Juni 2009

090603

ENERGIE-CHRONIK


EU-Richtlinie zur nuklearen Sicherheit verabschiedet

Der Europäische Rat billigte am 25. Juni den Vorschlag für eine EU-Richtlinie zur nuklearen Sicherheit, den die Kommission am 26. November 2008 vorgelegt hatte. Der neue Gemeinschaftsrahmen für die nukleare Sicherheit kann damit nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der Gemeinschaft in Kraft treten. Am 22. April hatte auch das Parlament mit großer Mehrheit der Richtlinie zugestimmt, obwohl es in allen Angelegenheiten des Euratom-Vertrags nach wie vor kein Mitentscheidungsrecht besitzt und es deshalb eigentlich eine Frage der Selbstachtung gewesen wäre, eine nur von der Exekutive beschlossene Regelung abzulehnen. Der "Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuß" (EWSA) als beratendes Gremium begrüßte die Richtlinie sogar enthusiastisch und forderte die EU auf, sie als Modell weltweit zu exportieren.

Die Richtlinie stützt sich auf die Verpflichtungen des Übereinkommens über nukleare Sicherheit (CNS) und die Sicherheitsgrundsätze der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO). Sie verpflichtet die Mitgliedstaaten insbesondere dazu, nationale Rechtsrahmen für die nukleare Sicherheit festzulegen und kontinuierlich zu verbessern. Die Rolle und Unabhängigkeit der nationalen Aufsichtsbehörden werde dadurch nicht angetastet, versicherte die Kommission. Auch bleibe es weiterhin jedem Mitgliedsland freigestellt, ob und wieweit es die Kernenergie überhaupt nutzen will.

Der erste Vorstoß zur Erweiterung der Brüsseler Kompetenzen auf dem Gebiet der nuklearen Entsorgung und Sicherheit war Ende 2002 von der damaligen Energiekommissarin Loyola de Palacio gestartet worden (021103). Ihre beiden Richtlinien-Entwürfe zur Sicherheit kerntechnischer Anlagen und Entsorgung radioaktiver Abfälle scheiterten aber am Widerstand der nationalen Regierungen im Rat (040520). Kurz danach legte die Spanierin ihr Nuklearpaket nochmals in einer überarbeiteten Fassung vor (040906). Da die Amtszeit der Prodi-Kommission am 21. November 2004 ablief, kam sie aber nicht mehr dazu, ihre Vorschläge weiter zu verfolgen (zwei Jahre später starb sie mit 56 Jahren an Krebs).

Ihr Nachfolger, der Lette Andris Piebalgs, war nun erfolgreicher. Zunächst hatte er im Januar 2007 ein "Hinweisendes Nuklearprogramm" der EU-Kommission veröffentlicht, das ziemlich unverhohlen für die Beibehaltung und den Ausbau der Kernenergie eintrat (070118) und die Wiederaufnahme der Gespräche über das Nuklearpaket ankündigte. Im Juli 2008 veröffentlichte Piebalgs dann das Ergebnis einer Umfrage, wonach 91 Prozent der EU-Bürger die Überwachung des nationalen Umgangs mit Atommüll der Kommission anvertrauen möchten (080707). Nach dieser propagandistischen Vorbereitung legte er vier Monate später seinen neuen Richtlinienentwurf vor, der die alten Vorschläge Loyolas ersetzte und durch Betonung des "Subsidiaritätsprinzips" die Vorbehalte nationaler Regierungen zu entkräften versuchte.

Neues Regelwerk für deutsche Kernkraftwerke in der Testphase

Am 1. Juli beginnen in Deutschland der Bund und die Länder mit der Erprobung eines neuen Kerntechnischen Regelwerks, das 15 Monate parallel zu dem bisherigen Regelwerk angewendet wird. Nach Auswertung der dabei gesammelten Erfahrungen soll das Regelwerk 2011 offiziell im Bundesanzeiger veröffentlicht werden und die alten Regelungen ablösen. Die neuen Sicherheitskriterien sollen die Zusammenführung von vorhandenen Regeln, bestehender Praxis, internationalen Anforderungen und neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen gewährleisten. Sie ersetzen die "Sicherheitskriterien für Kernkraftwerke" (Stand 1977), die "RSK-Leitlinien für Druckwasserreaktoren" (Stand 1981, mit Aktualisierungen von 1996) und die "Störfallleitlinien" von 1983.

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