September 2011 |
110909 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der Tarifvergleicher Verivox soll dem dubiosen Stromanbieter Teldafax dabei geholfen haben, seine Angebote so zurechtzuschneidern, daß er beim Tarifvergleich stets oben rangierte. Zugleich soll er von Teldafax besonders hohe Provisionen für die Kundenvermittlung kassiert haben, die der Stromanbieter auch pünktlich bezahlte, obwohl er sonst zahllosen Kunden und Lieferanten das Geld schuldig blieb. Dies berichtete am 15. September das "Handelsblatt", das die Machenschaften von Teldafax schon lange vor dem mittlerweile eingeleiteten Insolvenzverfahren (110613) kritisch durchleuchtete. Verivox wies den Vorwurf einer wettbewerbswidrigen Zusammenarbeit mit Teldafax zurück. Zur Höhe der Provisionen für die Kundenvermittlung wollte das Unternehmen weiterhin keine Angaben machen.
Die Verivox-Zentrale in Heidelberg |
"Alle Stromanbieter mußten Preisänderungen mit zwei Wochen Vorlauf an Verivox melden, damit die Infos in die Vergleichssoftware eingepflegt werden konnten", zitierte das "Handelsblatt" einen Ex-Manager von Teldafax, der seine Aussage eidesstattlich bezeugt habe. "Der zuständige Mitarbeiter von Verivox sprach regelmäßig mit unserer Führung. So wußten wir, wann Konkurrenten Sonderangebote starten würden. Dann haben wir die Preise angepaßt und standen im Verivox-Ranking weiter oben." Diese Anschuldigung sei dem Handelsblatt auch von von weiteren Informanten bestätigt worden.
Derselben Quelle zufolge erhielt Verivox von dem so bevorzugten Stromanbieter "bis zu 130 Euro Provision pro Kunde – mehr als das Doppelte der üblichen Summe". Die höchste Provision habe es für Vorauszahler gegeben, die für das vermeintlich günstige Stromangebot von Teldafax oft 1500 Euro vorab zahlten. Monatlich seien bis zu 10.000 Kunden über Verivox zu Teldafax gekommen. Der Tarifvergleicher habe so allein von Teldafax oft mehr als eine Million Euro pro Monat an Provisionen erhalten.
"Verivox hat TelDaFax weder Informationen über Preisänderungen von Wettbewerbern weitergeleitet, noch hat Verivox TelDaFax oder andere Anbieter im Ranking seines Tarifrechners bevorzugt", erklärte der Tarifvergleicher zu den Vorwürfen. Die Verivox-Datenbank berücksichtige insgesamt 19.690 Energietarife von 1.008 Strom- und über 833 Gasversorgern. Von den gelisteten Anbietern stünden nur 105 mit Verivox als Provisions-"Partner" in geschäftlicher Verbindung. Im übrigen könne jeder Kunde selbst darüber entscheiden, ob er sich lediglich über günstige Tarife informieren oder den Wechselservice in Anspruch nehmen wolle. Dem Kunden bleibe es auch unbenommen, die Voreinstellungen so zu ändern, daß Tarife mit Vorauskasse, Kaution oder einmaligen Boni beim Tarifvergleich nicht berücksichtigt werden.
Zur Höhe der Provisionen für die Kundenvermittlung machte Verivox weiterhin keine Angaben. Auf eine entsprechende Anfrage der ENERGIE-CHRONIK im Dezember 2010 hatte das Unternehmen die unterschiedliche Höhe der Provisionen mit den "sehr unterschiedlichen Leistungen" begründet, die "bis hin zur individuellen Hotline" gingen:
"Wir bekommen nur von Versorgern eine Provision, mit denen wir einen Partnerschaftsvertrag haben, in dem die Leistungen die wir für den Versorger erbringen klar definiert sind. Diese Leistungen sind sehr unterschiedlich. Sie gehen von der reinen Sammlung von Kundenverträgen und der Übergabe der Vertragsdokumente (unter Einhaltung der gesetzlich definierten Datenschutzrichtlinien!) bis hin zur individuellen Hotline, der Einzelüberprüfung von Kundenanträgen und ein Umwandeln der Angaben in für den Versorger kompatible Systeme. Wir fungieren hier als eine 'Art outgesourcter Vertriebskanal'. Auf Grund der unterschiedlichen Komplexität der Leistungen bekommen wir selbstverständlich auch unterschiedlich hohe Provisionen. Diese werden von uns nicht kommuniziert, da diese der Geheimhaltungspflicht unserer Verträge unterliegen."
Auch jetzt wollte Verivox die unterschiedlich hohen Provisionen und Leistungen nicht konkretisieren. Sie seien nicht ungewöhnlich hoch, sondern "branchenüblich", hieß es lediglich. Außerdem berief sich das Unternehmen auf eine angeblich doppelte Geheimhaltungsverpflichtung, die einerseits in den Verträgen mit den "Partnern" vereinbart worden sei und andererseits vom Bundeskartellamt überwacht werde:
"Zu Provisionen dürfen wir aus rechtlichen Gründen keine Angaben machen. Mit den Energieversorgern besteht eine Geheimhaltungsverpflichtung. Die Kommunikation unserer Provisionssätze würde das Bundeskartellamt nicht dulden und uns den Versuch einer Preisabstimmung vorwerfen (Verstoß gegen die Grundsätze des Geheimwettbewerbs)."
Mehr Transparenz im undurchsichtigen Geschäft mit dem Lieferantenwechsel würde somit nicht nur gegen geschäftliche Vereinbarungen, sondern auch gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen. – Auf Anfrage der ENERGE-CHRONIK war das Bundeskartellamt leider nicht imstande, zu dieser Sichtweise der Dinge eine klare Stellungnahme abzugeben.
Die Verivox GmbH wurde 1998 in Heidelberg von Andrew Goodwin gegründet. Aus kleinsten Anfängen entwickelte sie sich zu einem Unternehmen mit heute 250 Beschäftigten. Die meisten davon arbeiten in einem Bürogebäude in Heidelberg-Wieblingen, das 2007 bezogen wurde. Nach Angaben des Unternehmens gehören 51 Prozent der GmbH-Anteile einer privaten Beteiligungsgesellschaft aus England namens Oakley Capital. Die restlichen Anteile halten Andrew Goodwin und Geschäftsführer Alexander Preston – ein Cousin von Goodwin, der seit 1999 mit dabei ist. Über Tochterunternehmen betreibt Verivox u.a. die Internet-Plattformen Strom-Magazin.de, DSL-Magazin.de, Call-Magazin.de, Tarife.de, billiger-telefonieren.de, billiger-surfen.de und stromseite.de. Das Unternehmen ist Marktführer bei den Tarifvergleichern und beziffert seinen Umsatz mit jährlich 54,6 Millionen Euro.