Januar 2013 |
130105 |
ENERGIE-CHRONIK |
Sinkflug: Schon kurz nach dem Start fiel der Preis für die Emissionszertifikate der dritten Handelsperiode unter vier Euro pro Tonne Kohlendioxid. Quelle: EEX
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Die European Energy Exchange (EEX) mußte am 18. Januar die Auktion von 4,02 Millionen EU-Emissionsberechtigungen (EUA) für die dritte Handelsperiode ergebnislos beenden, weil es keine ausreichende Nachfrage gab. Obwohl sie die Frist für die Abgabe von Geboten um 15 Minuten verlängerte, blieb der Auktionspreis unterhalb des Referenzpreises. Nach dem Reglement führt dies zur Annullierung der Auktion. Der Preis für eine Tonne Kohlendioxid fiel am 21. Januar auf ein neues Rekordtief von 4,70 Euro und sank in den folgenden Tagen weiter bis auf 3,90 Euro (siehe Grafik).
Es handelte sich um die zweite Versteigerung, die die EEX in diesem Jahr im Auftrag der Bundesrepublik durchführte. Die nicht versteigerten EUA-Mengen wurden auf die nächsten vier Auktionen umverteilt, die in wöchentlichem Abstand vom 25. Januar bis zum 15. Februar stattfinden. Deren Angebotsvolumen erhöhte sich dadurch auf jeweils 5,025 Millionen EUA.
Die Talfahrt der EUA-Preise zeigt, daß der 2005 gestartete Handel mit Emissionszertifikaten (041211) nach wie vor keinen Beitrag zum Klimaschutz leistet und auch in der 2013 begonnenen dritten Handelsperiode viel zu viele Zertifikate kursieren. Schon in der ersten Handelsperiode versagte der Zertifikate-Handel als klimapolitisches Instrument total, weil sich schon 2006 ein riesiger Überschuß an Zertifikaten herausstellte, der den zuletzt erreichten Preis von 30 Euro pro EUA mehr als halbierte (060501) und bis Februar 2007 auf 90 Cent abstürzen ließ (070202). Äußerst lukrativ war das neue Instrument jedoch für die Stromkonzerne, die es als Vorwand mißbrauchten, um den nominellen Börsenwert ihrer kostenlos erhaltenen Emissionszertifikate auf die Strompreise aufzuschlagen (050703, 050901, 061203).
In der zweiten Handelsperiode, die 2008 begann, gab es zunächst ebenfalls eine lebhafte Handelstätigkeit, die den Anschein erweckte, als ob bei den CO2-Emittenten ein großer Bedarf an Zertifikaten bestehe. Tatsächlich rührte diese Handelstätigkeit aber zu neunzig Prozent von einem Umsatzsteuerkarussell, mit dem sich Betrüger fünf Milliarden Euro aus Steuergeldern ergaunerten (091204). Als Kriminelle dann auch noch in das elektronische Registrierungssystem eindrangen, um Zertifikate im Wert von rund 28 Millionen Euro zu Geld zu machen, mußte die EU-Kommission Anfang 2007 vorübergehend alle europäischen Register sperren (110105).
Die Nutzlosigkeit des Zertifikate-Handels hinderte neoliberale Wirtschaftsideologen freilich nicht, ihn als effizientes Instrument des Klimaschutzes zu preisen, das sogar die EEG-Förderung überflüssig und kontraproduktiv mache (040304, 090308). Auch die Monopolkommission verstieg sich zu der Behauptung, das EEG habe sich durch den Zertifikatehandel erübrigt (110907).
Die EU-Kommission setzt seit jeher auf den Zertifikatehandel als "marktwirtschaftliches" Patentrezept zur Minderung der CO2-Emissionen. Sie weiß allerdings, daß er bisher praktisch nichts gebracht hat und daß ein weiteres Scheitern auf diesem Sektor ihren stramm neoliberalen Grundkurs, der zunehmend kritisch beäugt wird, zusätzlich diskreditieren würde. Sie gibt deshalb ab 2013 die Zertifikate zentral aus, anstatt die Zuteilung den nationalen Regierungen zu überlassen (110805). Die für Klimapolitik zuständige Kommissarin Connie Hedegaard hat außerdem schon im Juli 2012 eine Verknappung der für die dritte Handelsperiode vorgesehenen EUA-Mengen gefordert, weil infolge der Wirtschaftskrise die Industrieemissionen stärker als erwartet zurückgegangen seien und sich deshalb erneut ein Überangebot abzeichne (120707). Am 14. November 2012 legte die Kommission dazu einen konkreten Vorschlag vor. Er sieht vor, die von 2013 bis 2015 zu versteigernde EUA-Menge um insgesamt 900 Millionen Zertifikate zu kürzen. Die zurückgehaltenen Zertifikate sollen erst am Ende der Handelsperiode zusätzlich angeboten werden – "wenn die Nachfrage wieder angezogen hat", wie es in der Verlautbarung der Kommission hieß.
Das Scheitern der Auktion an der EEX nahm ein Sprecher der EU-Kommissarin Hedegaard am 21. Januar zum Anlaß, um auf die schnelle Umsetzung dieses Vorschlags zu drängen. Es sei mit einem weiteren Preisverfall zu rechnen, warnte er. Der Markt werde momentan von Emissionszertifikaten geradezu überschwemmt.