März 2013

130310

ENERGIE-CHRONIK


Provisorische Windpark-Anbindung kostet mehr als 50 Millionen Euro

Der Übertragungsnetzbetreiber TenneT hat den in Mailand ansässigen Kabelkonzern Prysmian Group beauftragt, den Windpark Deutsche Bucht provisorisch ans Netz anzuschließen. Wie er am 1. März mitteilte, kostet die Übergangslösung "weit über 50 Millionen Euro". Sie soll bis Ende 2015 fertig sein und eine Drehstrom-Verbindung zum Konverter der Netzanbindung BorWin2 herstellen, die vorläufig noch nicht voll ausgelastet sein wird. Das teure Drehstromkabel bleibt aber nur solange in Betrieb, bis die ursprünglich für den Anschluß vorgesehene Netzanbindung BorWin4 fertiggestellt ist. Es muß dann stillgelegt oder sogar "rückgebaut" werden, um den Anschluß weiterer Windparks zu ermöglichen, die im "Cluster" der Netzanbindung BorWin2 vorgesehen sind.

Das Kabel wird voraussichtlich nur drei Jahre benötigt

Der Auftrag an Prysmian umfaßt das Design, die Herstellung, die Lieferung und die schlüsselfertige Installation von Wechselstromkabeln. Die Kabelverbindung zwischen der Umspannplattform des Windparks "Deutsche Bucht" und der Konverterplattform von BorWin2 ist rund 31 Kilometer lang. Sie wird voraussichtlich nur drei Jahre in Betrieb sein, denn nach dem ersten Entwurf des Offshore-Netzentwicklungsplans, den die Übertragungsnetzbetreiber im März vorgelegt haben, soll BorWin4 bis 2018 in Betrieb genommen werden. BorWin2 ist ebenfalls noch nicht fertig, wird aber derzeit gebaut und soll bis 2015 die Übertragung einer Leistung von 800 MW ermöglichen.

Windpark "Deutsche Bucht" gehört inzwischen einem schottischen Gläubiger von Windreich

Der im Februar 2010 genehmigt Windpark "Deutsche Bucht" liegt 94 Kilometer nördlich der Insel Borkum und 134 Kilometer westlich von Helgoland. Er umfaßt 42 Windkraftanlagen mit einer Nennleistung von jeweils 5,2 MW, die in einer Wassertiefe von rund 40 Metern errichtet werden. Der ursprüngliche Betreiber Eolic Power GmbH verkaufte das Projekt 2011 der Windreich AG. Diese überließ den Windpark im Oktober 2012 ihrem schottischen Gläubiger Irvine Laidlaw, um eine drückende Schuldenlast abzubauen, blieb aber weiterhin mit der Fertigstellung des Projekts beauftragt. Nach außen stellte Windreich diesen Vorgang so dar, als ob es sich um einen lukrativen Verkauf an einen "angelsächsischen Finanzinvestor" gehandelt habe. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft untersucht derzeit dieses und andere Geschäfte der Windreich AG anhand umfangreicher Unterlagen, die sie am 5. März bei einer Razzia in der Firmenzentrale und Privatwohnungen beschlagnahmte (130314).

Bei TenneT geht alles nicht so schnell

Unklar bleibt der aktuelle Stand der Dinge bei den ebenfalls geplanten bzw. erwogenen provisorischen Netzanbindungen für die Windparks "Global Tech 1" von Windreich und "Veja Mate" von Bard (120904). Die Pressestelle der deutsche TenneT sah sich außerstande, auf diese und andere Nachfragen der ENERGIE-CHRONIK bis Redaktionsschluß zu antworten. Windreich verfügt angeblich über die Zusage, daß Global Tech 1 zunächst provisorisch über den Konverter BorWin 1 angeschlossen wird, bis BorWin2 fertiggestellt ist. In jedem Falle seien etwaige Ausfälle "ab Errichtung unseres parkinternen Umspannwerks durch die neue Haftungsregelung mit 90 Prozent staatlich garantiert", heißt es auf der Internet-Seite von Windreich.

Mit "Transpower" wurde E.ON auch die Netzanschluß-Verpflichtungen in der Nordsee los

Durch das ""Gesetz zur Beschleunigung von Planungsvorhaben für Infrastrukturvorhaben" (061102), das im Dezember 2006 in Kraft trat (061216), wurde der damalige Transportnetzbetreiber E.ON zum Anschluß sämtlicher Offshore-Projekte in der Nordsee und mithin auch zum Anschluß des Windparks "Deutsche Bucht" verpflichtet. Diese in § 17 EnWG enthaltene Verpflichtung ging dann auf den niederländischen Netzbetreiber TenneT über, als dieser das E.ON-Transportnetz kaufte (091101), das inzwischen in "Transpower" umbenannt worden war (091005). Die TenneT TSO, wie der Transportnetzbetreiber nunmehr hieß, fühlte sich aber finanziell überfordert damit, dieser Verpflichtung nachzukommen (120205), obwohl die Netzbetreiber ihre Investitionskosten über die Netzentgelte auf die Stromverbraucher abwälzen dürfen und ihnen mit 9,29 Prozent eine durchaus auskömmliche Garantie-Rendite zugestanden wurde (100502, 120312). Die TenneT TSO ließ es deshalb sogar auf einen Konflikt mit der Bundesnetzagentur ankommen, die ihr die nach § 4a EnWG erforderliche Zertifizierung verweigerte (121105). Über weitergehende Sanktionen in Form eines Bußgeldes wurde bisher aber nichts bekannt. Stattdessen beschloß die schwarz-gelbe Koalition eine rechtliche Neuregelung, die die beiden Transportnetzbetreiber Tennet TSO (Nordsee) und 50Hertz (Ostsee) von der Haftung für Verzögerungen oder Unterbrechungen bei der Netzanbindung von Offshore-Windparks befreit und dadurch entstehende Kosten den Stromverbrauchern aufbürdet (121103).

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