August 2002

020803

ENERGIE-CHRONIK


Bisher kein globaler Rückgang der CO2-Emissionen

Den Industriestaaten ist es bisher nicht gelungen, ihre Treibhausgas-Emissionen zu stabilisieren, geschweige denn zu verringern. Diese Feststellung traf das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) am 21. August anläßlich des bevorstehenden Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung, der vom 26. August bis 4. September in Johannesburg stattfindet. Lediglich der politisch-wirtschaftliche Umbruch in den Staaten des ehemaligen Ostblocks habe in den neunziger Jahren zu einer Entspannung beigetragen, heißt es im Wochenbericht 34/2002 des Instituts. Diesem Rückgang, der nicht klimaschutzpolitisch begründet war, habe jedoch eine starke Zunahme der Emissionen in den Entwicklungsländern gegenübergestanden. Im globalen Maßstab sei noch immer keine Trendumkehr in Richtung einer nachhaltigen Emissionsreduktion zu erkennen.

Nach Angaben des Instituts sind die CO2-Emissionen der Entwicklungsländer von 1990 bis 2001 um 44 Prozent gestiegen. Dadurch hat sich deren Anteil an den weltweiten CO2-Emissionen von gut 31 auf fast 40 Prozent erhöht. In den Industrieländern sind die CO2-Emissionen von 1990 bis 2001 mit gut elf Prozent nur wenig schwächer gestiegen als im weltweiten Durchschnitt. Am stärksten war die Zunahme in den USA mit einem Anstieg um 15,2 Prozent auf 730 Millionen Tonnen, gefolgt von Japan mit knapp 130 Millionen Tonnen sowie Kanada und Australien mit jeweils rund 80 Millionen Tonnen. Die genannten Staaten gehören in der Klima-Diskussion zu den "Hardlinern", die das Protokoll von Kyoto sabotieren bzw. starke Abstriche durchsetzten (010703).

Die Staaten der Europäischen Union können, dem DIW-Bericht zufolge, nur durch die Verminderung in Deutschland und Großbritannien insgesamt eine Senkung der Treibhausgas-Emissionen vorweisen. Die EU-Staaten haben sich im Protokoll von Kyoto (971215) verpflichtet, ihre Treibhausgas-Emissionen gegenüber dem Stand von 1990 bis 2008 bzw. 20012 um 8 Prozent zu senken. Gemäß der 1998 erzielten Lastenteilungsvereinbarung, die im März 2002 rechtsverbindlich wurde (020302), entfallen dabei auf die einzelnen Mitgliedsstaaten sehr unterschiedliche Reduktionsquoten. Fünf Mitgliedern wird sogar eine Erhöhung ihrer CO2-Emissionen zugestanden.

Deutschland habe bei einer Fortsetzung seiner bisherigen Klimaschutzpolitik zumindest gute Chancen, die bis 2008/2012 eingegangenen Reduktionsverpflichtung von 21 Prozent erfüllen zu können, meint das DIW. Voraussetzungen dafür seien eine noch entschiedener Ausrichtung der Energie- und Umweltpolitik auf die Verbesserung der Energieproduktivität, ein vermehrter Einsatz emissionsärmerer Energietröger und eine weitaus stärkere Nutzung erneuerbarer Energiequellen. Das selbst gesteckte, anspruchsvollere Ziel, die CO2-Emissionen schon bis 2005 um ein Viertel gegenüber 1990 zu senken, sei dagegen wenig realistisch.

CO2-Emissionen der deutschen Energiewirtschaft nehmen wieder zu

Wie aus dem Bericht des DIW weiter hervorgeht, hat sich im Bereich der deutschen Energiewirtschaft der absolute Rückgang der CO2-Emissionen, der 1999 mit 359 Millionen Tonnen einen Tiefststand gegenüber 1990 erreichte, nicht fortgesetzt. Stattdessen stiegen im Jahr 2000 die CO2-Emissionen in diesem Sektor auf 368,9 Millionen Tonnen, was einer Verringerung um 16,3 Prozent gegenüber 1990 entspricht (1999 waren es noch 18,5 Prozent). Der Anteil der Energiewirtschaft an den gesamten CO2-Emissionen erhöhte sich auf 43,9 Prozent (siehe DIW-Tabellen).

Dieselbe Tendenz ergibt sich aus dem dritten Nationalbericht zum Klimaschutz (Download von der Seite des BMU), den das Bundeskabinett am 31. Juli billigte und dessen Zahlen aus methodischen Gründen von denen des DIW etwas abweichen. Demnach nahmen die CO2-Emissionen der Energiewirtschaft von 1999 bis 2000 um 2,4 Prozent zu. Eine Zunahme verzeichnete auch der Bereich Industriefeuerungen/Industrieprozesse (plus1,8 Prozent), während Verkehr (minus 1,9 Prozent), Haushalte (minus 4,9 Prozent) und Gewerbe, Handel, Dienstleistungen (minus 3,7 Prozent) rückläufig waren.

Anstieg um drei Prozent bei den Stromversorgern

Wie der Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) am 26. August erklärte, sind die CO2-Emissionen der Stromversorger von 0,67 Kilogramm pro Kilowattstunde im Jahre 1990 auf 0,58 kg/kWh im Jahr 2001 zurückgegangen. Dies bedeute eine Senkung um 13 Prozent. Damit habe sich die Selbstverpflichtung der Wirtschaft zum aktiven Klimaschutz bewährt, die seit 1995 mehrfach modifiziert wurde (950305, 960304, 001010, 010501). Allerdings seien 2001 die CO2-Emissionen im Vergleich zum Vorjahr um rund drei Prozent gestiegen. Verantwortlich dafür sei der verstärkte Einsatz von Braunkohle.

Die deutschen Stromversorger lehnen weiterhin die Pläne der EU ab, einen Handel mit CO2-Emissionszertifikaten ab 2005 verbindlich einzuführen (020204). Dies bekräftigte der VDEW-Hauptgeschäftsführer Eberhard Meller am 23. August auf Anfrage gegenüber der Agentur AFP. Der deutsche Strom werde zu mehr als der Hälfte aus Kohle erzeugt. Deshalb würden die EU-Pläne hier zu Standortnachteilen führen. Um ihre Realisierbarkeit zu prüfen, müsse es zunächst eine freiwillige Probephase geben.

CO2-Emissionen in Deutschland
(Angaben aus dem Wochenbericht 34/2002 des DIW)

TATSÄCHLICHE CO2-EMISSIONEN IN MILLIONEN TONNEN

1990
1995
1996
1997
1998
1999
2000
Energieerzeugung/-umwandlung
440,6
379,2
382
363,1
366,9
359
368,9
Industrie
169,7
127
123,7
124
118,2
116,8
119,4
Verkehr
158
172,5
172,6
173,1
176,4
181,9
178,3
Haushalte
128,4
129
142,3
138,2
131,7
119,8
114
Gewerbe, Handel, Dienstleistungen
90,4
68,4
79,1
68,7
66,6
62,4
60,1
Industrieprozesse
27,7
26,6
24,8
25,5
26,2
26,5
26,5
Gesamtemissionen
1014,8
902,7
924,5
892,6
885,8
866,4
867,2
VERÄNDERUNGEN DER CO2-EMISSIONEN GEGENÜBER 1990 IN PROZENT
Energieerzeugung/-umwandlung
-13,9
-13,3
-17,6
-16,7
-18,5
-16,3
Industrie
-25,2
-27,1
-27
-30,4
-31,2
-29,6
Verkehr
9,9
9,2
9,5
11,6
15,1
12,8
Haushalte
0,4
10,8
7,7
2,5
-6,7
-11,2
Gewerbe, Handel, Dienstleistungen
-24,4
-12,5
-24
-26,4
-30,9
-33,5
Industrieprozesse
-3,8
-10,2
-7,9
-5,4
-4,3
-4,3
Gesamtemissionen
-11
-8,9
-12
-12,7
-14,6
-14,5
STRUKTUR DER ENERGIEBEDINGTEN CO2-EMISSIONEN
Energieerzeugung/-umwandlung
44,6
43,3
42,5
41,9
42,7
42,7
43,9
Industrie
17,2
14,5
13,7
14,3
13,7
13,9
14,2
Verkehr
16
19,7
19,2
20
20,5
21,7
21,2
nur Straßenverkehr
15,2
18,8
18,3
19,1
19,7
20,8
20,4
Haushalte
13
14,7
15,8
15,9
15,3
14,3
13,6
Gewerbe, Handel, Dienstleistungen
9,2
7,8
8,8
7,9
7,7
7,4
7,1

Der DIW-Wochenbericht 34/2002 enthält weitere Tabellen zu