Juni 2010 |
100610 |
ENERGIE-CHRONIK |
Nach E.ON (100202) und anderen Stromversorgern (100507) langt nun auch der RWE-Konzern in diesem Jahr bei den Strompreisen wieder kräftig zu. Wie er am 18. Juni mitteilte, will er seinen Kunden ab August in der Grundversorgung pro Kilowattstunde 1,8 Cent mehr abverlangen. Für Haushalte mit einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunden entspräche dies einer Preiserhöhung um 7,3 Prozent und einer jährlichen Mehrbelastung von rund 63 Euro. Auch RWE begründet die Preiserhöhung mit dem Anstieg der EEG-Umlage (100507) und angeblich höheren Beschaffungskosten, obwohl beide Faktoren bei weitem nicht ausreichen, um einen derart tiefen Griff in die Taschen der Kunden plausibel zu machen. "Mit der Preisanpassung werden hauptsächlich höhere Umlagen aus dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) sowie gestiegene Beschaffungskosten weitergegeben", hieß es wörtlich in der Pressemitteilung. "Zum 1. Januar 2010 ist die EEG-Umlage um rund Prozent gestiegen. Diese Erhöhung hat die RWE Vertrieb AG länger als ein halbes Jahr in den Endkundenpreis nicht einfließen lassen." Von der gleichzeitigen Entlastung bei den Netzentgelten in Höhe des Anstiegs der EEG-Umlage, die nach Ansicht der Bundesnetzagentur eintreten müßte (091103), ist nirgendwo die Rede.
Zugleich bietet die RWE Vertrieb AG mit dem neuen Produkt "RWE Strom 36max" den Haushaltskunden eine dreijährige Preisgarantie an. Der Festpreis gilt bis zum 30. Juni 2013 und ist um 0,23 Cent/kWh (inklusive Umsatzsteuer) günstiger als die ab 1. August 2010 geltenden Allgemeinen Preise der Grundversorgung. Das Angebot gilt nur bis zum 31. Juli 2010. Ausgenommen sind Änderungen durch staatlich verursachte Preisbestandteile.
Eine dreijährige Preisstabilität versprach RWE schon bisher mit dem "ProKlima Tarif", der hauptsächlich dazu diente, Atomstrom als umweltfreundliche Energie zu propagieren (081109). Außerdem wurde schon vor drei Jahren eine Preisgarantie für Gaskunden eingeführt (080704). Wer sich damals auf das Festpreis-Angebot "RWE Erdgas 2011" eingelassen hatte, erlebte allerdings eine böse Überraschung, als mit dem Ölpreis die Gaspreise wieder sanken: Statt sich vor weiteren Preiserhöhungen zu schützen, hatte er gegen Aufgeld eine Hochpreis-Garantie erworben (090611).
Preisgarantien sind für die Versorger inzwischen ein beliebtes und vielfach mißbrauchtes Marketing-Instrument geworden, weshalb sich der Tarifvergleicher Verivox veranlaßt sah, genau definierte Anforderungen an eine Preisgarantie zu stellen (091015).Eine Preisgarantie ergibt sich üblicherweise bereits durch die Vertragslaufzeit. Bei einjähriger Laufzeit sind sie praktisch schon deshalb nichts wert, weil die Versorger ohnehin nicht jedes halbe Jahr die Preise noch höher schrauben können. Dasselbe gilt bei Beschränkung auf einzelne Preisbestandteile oder wenn ein Aufpreis verlangt wird, der in keinem vernünftigen Verhältnis zur Garantiezeit steht. Im Falle sinkender Preise sind sie für den Kunden sogar eine Fessel und Belastung. Bisher kam das allerdings nur bei den Gaspreisen vor. In der Praxis sind Preisgarantien deshalb nichts anderes als eine Vermarktung des unablässigen Preisanstiegs mit dem Zweck der Kundenbindung, damit die Kleinverbraucher nicht zu einem etwas billigeren Lieferanten wechseln können.
Als erster Anbieter hatte Nuon im Juli 2006 mit einer zwölfmonatigen Preisgarantie um Gaskunden in Hamburg und Berlin geworben (060708). Einen Monat später versprach auch E.ON Neukunden eine zweijährige Preisgarantie, wenn sie zu der Internet-Marke "Klickgas" wechselten (060816). Im Februar 2007 ließ E.ON dann seine Vertriebstochter "e wie einfach" mit einer Preisgarantie werben, die für Strom zwei Jahre und für Gas ein Jahr betrug (070201). Wegen des Anstiegs der Gaspreise wurde diese Preisgarantie dann im November 2008 auf Vorauskasse bzw. den "MeinKlimaTarif" beschränkt (081105) und schließlich ganz gestrichen (080608). Der Vattenfall-Konzern folgte Anfang 2008 mit einer einjährigen Preisgarantie für Strom, nachdem er ohnehin die Preisschraube überdreht hatte und wegen eines sonst drohenden weiteren Kundenverlusts eine Preispause einlegen mußte (080101). Im Februar 2010 verband E.ON eine kräftige Strompreiserhöhung seiner Regionalversorger mit dem Angebot einer zweijährigen Preisgarantie, die zwar nichts zusätzlich kostet, aber die Kunden für zwei Jahre am Wechsel zu einem günstigeren Versorger hindert (100202).