März 2007 |
070306 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der erste EU-Gipfel unter Vorsitz von Bundeskanzlerin Angela Merkel billigte am 9. März in Brüssel das von der Kommission vorgelegte Energie- und Klimapaket weitgehend in der Form, in der es der Ministerrat am 15. Februar angenommen hatte (070204). Anders als der Ministerrat forderten die Staats- und Regierungschefs aber "ein verbindliches Ziel in Höhe von 20 Prozent für den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch der EU bis 2020". Von dem Gesamtziel für erneuerbare Energien sollen differenzierte nationale Gesamtziele abgeleitet werden, wobei es den Mitgliedstaaten überlassen bleibt, spezielle Ziele für jeden Sektor der erneuerbaren Energien (Elektrizität, Wärme- und Kälteerzeugung, Biokraftstoffe) zu beschließen. Für Biokraftstoffe gilt allerdings die Einschränkung, daß deren Anteil am gesamten verkehrsbedingten Benzin- und Dieselverbrauch bis 2020 in allen Mitgliedstaaten mindestens das EU-weite Ziel von zehn Prozent erreichen muß.
Hinsichtlich der von der Kommission geforderten eigentumsmäßigen Entflechtung der Strom- und Gasnetze (070101) benügen sich die Staats- und Regierungschefs mit der Forderung nach einer "wirksamen Trennung der Versorgung und Erzeugung vom Betrieb der Netze (Entflechtung) auf der Grundlage unabhängig organisierter und angemessen regulierter Strukturen für den Netzbetrieb, die einen gleichberechtigten und offenen Zugang zu Transportinfrastrukturen und die Unabhängigkeit von Entscheidungen über Infrastrukturinvestitionen garantieren".
Ferner müsse sichergestellt werden:
• eine weitere Harmonisierung der Befugnisse und eine Stärkung der Unabhängigkeit
der nationalen Regulierungsstellen für den Energiebereich;
• die Einrichtung eines unabhängigen Mechanismus, mittels dessen die nationalen
Regulierungsstellen bei wichtigen grenzübergreifenden Fragen zusammenarbeiten
und Entscheidungen treffen können;
• die Einrichtung eines neuen Gemeinschaftsmechanismus, mittels dessen Übertragungsnetzbetreiber
die Koordinierung des Netzbetriebs und die Netzsicherheit – aufbauend auf der
herrschenden Kooperationspraxis – verbessern können;
• ein effizienteres und besser integriertes System für den grenzüberschreitenden
Elektrizitätshandel und Netzbetrieb, einschließlich der Ausarbeitung technischer
Normen;
• die Verbesserung des Wettbewerbs und der Versorgungssicherheit durch leichtere
Einbindung neuer Kraftwerke in das Elektrizitätsnetz in allen Mitgliedstaaten,
insbesondere zugunsten neuer Marktteilnehmer;
• relevante Investitionssignale als Beitrag zu einem effizienten und sichereren
Betrieb der Übertragungsnetze;
• mehr Transparenz auf dem Energiemarkt;
• besserer Verbraucherschutz, z.B. durch Ausarbeitung einer Energieverbrauchercharta.
Darüber hinaus ersucht der Europäische Rat die Kommission, "den
Einfluß vertikal integrierter Energieunternehmen aus Drittländern auf den
Binnenmarkt zu untersuchen und zu prüfen, wie der Grundsatz der Gegenseitigkeit
umgesetzt werden kann". Mit dieser Formulierung ist vor allem die russische Gazprom
gemeint, die in Westeuropa wie ein "normaler" Energiekonzern behandelt werden
möchte, obwohl sie als politisches Instrument des Kreml fungiert, der bisher
keineswegs bereit ist, westeuropäischen Unternehmen eine ungehinderte wirtschaftliche
Betätigung in Rußland zu ermöglichen.