April 2021

210402

ENERGIE-CHRONIK


 


Die beiden Kraftwerke Wilhelmshaven und Mehrum 3 waren schon seit Jahren immer weniger ausgelastet. Sie bescherten ihren Eigentümern deshalb nur Verluste statt Gewinne. Sie hätten deshalb sowieso aus wirtschaftlichen Gründen stillgelegt werden müssen. Nun wird ihnen aber durch das Kohleverstromungsbeendigungsgesetz eine fünfstellige Prämie pro Megawatt gewährt.

Für das geschenkte Kraftwerk Mehrum bekommt EPH jetzt eine üppige Stilllegungs-Prämie

Die Bundesnetzagentur gab am 1. April die Ergebnisse der zweiten Ausschreibungsrunde für Steinkohlekraftwerke bekannt. Demnach wurde die ausgeschriebene Menge, die dieses Mal 1.500 Megawatt betrug, wie in der ersten Runde überzeichnet. Der Wettbewerb drückte deshalb die Zuschläge deutlich unter den zulässigen Höchstpreis von 155.000 Euro pro Megawatt. Die Gebotswerte der drei bezuschlagten Gebote reichten von 0 bis 59.000 Euro pro Megawatt. Zur genauen Höhe und Verteilung der Zuschläge machte die Behörde auch auf Nachfrage keine näheren Angaben. Offensichtlich verhält es sich aber so, dass der tschechische EPH-Konzern nun für die Stilllegung des Kraftwerks Mehrum eine fünfstellige Prämie pro Megawattstunde erhält, obwohl er es quasi geschenkt bekommen hat, als er es vor knapp vier Jahren von den Stadtwerken Hannover übernahm. Günstigstenfalls bekommt er so aus Steuergeldern eine fast sieben Millionen mal höhere Summe als damals der symbolische Kaufpreis betrug.

Die drei Kraftwerke, die den Zuschlag erhielten, dürfen ab dem 8. Dezember 2021 keine Kohle mehr verfeuern. Es handelt sich um folgende Anlagen mit einer Nettoleistung von insgesamt 1.514 Megawatt:

Name des Bieters Name der Anlage
MW
In Betrieb seit
Uniper Kraftwerke GmbH Kraftwerk Wilhelmshaven
757
1976
Kraftwerk Mehrum GmbH Kraftwerk Mehrum (KWM), Block 3
690
1979
Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH Kraftwerk Deuben
67
1936


Null-Gebot passt zum maroden Braunkohle-Kleinkraftwerk Deuben

Das erwähnte Gebot von 0 Euro pro Megawatt betrifft offenbar das marode Industriekraftwerk Deuben, das seit 1936 Strom aus Braunkohle erzeugt und 2009 mit der ostdeutschen Mibrag in den Besitz des tschechischen EPH-Konzerns gelangte (090713). Derartige Kleinanlagen bis 150 MW, die hauptsächlich Braunkohle einsetzen, sind bei den Ausschreibungen für Steinkohlekraftwerke nach dem Kohleverstromungsbeendigungsgesetz (KVBG) ebenfalls zugelassen. Für die großen Braunkohlekraftwerke gilt ein anderes Verfahren ohne Ausschreibungen, bei dem die beiden Betreiber RWE und LEAG (EHP) für die sukzessive Stilllegung 4,35 Milliarden Euro erhalten (200701).

Uniper wird sein zweites Steinkohlekraftwerk los

Das Gebot von 59.000 Euro pro Megawatt ist dagegen entweder dem Uniper-Kraftwerk Wilhelmshaven oder dem EHP-Kraftwerk Mehrum zuzuordnen. Für Mehrum spräche, dass diese Anlage drei Jahre älter ist. Jedenfalls wird nun Uniper das frühere E.ON-Kraftwerk Wilhelmshaven ebenso los wie das Kraftwerk Heyden in der ersten Ausschreibung, wobei die Prämie sogar höher sein dürfte (201204). Falls es sich um das höchste Gebot gehandelt haben sollte, bekäme Uniper für die 757 MW eine Prämie von insgesamt 44.663.000 Euro.

EPH würde für Mehrum günstigstenfalls 40,71 Millionen Euro erhalten

Das vorteilhafteste Geschäft macht aber zweifellos der EPH-Konzern. Falls er das höchste Gebot von 59.000 Euro pro Megawatt abgegeben und den Zuschlag erhalten haben sollte, würde er insgesamt 40,71 Millionen Euro kassieren. Das wäre fast sieben Millionen mal soviel wie ihn der Erwerb des Kraftwerks Mehrum im Jahr 2017 gekostet hat. Er soll es nämlich für ein symbolisches Aufgeld von sechs Euro quasi geschenkt bekommen haben, weil die Anlage schon damals unrentabel war (171001). Falls er nur das zweithöchste Gebot abgegeben haben sollte, dürfte das Ergebnis auch nicht viel magerer sein.

Das Kraftwerk Mehrum liegt am Mittellandkanal zwischen Hannover und Braunschweig. Es gehörte den Stadtwerken Hannover (83,3 Prozent) und der Braunschweiger SW Energy (16,7 Prozent). Zum Schluss war es hoch defizitär und brachte den Gesellschaftern jährlich 10 bis 15 Millionen Euro Verluste ein. Beide wollten sich seinerzeit nicht zum Kaufpreis äußern, den EPH für das Kraftwerk zahlte. Hierzu habe man Stillschweigen vereinbart, hieß es unisono. Stattdessen verwies man darauf, dass die Erhaltung der 120 Arbeitsplätze vereinbart und gesichert worden sei. Aber auch damit war es nicht weit her, wie sich jetzt zeigt.

 

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