November 2010

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ENERGIE-CHRONIK


Bei Teldafax hängt alles davon ab, ob die Russen kommen

Der schlingernde Vorkasse-Anbieter Teldafax (101007) hat sich angeblich wieder gefangen. Wie er am 4. November erklärte, will ein ungenannter russischer Geldgeber den Strom- und Gasvertreiber "zu einem führenden Player im deutschen Energiemarkt ausbauen" und hat schon mal vorab die Spendierhosen angezogen: "Der kommende russische Investor stattet TelDaFax mit zusätzlichem Kapital im mittleren zweistelligen Millionenbereich aus und will damit das Wachstum des Troisdorfer Unternehmens beschleunigen."

Ganz neu ist der Nothelfer nicht, denn Teldafax verhandelt schon lange über den Verkauf an russische Interessenten. Neu ist lediglich, daß der "Investor schneller an Bord als gedacht" kommen soll, wie es in der Überschrift der Teldafax-Mitteilung heißt. Präzisiert wurde dieser Zeitpunkt allerdings nicht. Rein semantisch bleibt bei der Lektüre des Textes außerdem unklar, ob der Investor die Spendierhosen erst anzieht, wenn er an Bord ist, oder ob er vorab schon mal eine Finanzspritze gibt. Letzteres wäre - gelinde gesagt - unvorsichtig, denn andere Sicherheiten als einen stark geschrumpften Aktienwert wird der hoch verschuldete Vorkasse-Verkäufer kaum bieten können.

Medien machen aus schillernden Formulierungen harte Tatsachen

Offensichtlich haben die geheimnisvollen Russen bisher weder den Erwerb der Aktienmehrheit vollzogen noch gibt es dazu einen bindenden Vertrag. Stutzig macht auch, daß keine Namen genannt werden, obwohl der Investor in Kürze aus den Kulissen hervortreten müßte, falls es ihm mit dem Erwerb von Teldafax ernst ist.

Das hinderte den Teldafax-Chef Klaus Bath freilich nicht, den "strategischen neuen Gesellschafter" schon als Realität zu betrachten und alle Geldsorgen für passé zu erklären: "Die Entscheidung unseres Aktionärs kommt genau zum richtigen Zeitpunkt", ließ er sich in der Mitteilung seines Unternehmens zitieren. "Wir befinden uns jetzt in einer finanziell sehr komfortablen Situation. Damit können wir schneller wachsen als geplant."

Von den meisten Medien wurden diese nebulösen Formulierungen prompt so verstanden, als habe Teldafax nun seinen Retter gefunden und sei aller Sorgen ledig. Unter der Überschrift "TelDaFax holt neuen Investor an Bord" berichtete DPA: "Dem Stromanbieter TelDaFax hat ein russischer Investor mit einer Geldspritze in zweistelliger Millionenhöhe unter die Arme gegriffen." Sogar das "Handelsblatt", das die ganze Teldafax-Affäre ins Rollen gebracht hat, scheint vorübergehend an seiner eigenen Berichterstattung gezweifelt zu haben. Es faßte die vermeintlich neue Lage so zusammen: "Der Stromdiscounter Teldafax hat eine Geldspritze in zweistelliger Millionenhöhe erhalten. Ein russischer Investor greift dem Unternehmen unter die Arme." Zu den eigenen Enthüllungen hieß es nun fast entschuldigend: "Teldafax war in den vergangenen Wochen unter anderem wegen angeblicher Überschuldung, drohender Insolvenz und dubioser Geschäftspraktiken in die Schlagzeilen geraten. Diese Berichte hatte der Vorstand des Unternehmens strikt zurückgewiesen."

Strafanzeige gegen Teldafax-Chef Bath

Im vorläufig letzten Akt des Dramas vermeldete das "Handelsblatt" am 19. November, daß der Staatsanwaltschaft Landshut eine Strafanzeige gegen Teldafax-Chef Bath wegen Insolvenzverschleppung und Beihilfe zum Betrug vorliege. Sie stamme von einem Finanzberater, der in den vergangenen Jahren gemeinsam mit Kollegen mehr als eine Million Euro von privaten Investoren eingeworben habe, um diese Gelder bei der Fondsgesellschaft Debi Select anzulegen. Der Fonds habe eine sichere Anlage mit 8,25 Prozent Rendite versprochen. Der Finanzberater habe dann zu seinem Schrecken erfahren, daß Gelder aus den Debi Select Fonds an Teldafax und Schwestergesellschaften geflossen seien. Mit der Strafanzeige wolle er das Geld für seine Kunden zurückholen, bevor es nichts mehr zu holen gibt.

Teldafax nährte unterdessen den Eindruck, einen neuen russischen Großaktionär in petto zu haben, der vor allem am Gasvertrieb interessiert ist, durch Umgestaltung seiner Internet-Seite: Der Fußballer Rudi Völler wirbt nun, von herbstlich gefärbtem Laub umrahmt, für Gas statt für Strom.

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