April 2013

130413

ENERGIE-CHRONIK


RWE hat sich aus "Nabucco" zurückgezogen

Der RWE-Konzern hat seine Beteiligung an der Projektgesellschaft für den Bau der Erdgas-Pipeline Nabucco in aller Stille dem österreichischen Mineralölkonzern OMV verkauft. Dies bestätigten Sprecher der beiden Unternehmen Mitte April, nachdem Medienvertreter nachgefragt hatten. Zur Höhe des Verkaufspreises wollten sie keine Angaben machen. Die Übertragung der Beteiligung erfolgte bereits Anfang März. Weder RWE noch OMV veröffentlichten dazu eine Mitteilung. Auch auf der Internet-Seite der Projektgesellschaft gab es dazu keine Information – wenn man mal davon absieht, daß RWE in der Liste der Anteilseigner plötzlich nicht mehr auftauchte.

Anteilseigner der Projektgesellschaft sind neben OMV jetzt noch die ungarische MOL-Tochter FGSZ, die rumänische Transgaz, die Bulgarian Energy Holding und die türkische Botas. Die Gesellschafter verfügen jeweils über 16,67 Prozent, mit Ausnahme der OMV, deren Anteil sich nun verdoppelt hat. OMV will den von RWE übernommenen Anteil aber so bald wie möglich an einen neuen Partner weitergeben.

An der mittlerweile abgespeckten Variante des Projekts war RWE nicht mehr interessiert

RWE war vor fünf Jahren bei dem Projekt Nabucco eingestiegen, das die Belieferung der EU mit Gas aus dem Raum des Kaspischen Meers unter Umgehung Rußlands durch den Neubau einer 3.300 Kilometer langen Pipeline sicherstellen sollte (060605). Es zeigte sich aber bald, daß eine hinreichende Auslastung der Röhre nicht gesichert werden konnte, zumal die russische Gazprom mit Hilfe westlicher Energiekonzerne das Konkurrenzprojekt "South Stream" vorantrieb (070612, 100601) und die Kapazität der neuen Gaspipeline "Nord Stream" durch die Ostsee weiter ausbaute (121003). Am Ende wurde das Projekt deshalb stark abgespeckt und auf das 1.300 Kilometer lange Teilstück zwischen Österreich und der bulgarisch-türkischen Grenze reduziert (120402). Es ist indessen nicht sicher, ob das Shah-Deniz-Konsortium, das sich die Ausbeutung des gleichnamigen Gasfelds am Kaspischen Meer mit Hilfe der aserbaidschanischen Regierung sichern konnte, für diese Verbindung über den Balkan entscheiden wird. Möglicherweise gibt das Konsortium dem konkurrierenden Projekt der "Trans Adriatic Pipeline" (TAP) den Vorzug, das die über die Türkei ankommenden Gasmengen durch Griechenland und Albanien nach Italien weiterleiten will (130106).

Erste Gerüchte über einen möglichen Rückzug des RWE-Konzerns tauchten 2010 auf, als dieser von Gazprom das Angebot einer Beteiligung an "South Stream" erhielt. Er versicherte demgegenüber, daß die eingegangene Beteiligung für ihn "definitiv prioritär bleibt, weil Nabucco bestmöglich die Investitionskriterien von RWE erfüllt und am besten zu den laufenden Konzernprojekten in Europa, der kaspischen Region und der Türkei paßt" (100909). Vor einem Jahr zeichnete sich dann aber doch ab, daß RWE an der mittlerweile abgespeckten Variante des Projekts nicht mehr interessiert ist (120509). Fast gleichzeitig kündigte die ungarische MOL ihren Rückzug an, wozu es bisher aber nicht gekommen ist (120402). Vermutlich wird über eine weitere Veränderung bei den Anteilseignern der Nabucco-Projektgesellschaft bzw. deren Auflösung erst entschieden, wenn das Shah-Deniz-Konsortium seine Wahl getroffen hat.

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