September 2009 |
090912 |
ENERGIE-CHRONIK |
In der rheinland-pfälzischen Stadt Landau gab es am 15. August und am 14. September zwei leichte Erdbeben, die eine Stärke von 2,7 bzw. 2,4 auf der Richterskala erreichten. Als wahrscheinliche Ursache gilt das geothermische Kraftwerk, das im November 2007 den Probebetrieb aufnahm (071111). Klarheit soll eine von der Landesregierung eingesetzte Expertengruppe bringen, die am 4. September erstmals zusammentrat. Nach dem zweiten Beben lud die Stadt am 17. September zu einer Bürgerversammlung ein, zu der rund 300 Einwohner kamen. Das Mainzer Wirtschaftsministerium hat die ursprünglich vorgesehene Erlaubnis für den Regelbetrieb bis auf weiteres verschoben und die zum 30. September auslaufende Genehmigung für den Probebetrieb des Kraftwerks zuerst einmal um sechs Monate verlängert.
Das Landauer Geothermie-Kraftwerk fördert heißes Wasser aus einer Tiefe von rund drei Kilometern und drückt es über eine zweite Bohrung in den Untergrund zurück, nachdem ihm über einen Wärmetauscher die Energie für Stromerzeugung und Wärmeversorgung entzogen wurde. Grafik: BINE
|
Wie Wirtschaftsminister Hendrik Hering (SPD) am 3. September aufgrund einer Anfrage der FDP im Landtag mitteilte, wurde das erste Beben anhand der Daten von 49 Meßstationen mehrerer Lokal- und Regionalnetze näher untersucht. Nach vorläufigen Erkenntnissen des Landesamts für Geologie und Bergbau habe das Hypozentrum des Bebens rund 500 Meter nördlich des Geothermie-Kraftwerks Landau in einer Tiefe von 2,5 bis 4 Kilometern gelegen. Es gebe auch sonst Hinweise auf einen Zusammenhang des Bebens mit der Geothermienutzung in Landau. Nach gegenwärtigem Wissensstand sei dieser Zusammenhang allerdings noch nicht sicher nachgewiesen, da der Oberrheingraben eine bewegte Region sei, in der häufig kleinere Beben registriert werden.
Das Landauer Kraftwerk nutzt Thermalwasser aus einer Tiefe von rund drei Kilometern zur Stromerzeugung (3 MW) und Nahwärmeversorgung. Da das 160 Grad heiße Thermalwasser stark salzhaltig ist, gibt es seine Energie zunächst über einen Wärmetauscher an einen sekundären Wasserkreislauf ab, der mit etwa 100 Grad eine ORC-Turbine treibt und anschließend mit noch etwa 70 Grad benachbarte Wohngebäude heizt (siehe Grafik). Nach der Förderung und Abkühlung im Wärmetauscher wird das Thermalwasser mit einer Temperatur von noch etwa 50 Grad über ein zweites Bohrloch in den Untergrund zurückgepumpt. Beide Beben ereigneten sich, als die Pumpen wegen Wartungsarbeiten abgeschaltet waren. Möglicherweise war es der nachlassende Druck im Untergrund, der die Beben auslöste.
Betreiber des Landauer Kraftwerks ist die Geox GmbH, eine 2002 gegründete Tochter der Pfalzwerke AG und der EnergieSüdwest AG (020811). Bei der EnergieSüdwest handelt es sich um die ehemaligen Stadtwerke Landau, die sich seit 1999 mehrheitlich in privater Hand befinden und neuerdings zum Beteiligungsbereich des Luxemburger Enovos-Konzerns gehören (090406).
Die Pfalzwerke engagieren sich außerdem in Insheim bei einem weiteren geothermischen Kraftwerksprojekt, das sie Ende 2008 von der HotRock-Gruppe erworben haben. Verantwortlich für die Projektplanung und Durchführung ist hier die Bestec GmbH, an der die Pfalzwerke zu 49 Prozent beteiligt sind. Das Kraftwerk Insheim soll Ende 2010 mit einer elektrischen Leistung von vier bis fünf Megawatt in Betrieb gehen. Das Thermalwasser kommt mit 155 Grad aus einer Tiefe von 3,6 Kilometern. Auch hier ereigneten sich am 8. Mai vier schwachen Erdbeben der Stärke 2 auf der Richterskala, deren Ursache in einer Tiefe von drei Kilometern vermutet wird.
In Basel war Anfang 2007 ein Geothermie-Projekt gestoppt worden, nachdem die Arbeiten zu Erdbeben mit einer Stärke von bis zu 3,4 auf der Richterskala geführt hatte (070114). Im Unterschied zu Landau ging es hier aber nicht um die Nutzung eines natürlichen Thermalwasservorkommens, sondern um ein sogenanntes Hot-dry-Rock Projekt. Dabei dienen heiße Gesteinsschichten im Untergrund als eine Art Durchlauferhitzer für Wasser, das durch ein Bohrloch in den Untergrund gepumpt und aus einem anderen wieder entnommen wird. Die Erdbeben traten auf, als man Wasser mit hohem Druck in den Untergrund preßte, um das zwischen den Bohrlöchern liegende Gestein zu "stimulieren" bzw. durchlässig zu machen.
Neben der Tiefen-Geothermie hat auch die oberflächennahe Nutzung von Erdwärme neuerdings in Deutschland mit Akzeptanz-Problemen zu kämpfen, nachdem im Zuge einer Erdsonden-Bohrung in der südbadischen Stadt Staufen immense Gebäudeschäden auftraten (090415). Die Anlegung von Erdsonden ist eine vielfach geübte Praxis, um Wärmepumpen mit einem möglichst hohen Temperaturniveau zu versorgen, das unabhängig von saisonalen Schwankungen ist. In Staufen sollte die Erdwärme aus etwa 140 Meter Tiefe genutzt werden. Bei der Bohrung wurde aber offenbar eine mächtige Gipskeuper-Schicht angeschnitten, die bei Zutritt von Wasser aufquillt und zu Gips wird. Die so verursachten Quellvorgänge haben in der ganzen Altstadt von Staufen das Geländeniveau verschoben. Wie die Stadt Staufen am 17. September mitteilte, hat sich die Zahl der dadurch beschädigten Häuser weiter erhöht. Aktuell seien 217 Privathäuser und sieben städtische Gebäude betroffen.