Juni 2014 |
140602 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die EU-Kommission hat einen weiteren Angriff auf die Erneuerbaren-Förderung in Deutschland gestartet. Wie Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel am 27. Juni in der EEG-Debatte des Bundestags bestätigte, hat sie die Bundesregierung aufgefordert, Stromimporte aus erneuerbaren Energien von der EEG-Umlage zu befreien. Praktisch würden dadurch ausländische Stromlieferanten einen Preisvorteil in Höhe der EEG-Umlage von derzeit 6,25 Cent/kWh erlangen. Eine Förderung der erneuerbaren Energien wäre damit jedoch nicht verbunden, auch nicht im Ausland. Die einschlägige EU-Richtlinie 2009/28/EG erlaubt es nämlich, jede Art von Strom durch schlichten Etikettenschwindel mit sogenannten EECS-Zertifikaten zu "Ökostrom" aufzuhübschen (siehe Hintergrund).
"Dieser Vorschlag der Kommission, den Importstrom von der EEG-Umlage zu befreien, ist aus unserer Sicht nicht akzeptabel", erklärte Gabriel. "Das ist ein Irrweg, den wir nicht mitgehen können." Abzulehnen sei auch die weitere Forderung der Kommission, die Bestandsanlagen von Eigenversorgern nachträglich mit bis zu hundert Prozent der EEG-Umlage zu belasten.
Beide Ansinnen seien am 17. und 23. Juni "ohne jede vorherige Vorwarnung" gekommen, sagte Gabriel. Wenn EU-Wettbewerbskommissar Almunia behaupte, er habe schon immer diesen Standpunkt vertreten, sei das unzutreffend. Almunia habe lediglich das "Grünstromprivileg" im alten EEG kritisiert, auf dessen Streichung sich die Koalition bereits im November 2013 verständigte. "Aber daß wir jetzt Importe sozusagen besserstellen und damit das EEG sprengen, kann man, glaube ich, nicht ernsthaft von uns erwarten."
"Wenn in der EU-Kommission Unsinn gedacht oder gefordert wird, dann haben Sie uns selbstverständlich an Ihrer Seite", versicherte Volker Krischer als Sprecher der oppositionellen Grünen dem Bundeswirtschaftsminister. Momentan, in dieser Plenumsdebatte um das neue EEG, sei allerdings nicht der EU-Wettbewerbskommissar Almunia das Problem, sondern Gabriel selber, der aus der EEG-Novelle eine "Abbruchveranstaltung für die Erneuerbaren" gemacht habe.
Die EU-Kommission hatte sich einst das Ziel gesteckt, den Anteil der regenerativen Quellen am Stromverbrauch der Mitgliedsländer, der 1997 bei knapp 14 Prozent lag, bis zum Jahr 2010 auf 22,1 Prozent zu erhöhen. In ihren Richtlinien zum Ausbau der Erneuerbaren Energien vom September 2001 (000505) und vom April 2009 (090614) gab sie den Mitgliedsländern verbindliche nationale Ziele vor. Das Nichterreichen dieser Ziele nahm sie dann zum Anlaß, um weitergehende Vollmachten und eine europaweite "Harmonisierung" der Erneuerbaren-Förderung zu verlangen (110206). Aus ihrer Sicht sollten auch erfolgreiche nationale Programme durch eine EU-weite Regelung ersetzt werden. Schon 2008 versuchte sie, die deutsche EEG-Förderung durch einen dubiosen Handel mit "Ökostrom"-Zertifikaten auszuhebeln (080207).
Neuerdings verzichtet die EU-Kommission auf verbindliche Vorgaben für den Ausbau der Erneuerbaren. Stattdessen erklärt sie die CO2-Minderung zum Kernstück ihrer Energie- und Klimapolitik bis 2030. Faktisch favorisiert sie damit den Ausbau der Kernenergie und die Errichtung von Kohlekraftwerken mit CCS-Technik (140109).
Die Bemühungen der Kommission um eine Minderung der CO2-Emissionen sind auch sonst kein Ruhmesblatt. Der vor neun Jahren mit großem Aufwand gestartete Handel mit Emissionsberechtigungen (EUA) brachte trotz enormen Aufwands keine greifbaren Ergebnisse. Alle drei Handelsperioden waren vielmehr bisher ein einziges Fiasko (140406). Daß die Kommission nun das überaus erfolgreiche deutsche Modell zur Förderung des Ausbaues der erneuerbaren Energien zu torpedieren versucht, paßt dazu wie die Faust aufs Auge.