Oktober 2019

191001

ENERGIE-CHRONIK


Bundesnetzagentur ermittelt gegen sechs Stromhändler

Der drastische Mangel an Regelenergie, der im Juni dreimal die Netzstabilität gefährdete (190701), bleibt für ein halbes Dutzend Stromhändler nicht ohne Folgen. Wie die Bundesnetzagenturam 22. Oktober mitteilte, hat sie Aufsichtsverfahren gegen insgesamt sechs Unternehmen eröffnet, die von den Übertragungsnetzbetreibern verdächtigt werden, als Bilanzkreisverantwortliche das Systemungleichgewicht herbeigeführt zu haben.

Versorgungssicherheit darf nicht dem Profit geopfert werden

Es geht dabei um sogenannte Arbitrage-Geschäfte, wenn der Börsenstrom teurer ist als die "Ausgleichsenergie", die den Bilanzkreisverantwortlichen für die Regelenergie zum Ausgleich von Bilanzungleichgewichten in Rechnung gestellt wird. Den sechs Stromhändlern wird vorgeworfen, zur Ausnutzung solcher Preisunterschiede absichtlich und mißbräuchlich die "Ausgleichsenergie" strapaziert zu haben, wodurch ein Mangel an Regelenergie entstand und die Netzstabilität gefährdet wurde.

Alle Beschuldigte sind international agierende Energiehändler

Die Beschlusskammer 6 der Bundesnetzagentur prüft nun, ob die sechs Unternehmen ihren Pflichten zum ordnungsgemäßen Ausgleich der Bilanzkreise und dem Gebot der Bilanzkreistreue hinreichend nachgekommen seien. Im einzelnen handelt es sich um die Unternehmen Statkraft Markets, Centrica Energy Trading, Danske Commodities A/S, Trailstone, Energie Vertrieb Deutschland (EVD) und Optimax Energy.

Alle sechs Unternehmen sind international agierende Energiehändler bzw. deren Töchter: Statkraft Markets ist eine Tochter des norwegischen Statkraft-Konzerns und in Deutschland der führende Direktvermarkter von EEG-Strom. Centrica Energy Trading, Danske Commodities A/S, und Energie Vertrieb Deutschland (EVD) sind bzw. gehören Unternehmen mit Sitz in Dänemark. Der Energiehändler Trailstone ist sowohl in Nordamerika als auch in zwölf europäischen Ländern aktiv und hat neuerdings in Deutschland die Mehrheit am Direktvermarkter Energy2Market erworben. Optimax Energy nennt neben Deutschland auch Frankreich, Großbritannien und Bulgarien als Schwerpunkte der Geschäftstätigkeit.

Verbannung vom Markt droht erst bei "wiederholt festgestellter Pflichtverletzung"

Das Energiewirtschaftsgesetz überlässt es in § 65 weitgehend der Bundesnetzagentur, in welcher Weise sie Aufsichtsmaßnahmen ergreift. Vorerst müssen die genannten Unternehmen nicht befürchten, mit der Verbannung vom Markt bestraft zu werden. Die offizielle Feststellung einer Pflichtverletzung wäre eher eine Art Warnschuss: Erst eine "wiederholt festgestellte Pflichtverletzung" würde die Übertragungsnetzbetreiber zur Kündigung des Bilanzkreisvertrages berechtigen, heisst es in der Mitteilung der Behörde.

Missbrauch von Regelenergie wird schwieriger

Die Bundesnetzagentur ist freilich nicht so blauäugig, sich auf künftiges Wohlverhalten der Stromhändler zu verlassen. Sie hat deshalb der Katze, die das Mausen nicht lassen kann, die Schelle umgehängt und bereits im Juli eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, die künftig den Mißbrauch von Regelenergie verhindern sollen. So müssen die Bilanzkreisbetreiber neuerdings ihre Bilanzkreise spätestens 16 Minuten vor dem Erfüllungsbeginn durch eine entsprechende Fahrplanmeldung ausgleichen. Die Zu- und Abschläge für "Ausgleichsenergie" wurden an den regelzonenübergreifenden Bilanzausgleichsenergiepreis (reBAP) gebunden. Ferner müssen seit Oktober die viertelstündlich gemessenen Leistungswerte von Verbrauchs- und Erzeugungsanlagen den Übertragungsnetzbetreibern schon am folgenden Werktag gemeldet werden, damit diese ein besseres Bild über die Ausgeglichenheit der Bilanzkreise bekommen. Bisher geschah dies erst mit wochenlanger Verzögerung.

 

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