Ausnutzung von Marktmacht untersagen. Kroes ließ offen, wann und gegen welche Unternehmen vorgegangen werden soll. Es gilt aber als sicher, daß dazu neben dem französischen Monopolisten EDF vor allem die deutschen Oligopolisten E.ON und RWE gehören.

Aktueller Anlaß für den Vorstoß der Wettbewerbskommissarin ist der vorläufige Bericht über die Untersuchung der Wettbewerbsverhältnisse auf dem Strom- und Gasmarkt, die im Juni 2005 eingeleitet worden war (050704). Er bestätigt fünf Fehlentwicklungen, die bereits die ersten Untersuchungsergebnisse im November 2005 aufgezeigt hatten:

Die Energiekommissarin unterstrich ein weiteres Mal die Bedeutung einer wirksamen europäischen Fusionskontrollverordnung zur Bekämpfung der Marktkonzentration. Im November 2005 hatte sie ausdrücklich eine Ausweitung der Brüsseler Befugnisse auch auf nationale Großfusionen verlangt (051104).

Auch Strombörsen sollen auf den Prüfstand

Die Untersuchung habe zudem eine Reihe weiterer Probleme ergeben, die ausführlichere Analysen erforderlich machen, bevor wettbewerbsrechtliche Schritte erwogen werden können. Dies seien die Preisbildung auf den Elektrizitäts-Großhandelsmärkten einschließlich der Strombörsen, die wettbewerbsrechtliche Beurteilung der Koppelung von Gas- und Ölpreis in zahlreichen Verträgen sowie verschiedene Praktiken, durch die Abnehmer am Lieferantenwechsel gehindert werden. Ergänzend und alternativ zu wettbewerbsrechtlichen Schritten seien Maßnahmen auf der Regulierungsebene wie erhöhte Transparenzauflagen für die alteingesessenen Versorger denkbar. Notfalls müsse auch eine strukturelle Entflechtung des Netzbetriebs in Erwägung gezogen werden, der diesen eigentumsrechtlich von anderen Aktivitäten der Strom- und Gasversorger trennt.