Juni 2016

160606

ENERGIE-CHRONIK


Bundestag beschließt "Zwangsdigitalisierung" ohne Abstriche

Gegen die Stimmen von Linken und Grünen beschlossen Union und SPD am 23. Juni im Bundestag das "Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende". Es enthält Vorgaben für die Einführung sogenannter intelligenter Meßsysteme. Für Stromkunden mit einem Jahresverbrauch ab 6.000 Kilowattstunden wird der Einbau solcher "Smart Meter" zur Pflicht. Für die Mehrheit der Privatkunden, deren Bedarf unter dieser Grenze liegt, ist der flächendeckende Pflichteinbau zwar nicht vorgesehen, aber durchaus möglich. Wenn etwa der Vermieter den Einbau eines solchen Zählers veranlaßt, hat dies der Mieter zu dulden. Ferner hat er die dadurch anfallenden Kosten zu tragen, die beispielsweise für einen Durchschnittshaushalt mit einem Jahresverbrauch von 3.500 kWh bis zu 40 Euro betragen dürfen. Da die Zähler den Kleinverbrauchern keinen realen Nutzen bescheren, sehen Verbraucherschützer in dem Gesetz eine "Zwangsdigitalisierung" (151102).

Der Verbraucherschutz-Ausschuß des Bundesrats hatte unter anderem gefordert, eine Zwangsbeglückung der Kleinverbraucher mit digitalen Zählern wenigstens von deren Zustimmung abhängig zu machen (151206). Es handelte sich allerdings eher um eine Bitte, da das Gesetz ohne Zustimmung der Ländervertretung verabschiedet werden konnte. Der Wirtschaftsausschuß des Bundestags ignorierte in seiner Beschlußempfehlung diese Empfehlung. Stattdessen verfügte er zusätzlich eine Einbauverpflichtung für bestehende Stromerzeugungsanlagen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz und dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, soweit deren installierte Leistung sieben Kilowatt übersteigt (bisher galt diese Einbauverpflichtung nur für neue Anlagen).

"Nicht einmal meine Oma glaubt Ihnen, daß man so Strom spart"

In der Debatte mokierte sich der Linke-Abgeordnete Ralph Lenkert über die Darstellung der Bundesregierung, wonach auch Kleinverbraucher vom Zwangseinbau profitieren, weil er ihnen neue Möglichkeiten der Stromkosteneinsparung eröffne: "Das gibt viel Spaß mit Ihren Nachbarn und Vermietern, wenn dann nachts die Waschmaschine plötzlich anspringt. Es ist doch wirklich toll, wenn das Mittagessen morgens früh um vier Uhr gekocht wird, weil dann der Stromtarif gerade billig ist. Nicht einmal meine Oma glaubt Ihnen, daß man so Strom spart."

Die schwarz-rote Koalition befinde sich auf dem falschen Weg, wenn sie die Stromkunden "weitestgehend mit Smart Metern zwangsbeglücken" wolle, meinte die Abgeordnete Julia Verlinden von den Grünen. "Wer weniger als 6000 Kilowattstunden Strom im Jahr verbraucht, ist nicht derart systemrelevant, daß sich eine sogenannte Lastverschiebung lohnt." Privathaushalte sollten frei entscheiden können, ob sie sich derartige Zähler zulegen möchten. Größeren Stromkunden mit einem Verbrauch zwischen 6.000 und 10.000 Kilowattstunden müsse zumindest ein Widerspruchsrecht eingeräumt werden.

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