November 2020

201104

ENERGIE-CHRONIK


Gazprom klagt gegen polnische Milliarden-Forderung

Die russische Gazprom klagt gegen das Bußgeld von 6,4 Milliarden Euro, das ihr die polnische Wettbewerbsbehörde UOkiK wegen der Vortäuschung falscher Kapitalverhältnisse bei der Gaspipeline-Gesellschaft Nord Stream 2 AG auferlegt hat (201003). Die Klage wurde am 4. November beim Gericht für Wettbewerbs- und Verbraucherschutz in Warschau eingereicht. Es handelt sich um eine Abteilung des Bezirksgerichts, die eigens für Anti-Monopol-Verfahren und die Regulierung des Energiesektors eingerichtet wurde. Die Gazprom schreckt offenbar nicht, dass ihre Klage schon wegen der mangelnden Rechtsstaatlichkeit in Polen keinen Erfolg haben dürfte. Da es ihr letztendlich nur darum geht, den Instanzenweg bis zum Europäischen Gerichtshof in Luxemburg zu beschreiten, ist das aber auch nicht erforderlich. Falls sie dann auch in Luxemburg unterliegen sollte, bliebe dem Kreml noch immer die Möglichkeit, die Zahlung einfach zu verweigern, wie er das in ähnlichen Fällen schon mehrfach getan hat.

Nord Stream 2 AG will Verlegung der Pipeline am 5. Dezember fortsetzen

Am 28. November bestätigte die Nord Stream 2 AG auf Nachfrage des Norddeutschen Rundfunks (NDR), dass die Verlegung der Pipeline, die im Dezember 2019 wegen des massiven US-amerikanischen Drucks auf das Verlegeschiff-Unternehmen "Allseas" abgebrochen werden musste (191201), am 5. Dezember fortgesetzt werde. Anlass der Nachfrage war eine Warnung des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Stralsund vor Bauarbeiten in jenem Bereich der Ostsee, in dem die zur Anlandestation Lubmin führenden Stränge bisher enden. Die beiden Rohr-Enden sollen nun wieder vom Meeresboden geholt und um 2,6 Kilometer verlängert werden. Ferner fiel auf, dass das russische Verlegeschiff "Akademik Tscherski", das lange Zeit untätig im Hafen von Mukran auf Rügen lag, diesen verlassen hatte. Insgesamt fehlen noch rund 75 Kilometer – bzw. 150 Kilometer für beide Stränge – zur Vollendung der Leitung. Davon liegen gut 16 Kilometer innerhalb der der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone. Der Rest führt durch dänische Gewässer.

US-Regierung erneuert Drohungen: "So sieht eine sterbende Pipeline aus"

Die USA bekräftigten im November ihre Ankündigung, die Vollendung der Pipeline Nord Stream 2 mit schwerwiegenden wirtschaftlichen Sanktionen gegen alle Beteiligten zu bestrafen. "Diese Pipeline findet nicht statt", sagte ein hochrangiger US-Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur DPA. "So sieht eine sterbende Pipeline aus." Die US-Regierung habe bereits eine Anzahl Unternehmen und Personen identifiziert, denen erste Strafmaßnahmen drohten. Die Betroffenen würden derzeit kontaktiert und über die drohenden Sanktionen informiert. "Wir machen diese Anrufe, um sie zu warnen und ihnen Zeit zum Aussteigen zu geben", sagte der Regierungsvertreter.

Abwahl Trumps lässt auf zivilisierte Umgangsformen der US-Außenpolitik hoffen

Durch die US-Präsidentschaftswahlen, die am 3. November stattfanden, ist inzwischen allerdings eine neue Situation entstanden, da der exzentrische Amtsinhaber Donald Trump abgewählt wurde und mitsamt seiner Kamarilla nur noch übergangsweise die Regierungsgewalt ausübt. Der bevorstehende Regierungswechsel berechtigt zu der Hoffnung, dass die USA in ihrer Außenpolitik wieder zu einigermaßen zivilisierten Umgangsformen zurückfinden. Dazu gehört der Verzicht auf erpresserische Drohungen gegenüber Verbündeten. An der grundsätzlichen Ablehnung des Pipeline-Projekts durch Senat und Repräsentantenhaus dürfte sich allerdings auch unter der neuen Regierung nichts ändern, da es dem US-Interesse am Export von Flüssiggas nach Europa zuwiderläuft.

Wegen des überaus antiquierten und unübersichtlichen Wahlsystems der USA dauerte es bis 7. November, ehe mit der Auszählung der Stimmen im Bundesstaat Pennsylvania feststand, dass der demokratische Kandidat Joe Biden die erforderliche Mehrheit von 270 Wahlmännern erreicht und überschritten hatte. Die Wahlmänner werden am 14. Dezember offiziell ihre Stimmen abgeben. Nach deren Auszählung durch Senat und Repräsentantenhaus am 6. Januar findet am 20. Januar die Vereidigung des neuen Präsidenten Joe Biden (78) und seiner Vizepräsidentin Kamala Harris (56) statt. Der Amtsinhaber Trump weigerte sich zunächst, seine Niederlage anzuerkennen. In putschähnlicher Manier sprach er sogar von Wahlbetrug und beschwor durch Aufhetzung seiner Anhänger eine bürgerkriegsähnliche Atmosphäre, bevor er schließlich doch den Rückzug antrat.

 

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