Oktober 2020 |
201017 |
ENERGIE-CHRONIK |
Das Bundessozialgericht hat am 14. Oktober die Klage eines Hartz-IV-Empfängers gegen das Jobcenter Märkischer Kreis abgewiesen. Der Kläger war Anfang 2018 zu einem Stromanbieter gewechselt, der ihm den Wechsel mit einem einen "Sofortbonus" in Höhe von 242 Euro honorierte. Das Jobcenter ließ diesen Bonus jedoch nicht als Bestandteil seiner Stromkosten gelten, sondern rechnete ihm die Hälfte der Summe unter Anrechnung eines Freibetrags von 30 Euro als Einkommen an. Das Sozialgericht Dortmund bestätigte diese Sichtweise, weil nach den geltenden Regeln nur Rückzahlungen des Stromanbieters als Bestandteil der Stromkosten angesehen werden könnten. (Az. B 4 AS 14/20 R)
In der von der ersten Instanz zugelassenen Sprungrevision beim Bundessozialgericht argumentierte der Kläger, dass er mit der Anrechnung des Sofortbonus daran gehindert werde, Einsparungen beim Regelbedarf an Haushaltsenergie zu erzielen. Es dürfe keinen Unterschied machen, ob am Ende eines Bezugszeitraums der tatsächliche Verbrauch abgerechnet und ein Guthaben ausgezahlt wird, das nach der Rechtsprechung kein Einkommen darstellt, oder ob ein Sofortbonus in Anspruch genommen wird.
Das Bundessozialgericht folgte dieser Auffassung jedoch nicht. Mit dem Sofortbonus habe der Kläger Einkommen erzielt, das abzugsfähig gewesen sei. Er habe diesen Bonus nämlich als einmalige Wechselprämie unabhängig vom Stromverbrauch gleich zu Beginn der Vertragslaufzeit erhalten. Zudem sei er bei der Verwendung des erzielten Geldbetrags nicht gebunden gewesen. Das unterscheide diesen Fall von Rückzahlungen von Stromkosten, die nach Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht als Einkommen zu betrachten sind. Bei derartigen Bonus-Angeboten fehle "eine wirtschaftliche Konnexität zum Stromverbrauch und den geleisteten Vorauszahlungen". Der Sofortbonus könne deshalb auch "nicht als antizipierte Rückzahlung aufgefasst werden".
In der Tat stellen Boni jeder Art – ob sie sofort ausgezahlt werden oder erst nach einem Jahr – im Kalkül der Stromanbieter keine "antizipierte Rückzahlung" dar, denn sonst würde dieses Geschäftsmodell nicht funktionieren und von vornherein defizitär sein. Das erklärt auch das Interesse der Stromvertriebe, Vertragsabschlüsse mit "Bonus-Hoppern" zu vermeiden, die unter Berücksichtigung aller Fußangeln in den Vertragsbedingungen rechtzeitig kündigen und damit den Anbieter über den Tisch ziehen anstatt umgekehrt (200916). Insofern ist die Logik dieses Urteils nachvollziehbar. Andererseits müssen Hartz-IV-Empfänger ihre Stromkosten mit dem normalen Regelsatz bestreiten, wobei der dafür vorgesehene Anteil sowieso nicht ausreicht (150213). Es ist deshalb ihr eigenes Risiko, wenn sie auf Bonus-Angebote eingehen. Je nach individuellem Erfolg vergrößern oder vermindern sie dann das Gesamtbudget, das ihnen zur Verfügung steht, ohne dass Mehrausgaben für das Jobcenter entstehen. Insofern werden sie durch das Urteil des Bundessozialgerichts gegenüber anderen Stromkunden diskriminiert. Wenn sie keinen Anbieter von Wahltarifen finden, der sie akzeptiert – mit oder ohne Bonus – , bleiben sie auf die besonders teure Grundversorgung angewiesen, die überdies gerade sozial schwache Kleinverbraucher zusätzlich benachteiligt (180103).