Juni 2019 |
190611 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der zweite Teil des gigantischen Tauschgeschäfts, das die Energiekonzerne E.ON und RWE im März 2018 vereinbart haben (180301), gestaltet sich nicht so einfach wie die von RWE gestellten Anträge, die von den Kartellbehörden am 26. Februar praktisch durchgewunken wurden (190202). Zu der von E.ON beabsichtigten Übernahme der RWE-Tochter Innogy hat die EU-Kommission am 7. März eine "vertiefte Prüfung" eingeleitet, die seitdem andauert. Die Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager begründete dies mit Bedenken, dass das Vorhaben in mehreren Mitgliedstaaten den Wettbewerb im Strom- und Gaseinzelhandel beeinträchtigen könnte. Die Generaldirektion Wettbewerb hat die Prüffrist inzwischen mehrfach verlängert und zuletzt auf den 20. September festgesetzt. Der E.ON-Konzern sah sich deshalb genötigt, ihr am 20. Juni ein paar Zugeständnisse vorzuschlagen, welche die Bedenken ausräumen sollen.
Es handelt sich freilich um keine gravierenden Zugeständnisse. "Unsere Vorschläge sehen Veräußerungen im ungarischen Stromkunden-Geschäft von E.ON und des Strom- und Gaskundengeschäfts von Innogy in der Tschechischen Republik vor", ließ Konzernchef Johannes Teyssen am 25. Juni wissen. Ferner sei E.ON bereit, sich in Deutschland von 260.000 Heizstrom-Kunden zu trennen und 32 Ladestationen für Elektroautos an Autobahnen zu verkaufen.
Die ursprünglich offiziell vereinbarte Übernahme des tschechischen Gas-Verteilnetzbetreibers Innogy Grid Holding durch E.ON steht inzwischen nicht mehr zur Diskussion. RWE hatte die Mehrheitsbeteiligung von 50,4 Prozent an der früheren RWE Grid Holding (150306) im Februar von Innogy zurückerworben, um sie vereinbarungsgemäß an E.ON weiterzuverkaufen. Dadurch wurde allerdings – was durchaus vorhersehbar war – das Vorkaufsrecht des Miteigentümer-Konsortiums unter Führung des Finanzinvestors Macquarie ausgelöst. Der RWE-Konzern bekommt von diesen Miteigentümern für die Überlassung der Mehrheitsbeteiligung 1,8 Milliarden Euro. Das ist noch ein bißchen mehr als die 1,5 Milliarden Euro, die E.ON gemäß der Vereinbarung zum Ausgleich der unterschiedlichen Tauschwerte an RWE zahlen soll.
Die Grünen im Bundestag lehnen das zwischen E.ON und RWE vereinbarte Tauschgeschäft ab. "Unserer Einschätzung nach sollte diese Fusion untersagt werden", heißt es in einem Brief der Grünen-Abgeordneten Ingrid Nestle, Katharina Dröge, Julia Verlinden und Oliver Krischer an die EU-Wettbewerbskommissarin Vestager. Mit dem neuen E.ON-Konzern entstehe Deutschlands größter Grundversorger. Durch die Gewinne aus dem lukrativen Grundversorgergeschäft entstünden der neuen E.ON finanzielle Spielräume, um direkte Konkurrenten im Preiskampf zu unterbieten. Ähnliches drohe bei den Gewinnen, welche die neue E.ON aus dem staatlich regulierten Netzgeschäft beziehen könnte.