April 2008 |
080405 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Pläne für einen neuen Kommunalkonzern aus den Stadtwerken Dortmund und Bochum und der Gelsenwasser AG sind vorläufig gescheitert. Dem Vernehmen nach liegt das am RWE-Konzern, der seine Mitwirkung von einer unmittelbaren Beteiligung am künftigen Wassergeschäft des Unternehmens abhängig macht. "Wir haben eine Zwischenbilanz gezogen und mussten feststellen, dass es eine Reihe von Punkten gibt, bei denen wir weiter auseinanderliegen als wir zunächst annahmen", zitierte die "Westdeutsche Allgemeine" (9.4.) den Chef der Dortmunder DEW, Helmut Engelhardt, der aber zugleich versicherte, daß man sich um eine Fortführung des Projekts bemühen werde.
Unter dem Arbeitstitel "Unisono II" wollen die Stadtwerke Bochum und die Dortmunder Energie- und Wasserversorgung (DEW21) sich und die Gelsenwasser AG, die sie 2003 für 835 Millionen Euro von E.ON erworben haben (030812), in ein gemeinsames Unternehmen einbringen. Allerdings sind sie dabei auf die Mitwirkung des RWE-Konzerns angewiesen, der 47 Prozent an DEW21 hält. Es handelt sich um die frühere VEW-Beteiligung an den Stadtwerken Dortmund, die über die Fusion mit VEW in den Besitz von RWE gelangte (930801). Da sie vom Bundeskartellamt auf zwanzig Jahre genehmigt wurde, steht sie erst im Jahre 2014 zur Disposition.
Zunächst war vorgesehen, RWE an der Holding des neuen Unternehmens mit etwa zwanzig Prozent zu beteiligen. Dem Vernehmen nach paßt das dem neuen RWE-Chef Jürgen Großmann nicht ins strategische Konzept. Stattdessen will Großmann für die DEW-Anteile eine unmittelbare Beteiligung am Wassergeschäft des neuen Unternehmens erhalten. Damit sind indessen die kommunalen Partner nicht einverstanden.
Der RWE-Konzern war erstmals 1999 mit einer Beteiligung an den Berliner Wasserbetrieben in diesen Geschäftsbereich eingestiegen (990624). In den beiden folgenden Jahren übernahm er den bedeutenden britischen Wasserversorger Thames Water (000907) und mit American Water Works (010905) den größten Wasserversorger der USA. Die milliardenschweren Neuerwerbungen gehörten zum "Multi Utility"-Konzept des damaligen Vorstandsvorsitzenden Dietmar Kuhnt. Sie belasteten aber den Kurs der RWE-Aktie eher, statt ihn zu beflügeln. Der neue RWE-Chef Harry Roels begann deshalb 2005 damit, das ausländische Wassergeschäft wieder zu verkaufen (051106). Vorerst konnte aber nur für Thames Water ein Käufer gefunden werden (061010). American Water tauchte im Geschäftsbericht 2007 als "nicht fortgeführte Aktivität" auf. Die schon im März 2006 verkündete Absicht, die ungeliebte US-Tochter über einen Börsengang loszuwerden, wurde im November 2007 wegen der "aktuell ungünstigen Rahmenbedingungen am US-Kapitalmarkt" vorerst aufgegeben. Zur Zeit plant RWE erneut, wenigstens 40 Prozent von American Water an der Börse zu plazieren.
Im Inland behielt RWE zwar die Beteiligung an den Berliner Wasserbetrieben, schien aber bisher nicht an weiteren Erwerbungen in diesem Bereich interessiert zu sein. So zog sich der Konzern im Juni 2003 aus dem Bieterverfahren um die Gelsenwasser AG zurück, obwohl er als aussichtsreicher Kandidat galt. Dadurch machten die Stadtwerke Dortmund und Bochum das Rennen, mit denen RWE jetzt um die Beteiligung am Wassergeschäft streitet.
Unabhängig von einer eventuellen Neuorientierung der Holding auf das inländische Wassergeschäft bleibt die Kraftwerksgesellschaft RWE Power als Nachfolgerin der Rheinbraun AG verpflichtet, an verschiedenen Stellen des Braunkohlereviers die Trinkwasserversorgung sicherzustellen. So teilte die RWE Power AG am 11. April mit, daß sie fünf Millionen Euro für die Modernisierung des Wasserwerks Grevenbroich-Fürth aufwenden werde. Allerdings tut sie das nicht ganz freiwillig: Im vergangenen Jahr waren in Trinkwasserproben des von RWE Power betriebenen Wasserwerks "choliforme Keime" entdeckt worden. Das Gesundheitsamt des Rheinkreises Neuss hatte deshalb die Einwohner von Jüchen und Grevenbroich aufgefordert, ihr Leitungswasser abkochen.