September 2004 |
040906 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die EU-Kommission hat am 8. September 2004 eine überarbeitete Fassung ihres Nuklearpakets vorgelegt, mit dem neues Gemeinschaftsrecht im Bereich der Sicherheit kerntechnischer Anlagen und der Entsorgung radioaktiver Abfälle geschaffen werden soll. Die geänderten Vorschläge betreffen die beiden Richtlinien "zur Festlegung grundlegender Verpflichtungen und allgemeiner Grundsätze im Bereich der Sicherheit kerntechnischer Anlagen" und "über die Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle". Im Unterschied zur ursprünglichen Fassung (021103) verzichtet die Kommission nun auf die Forderung, die Rückstellung für den Abriß von Kernkraftwerken in nationale Fonds einzubringen, die von Brüssel kontrolliert werden. Stattdessen heißt es in Artikel 9 der Richtlinie zur Sicherheit kerntechnischer Anlagen nur noch: "Die Mitgliedstaaten ergreifen die geeigneten Maßnahmen, damit für die Erfordernisse der Sicherheit kerntechnischer Anlagen während der gesamten Lebensdauer dieser Anlagen Finanzmittel seitens der Aufsichtsbehörde und der Betreiber in angemessener Höhe bereitstehen." Wie es zur Begründung heißt, trägt die Kommission damit "dem Widerstand einer Mehrheit der Mitgliedstaaten im Rat Rechnung", in dem vor allem Deutschland und Großbritannien die geplante Regelung abgelehnt hatten. Sie behalte sich aber die Möglichkeit vor, "zügig eine andere geeignete Initiative vorzulegen, ohne dabei den EG-Vertrag auszuschliessen".
Ihren Anspruch auf Zuständigkeit für die Sicherheit kerntechnischer Anlagen unterstrich die Kommission außerdem, indem sie am 3. September beschloß, Großbritannien wegen Verstößen gegen den Euratom-Vertrag in der britischen Nuklearanlage Sellafield vor dem Europäischen Gerichtshof zu verklagen. Die Kommission hatte am 30. März die britische Regierung aufgefordert, die als untragbar betrachteten Zustände in Sellafield abzustellen und bis 1. Juni 2004 einen Aktionsplan zu deren Behebung vorzulegen. Es geht dabei um die Art der Lagerung von radioaktiv verstrahlten Brennstoffen, die seit Jahren gegen Artikel 79 und 81 des Euratom-Vertrags verstößt, weil das radioaktive Material von den Euratom-Inspektoren nicht ordnungsgemäß kontrolliert werden kann. Die britische Antwort auf die Aufforderung vom 30. März wurde von der Kommission als unzureichend zurückgewiesen.