März 2025 |
250306 |
ENERGIE-CHRONIK |
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Innerhalb der acht Entlastungszonen gibt es insgesamt 36 kreisfreie Städte, Stadtkreise, Kreise und Landkreise. Davon liegen 24 in den sechs Entlastungszonen von TenneT (T1 bis T6) und 14 in den beiden von 50Hertz (H1 und H2). |
Auf Grundlage des neuen § 13k im Energiewirtschaftsgesetz, der mit "Nutzen statt Abregeln" überschrieben ist, unterzeichneten die Hamburger Energiewerke und der für Hamburg zuständige ostdeutsche Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz am 1. März den deutschlandweit ersten Vertrag zur praktischen Nutzung dieser gesetzlichen Regelung. Der seit sechs Jahren in Betrieb befindliche, aber weitgehend ungenutzt gebliebene Elektrokessel "Karoline"der Hamburger Energiewerke bekam daraufhin am 5. März von 50Hertz erstmals überschüssigen Windstrom zugeteilt, um diesen in Fernwärme zu verwandeln und so das Übertragungsnetz zu entlasten.
Allein durch diesen Elektrokessel sollen so jährlich 800.000 Euro an Kosten eingespart werden, die sonst für die Überwindung von Netzengpässen entstünden, weil die jeweiligen Strommengen dann vor dem Netzengpass abgeregelt und hinter ihm neu erzeugt werden müssten. Diese optimistische Prognose lässt sich zumindest einer gemeinsamen Pressemitteilung der beiden Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz und TenneT entnehmen, die in ihren jeweiligen Regelzonen weitere solcher Anlagen installieren wollen.
Dazu haben die beiden Übertragungsnetzbetreiber in ihren jeweiligen Regelzonen insgesamt acht "Entlastungszonen" festgelegt, in denen sie für Elektro(den)kessel wie "Karoline" oder auch Stromspeicher, Elektrolyseure und Großwärmepumpen stark verbilligten Strom zur Verfügung stellen, der andernfalls nutzlos abgeregelt werden müsste. Damit entfällt für diese Strommengen die Entschädigung, die sonst den Windstrom-Erzeugern gezahlt werden müsste. Zwar bekommen auch die Netzbetreiber den Strom nur zu den marktüblichen Kosten. Sie können davon jedoch die Einnahmen abziehen, die sie mit der stark verbilligten Nutzung des Stroms durch die Betreiber solcher Anlagen bekommen. Entsprechend weniger werden so die Netzentgelte belastet. Vor allem entfällt aber die Neuerzeugung der sonst abgeregelten Strommengen durch andere Kraftwerke hinter den Netzengpässen, die noch teuerer kommt. Dieser Gesichtspunkt muss mit berücksichtigt werden, wenn einem die erwähnte jährliche Einsparung von 0,8 Millionen Euro allein durch "Karoline" doch etwas übertrieben erscheint.
Innerhalb der acht Entlastungszonen gibt es insgesamt 36 kreisfreie Städte, Stadtkreise, Kreise und Landkreise. Davon liegen 24 in der Regelzone von TenneT und 14 in der von 50Hertz. Bei TenneT gehören dabei die meisten zu Niedersachsen (17), gefolgt von Schleswig-Holstein (6) und Bremen (1). Bei 50Hertz liegen die meisten in Mecklenburg-Vorpommern (8), gefolgt von Brandenburg (3), Sachsen-Anhalt (2) und Hamburg (1). TenneT unterscheidet insgesamt sechs Entlastungzonen (T1 bis T6). Dagegen belässt es bei 50Hertz bei nur zwei, nämlich H1 für Hamburg und H2 für ungefähr die Hälfte der gesamten ostdeutschen Regelzone (siehe Karte).
Im Unterschied zu anderen Entlastungszonen hat Hamburg selber keine große Bedeutung als Erzeuger von Grünstrom – nur Berlin produziert noch weniger – , ist aber für 50Hertz ein wichtiger Verbrauchsschwerpunkt, um überschüssigen Windstrom unterbringen zu können. Da die Hansestadt eigentlich im Netzgebiet von TenneT liegt und durch den Süden Schleswig-Holsteins von der ostdeutschen Regelzone getrennt ist, bildet sie eine Art Höchstspannungs-Exklave von 50Hertz. Der historische Grund dafür ist, dass der schwedische Vattenfall-Konzern vor einem Vierteljahrhundert die Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) geschluckt hat (001002), bevor er die Berliner Bewag (010306) und dann mit der Veag (940901) das gesamte Übertragungsnetz der ehemaligen DDR übernahm (020106).
Die Idee, für 5,9 Millionen Euro den Elektrokessel "Karoline" zu errichten, stammte deshalb auch von dem schwedischen Konzern, der damals noch das Hamburger Fernwärmenetz betrieb, obwohl er bereits den Rückzug angetreten und der Stadt 2014 die Stromversorgung wieder überlassen hatte (140111). Mit seiner Leistung von 45 Megawatt sollte der Kessel die Hamburger Fernwärmeversorgung ergänzen. Schon kurz nach der 2018 erfolgten Inbetriebnahme übernahm die Stadt dann auch die Fernwärme (190906).
Indessen haben sowohl Vattenfall als auch der Nachfolger den Kessel kaum genutzt. Im Grunde diente er nur zur Absicherung der Fernwärmeversorgung für Notfälle. Das lässt darauf schließen, dass es sich nicht lohnte, ihn mit Blick auf besonders niedrige oder sogar negative Börsenpreise zu betreiben, denn zum üblichen Strompreis rentiert sich die Umwandlung von Strom zu Fernwärme ohne Not erst recht nicht. Zudem verfügen die Hamburger Energiewerke neben der 45-MW-Anlage im Hamburger Karolinenviertel in der benachbarten Stadt Wedel noch über eine weitere solche "Power-to-Heat-Anlage" mit 80 MW.
Aber vermutlich ändert sich das nun mit "Nutzen statt Abregeln". Im Rahmen dieses Projekts bekommen die Hamburger Energiewerke die Kilowattstunde bis auf weiteres für 4,5 Cent. Damit konnte "Karoline" die ersten 15 Megawattstunden Fernwärme für 675 Euro erzeugen. Beim durchschnittlichen Börsenpreis von zuletzt 129 Euro/MWh wären es 1935 Euro gewesen.
zu Redispatch, Ausfallarbeit und "Nutzen statt Abregeln"
zur Energieversorgung in Hamburg