März 2024

240308

ENERGIE-CHRONIK



Erneuerbare deckten 2023 gut die Hälfte des Stromverbrauchs

Der Anteil der Erneuerbaren Energien am gesamten deutschen Energieverbrauch (Strom, Wärme, Verkehr) stieg im vergangenen Jahr von 20,8 auf 22 Prozent. Besonders hoch war er mit 51,8 Prozent beim Strom, wo die Erneuerbaren erstmals mehr als die Hälfte des Bruttostromverbrauchs deckten. Gegenüber dem Vorjahr sind das fünf Prozent mehr. In den Sektoren Wärme und Verkehr ergaben sich dagegen mit Anteilen von 18,8 bzw. 7,3 Prozent nur geringfügige Zuwächse. Dies teilte das Bundesumweltamt am 8. März mit. Die Behörde stützte sich dabei auf aktuelle Auswertungen der Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik (AGEE-Stat), die im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) die Nutzung der erneuerbaren Energien bilanziert und deren Geschäftsstelle im Umweltbundesamt angesiedelt ist.

Gesunkener Stromverbrauch half Erneuerbaren über die Fünfzig-Prozent-Hürde

Der fünfprozentige Anstieg des Erneuerbaren-Anteils beim Strom wird allerdings dadurch relativiert, dass der Bruttostromverbrauch mit 525,5 Terawattstunden (TWh) wegen der Wirtschaftslage um knapp fünf Prozent geringer war als im Vorjahr (550,6 TWh). Bei gleichbleibendem Verbrauch hätten die 272,4 TWh Grünstrom deshalb nur einem Anteil von 49,5 Prozent entsprochen. Und beim Vergleich mit dem bisher höchsten Bruttostromverbrauch, der im Jahr 2007 mit 624,9 TWh erreicht wurde, wären es sogar nur 43,6 Prozent, wie die folgende Grafik erkennen lässt:


Der Bruttostromverbrauch hat sich in den letzten 33 Jahren relativ wenig verändert und ist 2023 sogar noch unter dem Stand von 1990 geblieben. Fast kontinuierlich zugenommen hat dagegen der Anteil der Erneuerbaren an der Bedarfsdeckung: Von nur 3,3 Prozent im Jahr 1990 über 14,4 Prozent im Jahr 2007 auf 51,8 Prozent im Jahr 2023. (Weitere Daten zu dieser Grafik sind einer separaten Tabelle zu entnehmen.)


Corona-Pandemie und Überfall auf Ukraine drückten den Strombedarf

Die obenstehende Grafik veranschaulicht, wie der Bruttostromverbrauch in den vergangenen 33 Jahren um einen Durchschnittswert von 597 Terawattstunden pendelte. Das Maximum wurde 2007 mit 624,9 TWh erreicht, und das Minimum im vergangenen Jahr mit 525,5 TWh. Das waren sogar 24 TWh weniger als 1990. Man könnte deshalb fast den Eindruck gewinnen, als ob der seinerzeitige Bundeswirtschaftsminister Altmaier (CDU) gar nicht so schief gelegen habe, als er den für 2030 zu erwartenden Bruttostromverbrauch lediglich mit 580 TWh veranschlagte (200901), bevor er ihn dann doch um etwa 75 TWh nach oben korrigierte (210702). Es darf indessen nicht außer Acht gelassen werden, dass schon durch die Corona-Pandemie ein deutlicher Verbrauchsrückgang von rund 20 TWh bewirkt wurde, der bis Herbst 2020 andauerte (210109). Noch wesentlich gravierender waren dann die wirtschaftlichen Folgen des russischen Überfalls auf die Ukraine: Da die Gaspreisexplosion über einen fatalen Börsenmechanismus auch die Strompreise in völlig unverhältnismäßger Weise nach oben trieb (siehe Hintergrund, Januar 2023), kam es ab 2022 zu einem erneuten Verbrauchsrückgang, der nun sogar rund 44 TWh betrug. Dieser Rückgang wirkt sich bis heute aus und ist noch einschneidender als das Minus von 37 TWh, das 2009 eine von der Finanzkrise ausgelöste Rezession verursachte (091203).

Fehlstart am Beginn des "Strommengenpfads"

Auf längere Sicht ist aber weiterhin mit einem erheblichen Anstieg des Stromverbrauchs zu rechnen. Entsprechend bedarf es des weiteren Ausbaues der Erneuerbaren, damit diese dauerhaft nicht nur mehr als die Hälfte, sondern noch weit größere Anteile des Bruttostromverbrauchs decken können. Der "Strommengenpfad" in § 4a des EEG 2023 sieht bis 2030 eine jährliche Erhöhung der Grünstrom-Produktion auf 600 TWh vor, wobei das Jahr 2023 mit 287 TWh den Ausgangspunkt bildet. Das tatsächlich erzielte Ergebnis von 272,5 TWh liegt um 14 TWh unter dieser Start-Vorgabe. Es ist zu befürchten, dass auch das Zwischenziel von 310 TWh im laufenden Jahr nicht erreicht wird.

Windkraft und Photovoltaik erzeugen zwei Drittel des Grünstroms

Entscheidend für eine möglichst große Annäherung an die im EEG genannten Ausbauziele werden weiterhin Windenergie und Photovoltaik sein, die 2023 drei Viertel des erneuerbaren Stroms bereitstellten. Bei der Windenergie trugen gute Witterungsverhältnisse und ein Zubau von 3.028 Megawatt (MW) zu einem Anstieg der Stromerzeugung um 14 Prozent bei (von 124,8 TWh im Vorjahr auf 142,1 TWh). Damit baute die Windenergie ihre Position als wichtigster Energieträger im deutschen Strommix weiter aus. Erstmals erzeugten Windenergieanlagen im Jahr 2023 mehr Strom als Braun- und Steinkohlekraftwerke zusammen. Bei der Photovoltaik wurde eine im Vergleich zum extrem sonnigen Vorjahr durchschnittliche ⁠Witterung⁠ durch einen starken Zubau an neuen Anlagen ausgeglichen (plus 14.595 MW bzw. 22 Prozent). Trotz der geringeren Einstrahlung war deshalb die Solarstromerzeugung mit 61,2 TWh etwas höher als im Vorjahr (60,3 TWh).

Das überdurchschnittlich niederschlagsreiche Jahr 2023 kam den Wasserkraftwerken zugute, die ihre Stromerzeugung um 11 Prozent von 17,6 auf 19,6 TWh steigern konnten. Die Stromerzeugung aus ⁠Biomasse⁠ sank hingegen gegenüber dem Vorjahr um rund 5 Prozent von 51,7 TWh auf 49,3 TW). Die mit Geothermie erzeugte Strommenge blieb auch im Jahr 2023 mit 0,2 TWh unbedeutend.

Erneuerbare Wärme stammt zu 83 Prozent aus Biomasse

Im Sektor Wärme war der Beitrag der Erneuerbaren mit 205,5 TWh nur wenig höher als im Vorjahr (203,3 TWh). Dennoch stieg ihr Anteil von 17,5 auf auf 18,8 Prozent, da wegen der milden Witterung und der schwachen Konjunktur der gesamte Wärmebedarf um 6 Prozent geringer war. Die wichtigste erneuerbare Wärmequelle war weiterhin die Biomasse mit einem Anteil von 83 Prozent (170,6 TWh), gefolgt von 25,7 TWh aus oberflächennaher (sowie tiefer) Geothermie und Umweltwärme (insbesondere Wärmepumpen) mit 12,5 Prozent. Während die Biomasse auf einem ähnlichen Niveau wie im Vorjahr lag (2022: 171,9 TWh), stieg die durch Wärmepumpen nutzbar gemachte Wärme (Geothermie und Umweltwärme) um deutliche 18,3 Prozent an. Hier machte sich der stark gestiegene Absatz von Wärmepumpen bemerkbar. Der Anteil der Solarthermie lag mit 9,1 TWh bei circa 4,4 Prozent und damit knapp unter dem Wert des Vorjahres (2022: 4,8 Prozent).

Die insgesamt erzeugte erneuerbare Wärmemenge war mit 205,5 TWh nur wenig höher als im Vorjahr (203,3 TWh). Dennoch stieg der Anteil der erneuerbaren Energieträger von 17,5 auf auf 18,8 Prozent, da wegen der milden Witterung und der schwachen Konjunktur der gesamte Wärmebedarf um 6 Prozent geringer war.

Grünstrom-Anteil am Verkehr stieg um 21 Prozent

Im Verkehrsbereich erhöhte sich der Anteil der Erneuerbaren am gesamten Endenergieverbrauch⁠ (587,8 TWh) von 6,9 auf 7,3 Prozent. Davon entfielen knapp 82 Prozent auf Biokraftstoffe, die mit insgesamt 35,2 TWh um etwa 2 Prozent gegenüber dem Vorjahr zulegten (bei Biodiesel betrug diese Steigerung unter 1 Prozent, bei Bioethanol 3 Prozent und bei Biomethan 19 Prozent). Der Verbrauch an erneuerbarem Strom im Verkehrsbereich stieg um 21 Prozent auf insgesamt rund 7,9 TWh, da die installierte Leistung der E-Fahrzeuge von 2,5 TWh auf 3,7 TWh anstieg und sich zugleich der Erneuerbaren-Anteil am Strom-Mix erhöhte. Der Grünstrom-Anteil wird anhand dieser beiden Größen rechnerisch ermittelt.

 

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