September 2018

180914

ENERGIE-CHRONIK


Stadtwerke Rastatt wollen nicht mehr "Star" sein

Die Stadtwerke Rastatt haben ihre Umfirmierung nach 16 Jahren rückgängig gemacht: Die bisherigen "star.Energiewerke GmbH & Co. KG" heißen nun "Stadtwerke Rastatt GmbH". Die Stadtwerke wollen sich damit im Wettbewerb um Strom- und Gaskunden klarer positionieren. Der neue Name soll auch Unkundigen verdeutlichen, dass sie es nicht mit irgendeinem von mehr als tausend Energieanbietern in Deutschland zu tun haben, sondern mit dem angestammten kommunalen Versorger, dessen Gewinne dem öffentlichen Nahverkehr, Schwimmbädern und andere gemeinnützigen Aufgaben zugute kommen.

"Die kommunale Zugehörigkeit wird jetzt auch im Namen wieder sichtbar"

"Was uns im bisherigen Namen zunehmend gefehlt hat, war der wichtige Bezug zu unserer Stadt", erklärte dazu Olaf Kaspryk, der seit 2009 als Geschäftsführer der Stadtwerke amtiert. Solche Kunstnamen wie "star.Energiewerke" seien zu Zeiten der Liberalisierung des Energiemarktes vor rund 15 Jahren in Mode gewesen. Heute wolle man sich jedoch als innovativer Energiedienstleister darstellen, der sich gerade durch die Verbundenheit mit Rastatt auszeichnet und von anderen Unternehmen abhebt. Diese kommunale Zugehörigkeit werde jetzt auch im Namen wieder sichtbar.

Relikt aus den Anfängen des liberalisierten Energiemarktes

Die Stadtwerke Rastatt versorgen mit etwa 120 Mitarbeitern knapp 50.000 Menschen mit Strom, Gas, Wasser und Wärme. Die Umfirmierung dieser Geschäftsbereiche, die bis dahin als Eigenbetriebe geführt wurden, erfolgte kurz nach der 1998 in Kraft getretenen Liberalisierung des Energiemarktes (980401). Diese bewirkte um das Jahr 2000 herum kurzzeitig einen heftigen Wettbewerb und einen damit einhergehenden Verfall der Strompreise (001207). Vor allem die Energie Baden-Württemberg (EnBW) verbreitete mit ihrer Vertriebstochter "Yello" unter den Stadtwerken Angst und Schrecken (000117, 990804). Als kommunale Verteiler mit allenfalls geringfügiger Eigenerzeugung fühlten sie sich von den Dumping-Preisen der noch nicht entflochtenen Stromkonzerne an die Wand gedrückt. Zahlreiche Stadtwerke bangten deshalb um ihre weitere Existenz und suchten die Anlehnung an Kooperationspartner. Um ihre Überlebensfähigkeit im liberalisierten Markt zu demonstrieren, legten sich etliche auch privatwirtschaftlich klingende Kunstnamen zu. Der kurzzeitige Verdrängungswettbewerb erwies sich aber bald als Strohfeuer, und als die EnBW im April 2003 eingestand, mit "Yello" eine halbe Milliarde Verlust eingefahren zu haben (030413), hatte sich die zeitweilige Panik unter den Stadtwerken schon wieder gelegt (siehe ENERGIE-WISSEN "Wettbewerb und Strompreise nach der Liberalisierung").

Der neue Name sollte von Kooperationspartnern nicht als störend empfunden werden

Der Name "star.Energiewerke" wurde vor diesem Hintergrund von Werbeberatern erfunden und den Auftraggebern damit schmackhaft gemacht, dass "star" als Kürzel für "Stadtwerke Rastatt" zu verstehen sei. Ein unbefangener Normalverbraucher dürfte dieses Gedankenkonstrukt schwerlich nachvollzogen haben. Das galt in diesem Fall aber nicht als Hindernis, sondern hatte den diskreten Charme eines Versteckspiels: Die Stadt Rastatt wollte benachbarten Kommunen anbieten, unter die Fittiche ihrer Stadtwerke zu schlüpfen, indem diese Minderheitsanteile an der "star. Energiewerke Beteiligungs-GmbH" erwarben. Daher auch die komplizierte Rechtsform des neuen Unternehmens, bei dem die Beteiligungs-GmbH als Komplementärin fungierte, während die Stadt Rastatt durch Einbringung ihrer Versorgungssparten und einer Bareinlage von 100.000 Euro als Kommanditistin auftrat. Angesichts der geplanten Verhandlungen mit kleineren Kommunen der Umgebung schien es nicht ratsam, die dominierende Rolle der Stadtwerke Rastatt schon im Firmennamen zum Ausdruck bringen. Die umworbenen Kommunalversorger sollten ihre Beteiligung nicht als Vereinnahmung empfinden.

Gemeinderat billigte Rückbenennung einstimmig

Indessen kamen die geplanten Beteiligungen nicht zustande, zumal sich immer deutlicher abzeichnete, dass auch kleine und mittlere Stadtwerke im liberalisierten Markt überleben konnten (siehe ENERGIE-WISSEN "Die neuen Strukturen der Stromwirtschaft"). Die Stadt Rastatt blieb deshalb alleiniger Eigentümer der "star.Energiewerke GmbH & Co. KG". Der Name wurde nun aber zunehmend als störend empfunden, weil er den wichtigsten Punkt, in dem sich ein kommunaler Versorger von privaten Konkurrenten unterscheidet, für Außenstehende gar nicht erkennen ließ. Das bestätigten auch Umfragen. Der Gemeinderat billigte deshalb im April 2017 einstimmig die jetzt vollzogene Rückkehr zur alten Bezeichnung "Stadtwerke Rastatt". Zugleich ersetzte man die frühere GmbH & Co. KG durch die übliche Rechtsform einer GmbH, die ebenfalls die Erhebung von Konzessionsabgaben und steuerliche Vorteile ermöglicht.

 

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