Januar 2025 |
250110 |
ENERGIE-CHRONIK |
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Das Pipeline-Netz für den Transport des als "unvermeidbar" eingestuften CO2 zum Meer würde eine Länge von rund 10.000 Kilometer haben. Das Original dieser Karte mit der dazu gehörenden Legende ist in der Kurzfassung der WWF-Studie auf Seite 2 zu finden. |
Die Umweltschutzorganisation WWF Deutschland veröffentlichte am 28. Januar eine Studie zur geplanten Abscheidung von unvermeidbar anfallenden CO2-Emissionen der Industrie, die über ein Pipeline-System zur Nord- und Ostsee transportiert werden sollen, um dort im Meeresgrund abgespeichert zu werden. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte vor einem Jahr eine entsprechende Novellierung des Kohlendioxidspeicherungsgesetzes vorgelegt (240201). Inzwischen wurde der Gesetzentwurf vom Bundestag in erster Lesung behandelt. Er gehört aber nicht zu den Vorhaben, über die sich SPD und Grüne mit der Union soweit geeinigt haben, dass sie noch vor der Bundestagswahl vom Bundestag beschlossen werden können. Vor allem haben die beiden Noch-Regierungsparteien inzwischen selber starke Bedenken gegen ihre ursprüngliche Absicht, die Abspeicherung von CO2-Emissionen unterm Meeresboden zwar für Kohlekraftwerke zu verbieten, aber für Gaskraftwerke zu erlauben. Die WWF-Studie, die vom Freiburger Öko-Institut erstellt wurde, warnt mehrfach vor einer solchen Einbeziehung und bestärkt damit diese Zweifel.
Aus Sicht des WWF müssen sowohl Kohle- als auch Gaskraftwerke von einer zukünftigen CO2-Entsorgungsinfrastruktur von vornherein ausgeschlossen werden. Diese CCS-Infrastruktur dürfe generell nur für nicht vermeidbare Emissionen angewendet werden, die nach der Umsetzung der möglichen Minderungsmaßnahmen in der Industrie noch in relevantem Umfang entstehen. Solche nicht vermeidbaren Emissionen entstünden aktuell in der Zement- und Kalkindustrie sowie in der Abfallverbrennung. Für alle anderen Industriebranchen gebe es bereits klimafreundliche Lösungen zur Reduktion ihrer Emissionen. Ein Anschluss von Kohle- und Gaskraftwerken würde dagegen den notwendigen schnellen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas nur verzögern und die im Bereich der Stromerzeugung möglichen Emissionsminderungen behindern.
Wie es weiter heißt, haben die genannten Branchen mit unvermeidbaren CO2-Emissionen für das Jahr 2040 einen Transportbedarf von rund 35 Millionen Tonnen CO2 ermittelt. Dieser CO2-Transport benötige eine umfangreiche und in der Regel neue Infrastruktur. Dazu gehören neben den CO2-Abscheideanlagen an den Produktionsstandorten auch Pumpstationen alle 100 bis 150 Kilometer entlang der Leitungen, CO2-Terminals in Hafennähe sowie Transportschiffe und Injektionsplattformen. Nicht zuletzt bräuchte es insgesamt etwa 10.000 Kilometer an land- und seeseitigen Pipelines. Davon würden ungefähr 2.000 Kilometer im Meer liegen, was etwa der Länge beider Nord-Stream-Pipelines entspräche. Fast alle genannten Elemente der Transport- und Speicherungsinfrastruktur müssten neu errichtet werden. Zu den voraussichtlich immensen Kosten eines solchen CCS-Pipeline-Systems sind weder in Kurz- noch in der Langfassung der Studie irgendwelche Angaben zu finden.
Die Analyse habe ferner gezeigt, dass insbesondere der Betrieb der CCS-Infrastruktur Emissionen von jährlich bis zu 3,9 Millionen Tonnen CO2 verursacht, die sonst gar nicht entstehen würden. Diese Emissionen tauchten bislang in den Berechnungen zu Aufwand und Nutzen von CCS nicht auf, obwohl sie die CO2-Entsorgungsleistung um mehr als zehn Prozent verringern.