August 2023 |
230806 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die sechs Ruhr-Stadtwerke, die vor 12 Jahren für insgesamt 1,2 Milliarden Euro den Energiekonzern Steag übernahmen (101203), haben diesen jetzt für 2,6 Milliarden Euro 17. August an einen spanischen Investor verkauft. Damit endete dieses finanzielle Abenteuer für sie glimpflicher, als zeitweilig zu befürchten war. "Nach Abzug der Verbindlichkeiten wird den Konsorten noch ein erheblicher Betrag zufließen", hieß es am 25. August in einer Mitteilung der Kommunalen Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG (KSBG), in der die fünf Städte Dortmund, Essen, Bochum, Oberhausen, Duisburg und Dinslaken ihre jeweiligen Beteiligungen gebündelt haben. Die genaue Höhe werde auch noch vom Jahresergebnis 2023 der Steag abhängen. Mit dem Abschluss des Verkaufsprozesses sei bis Dezember 2023 zu rechnen.
Erwerber ist der spanische Infrastruktur-Investor Asterion Industrial Partners, der sich neben drei anderen Investoren aus Skandinavien (EQT), den USA (KKR) und Tschechien (EPH) um die Steag beworben hatte, nachdem die sechs Kommunen vor einem Jahr beschlossen, die günstiger gewordenen Marktbedingungen für eine Verkaufsofferte zu nutzen. Als Favorit galt zuletzt der tschechische EPH-Konzern, der vor sechs Jahren die 13 Braunkohleblöcke und fünf Tagebaue des Vattenfall-Konzerns in Ostdeutschland zum symbolischen Preis von einem Euro zuzüglich eines Aufgelds übernehmen konnte (160401). Im Oktober 2017 bekam EPH außerdem noch das unrentabel gewordene Steinkohle-Kraftwerk Mehrum von den Stadtwerken Hannover geschenkt (171001), für dessen Stilllegung er dann dreieinhalb Jahre später eine üppige Prämie kassieren konnte (210402).
Die Chancen von EPH schienen sich noch zu erhöhen, als die RAG-Stiftung Mitte August bestätigte, dass sie sich "in fortgeschrittenen Verhandlungen zur Bildung eines Konsortiums mit EPH" befinde. Die RAG-Stiftung ist politisch bestens vernetzt. Sie war kurz nach ihrer Gründung, als die ihr gehörende Evonik Industries AG die Steag an die sechs Kommunen verkaufte (070907), die eigentliche Eigentümerin des Unternehmens. Und schon vor zwei Jahren hatte sie mit den sechs Steag-Eignern Verhandlungen über eine Treuhänder-Lösung geführt, die dann aber scheiterten.
Vermutlich ging es der RAG-Stiftung bei den Verhandlungen mit EPH um Garantien für die Erhaltung des Gesamtkonzerns, dessen Schwerpunkt sich längst von der Steinkohleverstromung auf zukunftsträchtigere Bereiche verlagert hat. Zu Beginn dieses Jahres wurde die Steag Holding deshalb in zwei Bereiche aufgeteilt: Die Iqony GmbH für das Geschäft mit erneuerbaren Energien und Energiedienstleistungen sowie die Steag Power GmbH als Betreiber von Steinkohlekraftwerken. Der erste Bereich hat rund 3000 Beschäftigte, der andere nur noch rund 1700.
Anscheinend wollte oder konnte der EPH-Konzern die Erhaltung des Gesamtkonzerns nicht in der verlangten Weise garantieren. Einem Gerücht zufolge hätte er als Mehrheitseigentümer eine kartellrechtliche Auflage zur Aufspaltung des Konzerns zu befürchten gehabt, da er bereits über sehr große Kohle-Kapazitäten in Deutschland verfügt. Das klingt nicht gerade überzeugend, konnte aber zumindest als vorgeschobenes Argument dienen, weshalb die Verhandlungen keinen Erfolg hatten.
Der neue spanische Eigentümer will dagegen "Steag als Ganzes zu einem nachhaltigen
Energieversorger mit eigenen klimafreundlichen Kapazitäten weiterentwickeln
und dabei die Stärken von Steag Power und Iqony nutzen", wie er in seiner
Pressemitteilung betont. Zugleich will er "die Pläne der Steag zur Dekarbonisierung
umsetzen und neue, grüne Arbeitsplätze schaffen“, damit das Unternehmen bis
2040 "klimaneutral" werden kann. Auch unter dem neuen Eigentümer wird die
Steag also über kurz oder lang kein Steinkohleverstromer mehr sein.
Links zum Erwerb der Steag durch das Stadtwerke-Konsortium