Januar 2014 |
140108 |
ENERGIE-CHRONIK |
Während Teldafax die Rechnungen von Netzbetreibern und Lieferanten oft nur nach mehrfacher Mahnung bezahlte, flossen Unsummen in die Werbung. Im Rahmen eines millionenschweren Sponsoring-Vertrags mit Bayer 04 Leverkusen warb insbesondere der Fußballmanager Rudi Völler für den Vorkasse-Anbieter. |
Vor einer Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Bonn beginnt am 18. Februar die Hauptverhandlung gegen drei Verantwortliche des Stromanbieters Teldafax, der im Juni 2011 Insolvenz anmeldete (110613). Angeklagt sind Klaus Bath, Gernot Koch und Michael Josten. Die Staatsanwaltschaft wirft den früheren Vorstandsmitgliedern Insolvenzverschleppung, gewerbsmäßigen Betrug und Bankrott vor (siehe Erläuterungen).
Die Teldafax-Vorstände werden beschuldigt, gegen folgende Vorschriften der Insolvenzordnung (InsO) und des Strafgesetzbuches (StGB) verstoßen zu haben: § 15a InsO (Insolvenzschleppung) (2) – (3) […] (4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig stellt. § 263 StGB (Betrug) (2) Der Versuch ist strafbar. (3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. 2Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter 1. gewerbsmäßig […]handelt […] § 283 StGB (Bankrott) 5.Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterläßt oder so führt oder verändert, daß die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird […] 7.entgegen dem Handelsrecht b) es unterläßt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen […] |
Die Wirtschaftsstrafkammer hat die Anklage der Staatsanwaltschaft Bonn vom Februar 2013 (130206) unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen. Es sind zunächst 16 Sitzungstage bis zum 6. Mai angesetzt. Das Verfahren soll danach während des gesamten Jahres 2014 – mit Unterbrechungen durch Feiertage sowie Urlaube von Verfahrensbeteiligten – jeweils Dienstags und Freitags fortgesetzt werden.
Die Angeklagten werden beschuldigt, den Insolvenzantrag bis zum Juni 2011 verschleppt zu haben, obwohl das Unternehmen schon seit Sommer 2009 zahlungsunfähig war. Die Buchführung entsprach seit Mitte 2009 nicht mehr den hierfür geltenden Grundsätzen. Seit 2008 wurde keine ordnungsgemäße Bilanz über das Vermögen der Holding aufgestellt.
Um an frisches Geld zu kommen, führten sie ab Ende Juli 2010 bis März 2011 neue Tarifmodelle (z.B. "Treuepaket") für Strom und Gas ein. Die Kunden kauften dabei eine bestimmte Menge Strom oder Gas, die sie innerhalb eines Jahres verbrauchen konnten. Der Preis für den Jahresverbrauch war aber im voraus zu zahlen. Verlockend günstig war er nur deshalb, weil die Beschaffung des Stroms für Teldafax teuerer kam als der "Paketpreis" für die Kunden. Nach den Ermittlungen deckten im Stromgeschäft 41 Prozent und im Gasgeschäft 37 Prozent der Kundenverträge nicht einmal die direkten Kosten.
Mit Hilfe des Vorkasse-Modells und einer stetig wachsenden Kundenzahl konnten die Angeklagten so aber dennoch kurzfristig aus den Liquiditätsschwierigkeiten herauskommen und die längst überfällige Insolvenz verzögern. Eine aggressive Werbung sorgte dafür, daß der Kundenzustrom anhielt. Allein für den Sponsoring-Vertrag mit dem Fußballunternehmen Bayer 04 Leverkusen gab Teldafax sechs Millionen Euro aus (101007). Zuletzt soll das Unternehmen rund 700.00 Kunden gehabt haben.
Aus praktischen Gründen beschränkt sich die Anklage auf 241 ausgewählte Fälle des gewerbsmäßigen Betruges, obwohl die Zahl der geschädigten Kunden mehr als hundertmal größer ist. In 106 Fällen sei den Kunden ein Schaden in Höhe von insgesamt knapp 86.000 Euro entstanden (zwischen 67 Euro und 2.600 Euro im Einzelfall). In weiteren 135 Fällen hätten die Angeklagten eine verzögerte Bearbeitung von Rückzahlungsforderungen und einen hierdurch entstandenen Schaden von weiteren knapp 98.000 Euro zu verantworten (zwischen 200 Euro und 1.080 Euro).